Tabubruch „Seelenprügel“ – Pädagogin enthüllt Gewalt in Kitas
„Der Pisa-Schock ist schuld. Seit der ersten Studienergebnisse im Jahre 2001 zieht der Bildungspanikdrachen durch das Land und verschont auch die Kitas nicht mehr.“ – Worte aus der Feder von Dr. Anke Elisabeth Ballmann über den täglichen Machtmissbrauch in Kitas. Mit ihrem Buch „Seelenprügel“ brach die Pädagogin ein Tabu und sorgte für einen gesellschaftlichen Aufschrei.
In zehn Berufsjahren hat die Fachfrau 500 Kitas beobachtet. Rund 15.000 Stunden hat sie mit Kindern und Eltern gearbeitet, 17.500 Stunden pädagogisches Personal geschult. Viel Zeit verbrachte die promovierte Pädagogin damit, als stille Beobachterin in einer Ecke zu sitzen. Dabei stellte sie folgendes fest:
Mir ist aufgefallen, dass es in fast jeder Kita vorkommt, dass sich Erzieherinnen und alle, die in diese Berufsgruppen gehören nicht selten im Ton vergreifen und auch schlimmere Dinge mit Kinder machen.“
Diese Dinge nennt die Autorin „Seelenprügel“, psychische Gewalt in Kitas – kein Einzelfall. Zu derartigen Misshandlungen zählt sie demütigen, isolieren, bloßstellen, beleidigen und das Vergleichen von Kindern mit anderen.
„Alles was die Psyche berührt und einen Menschen herabsetzt, das sind ´Seelenprügel`“, so Ballmann. Und weil diese so oft vorkomme, beschloss die Autorin des gleichnamigen Buches, ihren Finger direkt „in die Wunde zu legen und die momentanen in viel zu vielen Kitas vorherrschenden Zustände klar aufzuzeigen“.
Alltagswahnsinn in Kitas
Auch in Lenas Krippe war die Pädagogin zu Gast. Dabei kam es zu folgender Situation:
Die einjährige Lena schlägt einem anderen Kind ein Spielzeug an den Kopf. Als die Erzieherin das sieht, kommt sie drohend auf Lena zu und schreit: „Du gehst mir ja so was von auf die Nerven, du kleines Miststück.”
„Sie packt Lena am Arm und zieht sie aus dem Gruppenraum auf den Flur. Dort befiehlt sie ihr in harschem Ton, dass sie jetzt fünf Minuten alleine auf der Bank sitzen und darüber nachdenken muss, was sie gerade getan hat“, so beschreibt die Autorin die Situation in ihrem Buch.
Dass Lena gar nicht die Reife hat, um über ihr Verhalten nachzudenken, weil sie die Zusammenhänge gar nicht herstellen kann, scheint Lenas Erzieherin übersehen zu haben. „Für eine Einjährige ist dieses Erlebnis eine emotionale Katastrophe“, betont die Expertin.
Und wie reagieren Kinder, die nicht direkt betroffen sind und nur beobachten, auf derartige Situationen? Manche Kinder scheinen schon an diese Art Behandlung gewöhnt, verrät die Fachfrau. Ihr Fazit: Das ist der normale Umgangston in dieser Einrichtung, in dieser Gruppe. Allerdings gäbe es auch Situationen, bei denen andere Kinder mit dem betroffenen Kind mitweinen.
Machtmissbrauch der Stärkeren
Besonders schlimm sei es, wenn Kinder zum Essen gezwungen werden, obwohl sie nicht wollen. Das sei physische Gewalt. Oder wenn Kinder schlafen wollen und nicht dürfen. „Das ist oft in Krippen so“, betont Ballmann.
Wenn Kinder „blöd von der Seite angeredet werden“ – beispielsweise mit „Stell dich nicht so an!“ oder „Mach nicht so ein Theater!“ – seien dies Alltagsszenen, über deren Wirkung die Menschen nicht nachdenken würden, sagt die Pädagogin. In diesen Fällen spricht man von Nomopathie – einem Verhalten, das sich schon zur Normalität entwickelt hat und daher weniger auffällig ist.
Die Expertin glaubt, dass grundsätzlich nichts Bösartiges hinter derartigen Äußerungen steht. Worte wie „Wenn du jetzt nicht…, dann“ seien für Kinder aber ein klares Signal: „Das ist jedes Mal eine Ausübung von Macht und jedes Mal eine Drohung und das kommt bei Kindern genau so an.“ Erwachsene hätten eine natürliche Macht über Kinder, sagt Ballmann. In derartigen Fällen würden Erwachsene ihre Macht allerdings missbrauchen.
Auch das Gegenteil der Bestrafung sei nicht förderlich für Kinder: Durch Lob oder Belohnungen könne sogar eine Abhängigkeit der Kinder entstehen, die dann nur noch gelobt werden wollen. „Und das ist auch etwas Herablassendes“, so Ballmann.
