Immer der Nase nach: Wie wir Freundschaften auf den ersten Riecher schließen
Ein guter Geruchssinn ist in der Tierwelt unerlässlich: Tiere können mit ihrer Nase Nahrung oder Feinde erschnüffeln. Doch was ist mit dem Menschen? Die meisten Menschen machen sich mehr Gedanken über das Aussehen als über die Funktion ihrer Nase. Es sei denn, unsere Nasennebenhöhlen sind entzündet oder wir können wegen einer Erkältung oder wegen COVID-19 nichts mehr riechen.
Während sich fremde Hunde bei der ersten Begegnung enthusiastisch und ungeniert beschnuppern, sind wir Menschen zurückhaltender. Wir bemerken vielleicht die glitzernden Augen oder den festen Händedruck des anderen; den Geruch nehmen wir normalerweise nicht wahr. Zumindest nicht bewusst.
Doch einer neuen Studie aus Rehovot, Israel, zufolge könnte der menschliche Riecher beim Schließen von Freundschaften wichtiger sein, als wir denken. Die Studie wurde am 24. Juni 2022 in der Zeitschrift „Science Advances“ veröffentlicht. Dabei stellten Forscher der „Azrieli National Institute for Human Brain Imaging and Research“ die Hypothese auf, dass es beim Schließen von Freundschaften auf den Geruch ankommt.
Da Menschen sich mit Menschen anfreunden wollen, die ihnen ähnlich seien, dachten die Wissenschaftler, dass wir uns unbewusst zu Menschen hingezogen fühlten, die ähnlich riechen wie wir.
Freunde auf den ersten Riecher
Um ihre Hypothese zu überprüfen, rekrutierte das Forscherteam Paare von gleichgeschlechtlichen Freunden und untersuchte ihre Körpergerüche. Die Suche nach Freunden, die beide ihre erste Begegnung als „Klick“ beschrieben, dauerte sechs Monate und umfasste die Rekrutierung über soziale Medien, Telefoninterviews und Fragebögen.
Die Wissenschaftler suchten nach Menschen, die sofort Freunde wurden. Ihre Freundschaften begannen unmittelbar nach dem Kennenlernen. Und obwohl die Freundschaften platonisch waren, hatten die Freunde das Gefühl, dass die Chemie zwischen ihnen stimmte. Die Forscher wollten herausfinden, ob bei diesen „Klick-Freundschaften“, bei denen fast sofort ein starkes Gefühl der Verbundenheit aufkam, tatsächlich der Körpergeruch eine Rolle spielte.
Sie fanden schließlich 20 Paare von gleichgeschlechtlichen, nicht romantischen „Klick-Freunden“: zehn Paare männlicher und zehn Paare weiblicher Freunde im Alter zwischen 22 und 39 Jahren.
Dann baten sie die 40 Teilnehmer, strenge Körpergeruchsspendenprotokolle zu befolgen, damit die Wissenschaftler ihre Körpergerüche analysieren konnten.
Bei einer Analyse wurden die Körpergerüche mit einer elektronischen Nase untersucht – einem in Deutschland hergestellten Sensor, der zehn verschiedene Metalloxide und damit verbundene spezifische Muster „riechen“ kann. Dabei stellten die Forscher fest, dass „die chemische Signatur der Körpergerüche von „Klick-Freunden“ wesentlich ähnlicher ist als die chemische Signatur der Körpergerüche von zwei zufälligen Personen“.
„Klick-Freunde“ haben einen ähnlichen Körpergeruch
Da sich die Informationen einer E-Nase jedoch möglicherweise nicht auf die menschliche Geruchswahrnehmung übertragen lassen, testeten die Forscher ihre Hypothese auf andere, realistischere Weise. Sie rekrutierten 24 Personen, die an den Körpergerüchen der Probanden schnuppern sollten.
Diese „Schnüffler“ nahmen an verschiedenen Experimenten teil und hatten unterschiedliche Aufgaben. So mussten sie beispielsweise an drei schmutzigen T-Shirts (zwei T-Shirts von „Klick-Freunden“ und ein T-Shirt von einer gleichgeschlechtlichen Person, die mit den anderen zwei in keiner Beziehung stand) sowie an 40 T-Shirts in zufälliger Reihenfolge riechen und den Geruch beschreiben.
Während sie schnüffelten, trugen die Teilnehmer eine Nasenkanüle (ein Gerät, das in die Nase eingeführt wird, in der Regel, um zusätzlichen Sauerstoff zuzuführen), die mit einem Spirometer (ein Gerät zur Bestimmung von Atemvolumina) verbunden war. Auf diese Weise konnten die Forscher jedes Schnüffeln genau messen.
