Sauberes Trinkwasser ohne Chemie: Die Mayas machten es vor
Die Mayas bauten und unterhielten Staubecken, die nicht nur mehr als eintausend Jahre genutzt worden sind, sondern ihre Kultur auch noch überdauert haben. Diese Reservoirs versorgten Tausende bis Zehntausende Menschen in den Städten während der Trockenzeiten mit Trinkwasser.
„Die meisten großen Maya-Städte im südlichen Tiefland entstanden in Gebieten, in denen es an Oberflächenwasser mangelte. Dafür verfügten diese Gebiete über gute landwirtschaftliche Böden“, erklärt Lisa Lucero, Professorin für Anthropologie der Universität Illinois. „Sie glichen dies aus, indem sie Reservoirs bauten, die klein anfingen und dann immer größer und komplexer wurden.“ Später bauten die Mayas dann sogar Kanäle, Dämme und Schleusen, um Wasser zu leiten, zu speichern und zu transportieren.
30 Kilometer für einen Sand
Zur Wasserfilterung verwendeten sie Quarzsand, den sie manchmal aus enormen Entfernungen in große Städte wie Tikal im heutigen Guatemala brachten. Außerdem nutzten die Menschen damals sogenannten Zeolithsand für den Bau der Stauseen von Tikal. Bereits frühere Studien haben gezeigt, dass dieser vulkanische Sand Verunreinigungen und krankheitsverursachende Mikroben aus dem Wasser filtern kann.
Dieser Sand wurde aber nicht zufällig verbaut. Vielmehr schafften ihn die Mayas aus einer Entfernung von 30 Kilometern heran – ohne moderne Errungenschaften wie LKWs.
„Die Reservoirs von Tikal könnten mehr als 900.000 Kubikmeter Wasser gefasst haben“, so Lucero. Dies entspricht der Wassermenge von 360 olympischen Schwimmbecken. Sie sorgten dafür, dass Menschen und Ernten während der Trockenzeit mit Wasser versorgt waren. Zwischen 600 und 800 nach Christus nutzten laut der Anthropologin bis zu 80.0000 Bewohner der Stadt diese Wasserbecken.
Dabei war Wasser schon damals ein politisches Mittel. So verschaffte die Fähigkeit, die Bevölkerung mit Wasser zu versorgen, den Maya-Königen einen Großteil ihres Status.
„Sauberes Wasser und politische Macht waren untrennbar miteinander verbunden. Diese Tatsache wird dadurch untermauert, dass die größten Stauseen in der Nähe von Palästen und Tempeln standen“, erklärt Lucero. Die Könige führten auch Zeremonien durch, um die Gunst der Ahnen und des Regengottes Chahk zu gewinnen.
Reinheit von Innen
Eine wichtige Aufgabe bestand darin, das Wasser in den Stauseen vor dem Austrocknen zu schützen und es genießbar zu halten. Dazu nutzten die Mayas Wasserpflanzen, von denen viele noch heute in mittelamerikanischen Feuchtgebieten zu finden sind. Zu ihnen gehören Rohrkolben, Seggen, Schilf und andere, wie Untersuchungen der Sedimente gezeigt haben. Diese Pflanzen filtern das Wasser, reduzieren die Trübung und absorbieren Stickstoff und Phosphor.
„Die Mayas mussten alle paar Jahre Sediment entfernen, Wasserpflanzen ernten und nachwachsen lassen“, so die Anthropologieprofessorin. Die aus den Becken entfernten nährstoffhaltigen Böden und Pflanzen konnten sie dann zur Düngung städtischer Felder und Gärten nutzen.
Die bekannteste Wasserpflanze, die mit den alten Maya in Verbindung gebracht wird, ist die Seerose, die nur in sauberem Wasser gedeiht. Ihre Pollen fanden Archäologen in Sedimenten mehrerer Maya-Stauseen.
„Seerosen symbolisierten das ‚klassische Maya-Königtum‘. Die Könige trugen sogar Kopfbedeckungen, die mit den Blumen geschmückt waren, wie die Maya-Kunst zeigt“, so Lucero. „Die Blumen vertragen [aber] keine sauren Bedingungen oder zu viel Kalzium, Eisen und Mangan.“
Damit dort die Seerosen gedeihen konnten, mussten die Stauseen mit Ton verkleidet gewesen sein und eine Sedimentschicht für die Wurzeln der Pflanzen gehabt haben. Außerdem beschatteten die dort gepflanzten Seerosen, Bäume und Sträucher das Wasser, kühlten es ab und hemmten so die Verdunstung sowie das Wachstum von Algen.
Ein weiterer Punkt war die Verhinderung der Wasserverschmutzung durch städtische Aktivitäten. „Die Maya bauten in der Regel keine Wohnhäuser in der Nähe der Stauseen, sodass es keine Verschmutzungen gab“, so Lucero.
Alternative zur chemischen Reinigung
Sowohl die verwendeten Baumaterialien als auch die Pflege der Anlagen durch Reinhaltung und dem Pflanzen grüner Helfer ermöglichten sauberes Trinkwasser für Jahrhunderte. Für die Forscherin können die heutigen Menschen jede Menge von den Mayas lernen – unter anderem, wie sie das Wasser reinigten.
„Pflanzenkläranlagen bieten viele Vorteile gegenüber herkömmlichen Abwasserreinigungssystemen. Sie bieten eine wirtschaftliche, technologiearme, weniger kostspielige und sehr energiesparende Methode“, plädiert Lucero.
Weiterhin können neben der Bereitstellung von sauberem Wasser die Pflanzenkläranlagen auch Lebensraum für Wassertiere sein und als Nährstoffquelle zur Auffüllung landwirtschaftlicher Böden dienen.
„Der nächste Schritt besteht darin, unser jeweiliges Fachwissen zu bündeln und die Erkenntnisse aus den alten Maya-Stauseen mit den aktuellen Erkenntnissen über Pflanzenkläranlagen zu verknüpfen“, schließt die Professorin.
Der Beitrag erschien am 9. Oktober 2023 in dem Fachjournal „Proceedings of the National Academy of Sciences“.
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