„Faule Äpfel“ verderben das Team
Oft bestünden Missstände in Einrichtungen, über die nicht gesprochen würde. Wenn es jedoch Probleme innerhalb des Kita-Teams gibt, wenn Erzieher/innen miteinander Konflikte haben, wie könnte dann die Arbeit mit den Kindern funktionieren? „Wertschätzung geht von oben nach unten“, betont Ballmann.
Betonen möchte die Expertin, dass die meisten Erzieher/innen „wunderbare Arbeit“ leisten – dagegen sei nichts einzuwenden. Allerdings gäbe es in fast jedem Team „faule Äpfel oder schwarze Schafe – Menschen, die eben keine gute Arbeit machen“. Und dieser eine „faule Apfel“ könne ein ganzes Team verderben. Diese vergiftete Atmosphäre träfe dann auch die Kinder. Und selbst wenn es nicht jedes Kind trifft und auch nicht täglich vorkomme, so sei doch das Wichtigste, dass ein „fauler Apfel“ aufgezeigt und das Thema angesprochen werde, hebt die Pädagogin hervor. Täglich würden viele Menschen, die nicht für einen pädagogischen Beruf geschaffen seien, „einfach großen Schaden“ anrichten.
Der Ausweg
Die eigene Haltung gegenüber Kindern müsse überprüft werden. Kinder müssen als vollwertige Menschen betrachtet werden. Wie gehe ich mit der Macht gegenüber Kindern um? Nutze ich sie positiv, indem ich dem Kind als Vorbild diene? Diesen und ähnlichen Fragen sollten nicht nur Erzieher, sondern auch Eltern nachgehen, rät die Expertin. Ganz klar fordert sie, dass sich Rahmenbedingungen und auch Ausbildungen ändern. Es seien immer noch „viel zu viele Kinder für viel zu wenig Pädagogen“.
Mit ihrem 2007 gegründeten Institut für kindgerechte Pädagogik„Lernmeer“ gibt Ballmann Coachings, Weiterbildungen und hält Vorträge. Ursachenforschung ist für die Expertin unverzichtbar und dazu gehöre eine „intensive Reflexion“ der eigenen Kindheit aller an der Erziehung Beteiligten. Denn „nur ein bewusstes Erinnern der persönlichen Erfahrungen aus der Kindheit lässt erkennen, warum Erwachsene vielleicht genau jene schmerzhaften Muster und Erlebnisse, unter denen wir als Kinder selber litten, reproduzieren“.
Nur wer diese Zusammenhänge erkenne, könne eine neue Haltung einnehmen, damit es „Kindern gut geht und sie in einer gewaltfreien und für sie förderlichen Umgebung aufwachsen, leben und lernen.“
Eine Buchempfehlung vom Verlag der Epoch Times
Die wichtigste Funktion der Bildung ist die Erhaltung und Weitergabe der traditionellen Kultur der Menschheitsgeschichte. Die Lehrer sind die Schlüsselfiguren, welche die Vergangenheit zum Wohle der Zukunft zusammenfügen. „Ein Lehrer soll das Dao weitergeben, die Lehren vermitteln und Unklarheiten beseitigen“, so lautet ein chinesisches Sprichwort.
Die Befürworter der Reformpädagogik behaupten, dass der Unterricht den Schüler in den Mittelpunkt stellen, ihn selbstständig erkunden und seine eigenen Antworten finden lassen muss. Doch der Inhalt traditioneller Lehrbücher war eine Zusammenstellung von Tausenden von Jahren menschlicher Zivilisation. Wie kann das von jungen und unwissenden Schülern so rasch durchdrungen werden?
Die oftmals nicht erkannte Absicht der Reformpädagogik ist es, die Schüler von ihrer Bindung an die traditionelle Kultur zu trennen. Die Nichtakzeptanz der Autorität der Lehrer im Bildungsprozess ist eine Verneinung ihrer Rolle bei der Weiterführung des gesellschaftlichen Wissens. Das ist das hinterhältige Motiv des Kommunismus. Daisy Christodoulous „Seven Myths About Education“ (auf Deutsch: Sieben Mythen über die Bildung) analysierte und widerlegte sieben weit verbreitete Irrtümer, darunter die Behauptungen, dass Fakten das Verständnis verhinderten; dass lehrergeführter Unterricht passiv sei; dass der beste Weg zum Lernen Projekte und Aktivitäten seien; dass die Vermittlung von Wissen Indoktrination wäre und anderes.
Die meisten dieser Mythen sind Überreste der Reformpädagogik, doch nachdem sie über mehrere Generationen hinweg weitergegeben worden waren, wurden sie zu einer Seuche der Bildungsarbeit. Hier weitere Informationen und Leseproben.
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