Herbsterscheinung: Blätter färben sich nicht wegen Klimawandel später bunt
Der Herbst steht wieder vor der Tür. Die Tage werden kürzer und Nächte spürbar kälter. Einige wenige Bäume färben ihre Blätter bereits zaghaft bunt. Doch könnte der Klimawandel den Start der bunten Blätter nach hinten verschieben? Weil die länger anhaltenden sommerlichen Temperaturen, die Bäume veranlassen, länger an ihrem grünen Laub festhalten?
Forscher der Washington University (USA) konnte jedoch keinen solchen Zusammenhang für nordamerikanische Wälder feststellen.
Blätter früher statt später bunt?
„Höhere Temperaturen im September und Oktober verringern die Produktion von Anthocyan in Blättern. Das bedeutet, dass die Herbstfarben weniger leuchtend rot oder violett werden“, erklärt Susanne Renner, Professorin für Biologie. „Dieser Effekt ist bei bestimmten Arten wie dem Zuckerahorn gut dokumentiert. Wenn der erste Frost später kommt, erscheint auch das leuchtende Laub später.“
Der Faktor Temperatur sei jedoch nicht der einzige, der die Färbung der Blätter beeinflusst. Weiter sagte sie:
„Allerdings wirken andere Faktoren dem entgegen. Am wichtigsten ist, dass die Bäume ihre Blätter früher abwerfen, wenn sie einen sehr ertragreichen Frühling und Sommer hatten. Dies hebt die verzögernde Wirkung eines warmen Herbstes auf.“ Das Absterben der Blätter beginnt also nach etwa der gleichen Zeit wie in den vergangenen Jahren und sogar Jahrzehnten, so das Fazit der Biologin.
In einigen Szenarien könnten sich die Blätter sogar früher statt später rot und gelb färben. So zeigte bereits eine Studie aus dem Jahr 2020, dass eine erhöhte Produktivität während der Vegetationsperiode bei Bäumen der gemäßigten Klimazonen zu einer früheren Seneszenz der Blätter im Herbst führt. Bei dem Prozess der Seneszenz bauen Pflanzen wichtige, in den Blättern enthaltene Nährstoffe ab, um sie dann wieder aufzunehmen. Sollten die Temperaturen weiter steigen, würde dies ab etwa 2040 eher dazu führen, dass die Farbenpracht früher einsetze, so Renner.
Drei Fragen an Susanne Renner, Biologin
Wie wirken sich Temperatur und Feuchtigkeit auf die Farbe aus?
Die gelbe Farbe der Herbstblätter ist auf die Einlagerung von Carotinoidpigmenten (Xanthophylle) in die alternden Chloroplasten zurückzuführen. Die rote und violette Farbe ist mit der Anhäufung von Anthocyanen in den Vakuolen verbunden, die etwa im September beginnt.
Regen hat keinen Einfluss auf diese grundlegenden Prozesse. Niedrige Temperaturen steigern jedoch nachweislich die Produktion von Anthocyan. Man kann dies besonders an den Zuckerahornbäumen beobachten, die sich zuerst an höher gelegenen Orten zu färben beginnen. Dort, wo es am kältesten ist.
Wie verändern länger anhaltende, sommerliche Temperaturen die Farben der Blätter?
Wärmere Herbste führen in Kanada und Nordamerika dazu, dass die Blätter in weniger leuchtend bunten Farben erstrahlen. Genauere Farbunterschiede sind schwer zu erkennen.
Ein interessanter Störfaktor ist jedoch die sauberere Luft. So hat in Europa die atmosphärische Aufhellung aufgrund der saubereren Luft seit 1983 zu einer höheren Photosynthese der Pflanzen im Frühjahr und Sommer geführt – und somit zu einer früheren Alterung der Blätter. Dies bezieht sich jedoch auf den Abbau von Chlorophyll, also der Farbe Grün, und nicht auf die Produktion von roten oder gelben Farben.
Reagieren alle Baumarten auf die gleiche Weise?
Sicherlich nicht, was Studien bereits zeigten. Bäume, die Organismen besitzen, welche molekularen Stickstoff (N₂) abbauen, färben sich zum Beispiel nie rot oder gelb. Bäume mit ständigem Zugang zu Stickstoff brauchen sich um das kostspielige Anthocyan nicht zu kümmern, sondern lassen ihre Blätter einfach fallen, solange sie noch relativ grün sind.
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