Hinweise aus der Erde: Sind Vulkanausbrüche bald vorhersehbar?
Vulkanausbrüche stellen eine große Gefahr dar und haben verheerende Auswirkungen auf den Menschen. Bislang gibt es zwei Möglichkeiten, sie vorherzusagen: Zum einen durch die Aktivität des Vulkans selbst und zum anderen durch das geschmolzene Gestein in der oberen Erdkruste. Letzteres spielt sich jedoch in wenigen Kilometern Tiefe und somit meist unmittelbar vor einem Ausbruch ab. Umso wichtiger ist daher die rechtzeitige Erkennung der möglichen Bedrohungen.
Daran arbeiten derzeit Forscher des Imperial College London, wofür sie sinnbildlich tief graben mussten. Sie untersuchten den Geburtsort des Magmas, dessen Zusammensetzung sowie die Häufigkeit und Größe von Vulkanausbrüchen weltweit.
Ihre Erkenntnis: Die Gewaltigkeit eines Ausbruchs scheint eng mit der benötigten Zeit zur Entstehung des glühend heißen Magmas zusammenzuhängen sowie mit der Größe der Kammer, in der sich das flüssige Gestein bildet. Doch wie hilft dies für die Vorhersage?
Tief in die Vulkane eingedrungen
Für ihre Studie werteten die Forscher die Daten der 60 explosivsten Vulkanausbrüche in neun Ländern aus: USA, Neuseeland, Japan, Russland, Argentinien, Chile, Nicaragua, El Salvador und Indonesien.
„Wir haben Vulkane auf der ganzen Welt untersucht und sind dabei tiefer gegangen als frühere Studien, die sich auf flache unterirdische Magmakammern konzentrierten. Wir konzentrierten uns auf das Verständnis von Reservoiren, wo extreme Hitze feste Gesteine in einer Tiefe von etwa zehn bis 20 Kilometern zu Magma schmilzt“, sagte die Studienautorin Dr. Catherine Booth.
Das Team kombinierte dabei Daten aus der realen Welt mit Computermodellen. Sie untersuchten die Zusammensetzung, Struktur und Geschichte von Gesteinen tief unter der Erdkruste sowie Informationen, die von aktiven Vulkanen gesammelt worden waren. So wollten sie verstehen, wie sich Magma tief unter der Erde aufbaut und verhält und schließlich durch die Erdkruste die Vulkane „befüllt“.
Anhand dieser Informationen simulierten die Forscher die komplexen Prozesse des Magmastroms und seiner Speicherung im Erdinneren. Dadurch gewann das Team neue Erkenntnisse darüber, welche Faktoren Vulkanausbrüche antreiben.
Optimale Größe für die explosivsten Vulkanausbrüche
Früher nahmen Geologen an, dass das Verhältnis von festem und geschmolzenem Gestein die Eruptionen antreibt. Tatsächlich scheinen jedoch Temperatur und chemische Zusammensetzung den Auftrieb zu erzeugen.
„Wenn sich das Magma ansammelt, ändert sich seine Zusammensetzung, sodass es weniger dicht ist, wodurch es mehr Auftrieb erhält und aufsteigen kann“, so Dr. Booth. „Sobald das Magma genug Auftrieb hat, um zu schweben, steigt es auf und erzeugt Risse im darüber liegenden Festgestein. Dann fließt es sehr schnell durch diese Risse und kann eine Eruption auslösen.“
Neben dem Auftrieb als wichtiger Ausbruchsfaktor untersuchten die Forscher auch, wie sich Magma verhält, wenn es kurz vor dem Ausbruch flachere, unterirdische Kammern erreicht. Sie fanden heraus, dass die dortige Lagerungszeit des Magmas ebenfalls einen Einfluss haben kann. Genauer gesagt, scheinen längere Lagerungszeiten zu kleineren Eruptionen zu führen.
Und die Studie zeigt einen weiteren Trugschluss auf: Größere Reservoire führen nicht unbedingt zu größeren, explosiveren Eruptionen. Vielmehr scheint sich die Wärme in den sehr großen Reservoiren stärker zu zerstreuen, was den Prozess des Schmelzens von festem Gestein zu Magma verlangsamt. Daraus schlossen die Forscher, dass die Größe der Magmakammer ein weiterer Schlüsselfaktor für die genaue Vorhersage von Eruptionsgrößen ist – und dass es so etwas wie eine optimale Größe für die explosivsten Eruptionen gibt.
Weiterhin sind Vulkanausbrüche selten Einzelfälle, sondern Teil eines sich wiederholenden Zyklus. Darüber hinaus enthielt das von den untersuchten Vulkanen freigesetzte Magma einen hohen Anteil an Siliziumdioxid. Diese Verbindung ist dafür bekannt, dass sie eine Rolle bei der Bestimmung der Flüssigkeit und Explosivität von Magma spielt. So ist Magma mit einem hohen Siliziumdioxidgehalt tendenziell zähflüssiger und führt zu explosiveren Eruptionen.
Strudelndes Magma nicht berücksichtigt
Professor Matt Jackson vom Imperial College London ist zufrieden mit der bisherigen Arbeit. „Unsere Studie verbessert unser Verständnis der Prozesse, die hinter vulkanischer Aktivität stehen. Außerdem liefert sie Modelle, die Aufschluss über die Faktoren geben, die Eruptionen steuern.“
Doch die Modelle der Forscher haben auch ihre Einschränkungen, da sie weder alle möglichen zusätzlichen Bestandteile noch die Bewegungsformen des Magmas berücksichtigen. „Es gibt Hinweise darauf, dass auch andere Flüssigkeiten wie Wasser und Kohlendioxid in diesen Reservoiren vorkommen. Außerdem kann das Magma strudeln und seitwärts fließen“, erklärte Prof. Jackson.
Als Nächsten wollen die Forscher deshalb ihre Modelle verfeinern, indem sie dreidimensionale Strömungen einbeziehen und unterschiedliche Flüssigkeitszusammensetzungen berücksichtigen. Auf diese Weise hoffen sie, die für Vulkanausbrüche verantwortlichen Prozesse auf der Erde weiter zu entschlüsseln, sodass die Menschheit künftig besser auf Naturkatastrophen vorbereitet ist.
Die Studie erschien am 10. Mai 2024 in der Zeitschrift „Science Advances“.
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