Der Körpergeruch besteht aus Tausenden von Molekülen. Den Forschern zufolge nehmen menschliche Nasen und E-Nasen nicht unbedingt die gleichen chemischen Elemente wahr.
Dennoch stellten sowohl die elektronische Nase als auch die menschlichen Schnüffler fest, dass der Körpergeruch von Klick-Freunden ähnlicher war als der Geruch zufälliger Personenpaare.
Warum der ähnliche Geruch?
Doch warum ist das so? Die israelischen Forscher gaben drei mögliche Gründe für die Ähnlichkeit an:
1. Sie könnte überhaupt der Grund sein, warum die Freundschaft zustande kam. Schließlich führen Ähnlichkeiten oft zu Freundschaften. Menschen, die ein ähnliches Alter, eine ähnliche Bildung und die gleiche Religion haben und sogar Menschen, die ähnlich aussehen, fühlen sich zueinander hingezogen.
Laut einer kanadischen Studie, die 2018 in der Fachzeitschrift „Personal & Social Psychology Bulletin“ erschien, gibt es auffällige körperliche Ähnlichkeiten zwischen Menschen in derselben Gruppe. „Ähnlich aussehende Personen bilden eher Gruppen miteinander“, hieß es in der Studie.
2. Eine alternative Erklärung ist, dass der ähnliche Körpergeruch eine Folge der Freundschaft sein könnte. Menschen, die in der gleichen Gegend wohnen, zusammen essen und gleiche Schönheitsprodukte benutzen, könnten auch einen ähnlichen Geruch haben.
3. Zu guter Letzt könnte der ähnliche Geruch auf einen unabhängigen, noch unbekannten und nicht identifizierten Faktor zurückzuführen sein.
Um einer Antwort näherzukommen, führten die Wissenschaftler ein weiteres Experiment durch. Sie rekrutierten 17 Fremde im Alter zwischen 20 und 37 Jahren (10 Frauen und 7 Männer) und sammelten ihre Körpergerüche. Anschließend ließen sie die Probanden ein Spiel spielen, ohne miteinander zu sprechen. Danach mussten sie die Qualität ihrer Interaktion mit der fremden Person bewerten und angeben, ob sie einen „Klick“ mit ihr spürten. Dieser Teil der Studie wurde als Blindstudie durchgeführt.
Interessanterweise stellten die Forscher fest, dass die Partner, die angaben, dass es bei ihnen „geklickt“ hätte, sich chemisch wesentlich ähnlicher waren als diejenigen, die dieses Gefühl nicht hatten. Diese Ergebnisse untermauern die Annahme, dass wir uns mit Menschen, die ähnlich riechen wie wir, eher anfreunden können.
Was lernen wir daraus?
Die menschliche Nase scheint also wichtiger zu sein, als bisher angenommen. Im Jahr 2017 schrieb der Neurowissenschaftler John McGann, Professor für Psychologie an der Rutgers University in New Brunswick, New Jersey, einen Beitrag für die Fachzeitschrift „Science“.
Darin meinte er, dass der menschliche Geruchssinn einen schlechten Ruf habe. Dabei sei er gar nicht so schlecht, sondern genauso gut wie der anderer Säugetiere, erklärte McGann.
Der Mensch könne mindestens eine Billion verschiedene Gerüche unterscheiden, betonte der Professor. Außerdem haben unsere Riechkolben, die Signale an andere Teile unseres Gehirns senden, ähnlich viele Neuronen wie die anderer Säugetiere.
„Wir können eine außerordentlich große Bandbreite an Gerüchen wahrnehmen und unterscheiden. Für einige Gerüche sind wir empfindlicher als Nagetiere und Hunde“, schrieb McGann. So könnten Menschen zum Beispiel Geruchsspuren verfolgen. Ferner beeinflusse unser Geruchssinn unser Verhalten und unsere Gefühlslage.
Anderen Studien zufolge kann der weibliche Körpergeruch in Zeiten der Fruchtbarkeit für Männer sehr attraktiv sein. Immer mehr wissenschaftliche Daten belegen also, wie wichtig Gerüche für Menschen sind. Deshalb ist es vielleicht höchste Zeit, unserer Nase mehr Anerkennung zu zollen.
Dieser Artikel erschien im Original auf The Epoch Times USA unter dem Titel: Your Nose Knows: New Science Suggests Scents Matter to Humans as Much as to Dogs (deutsche Bearbeitung von as)
Dieser Artikel erschien zuerst in der Epoch Times Wochenzeitung, Ausgabe Nr. 64, vom 01. Oktober 2022.
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