133 Jahre Entdeckergeist: Die Geburt einer Legende

Am 13. Januar 1888 versammelten sich 33 visionäre Männer im Washingtoner Cosmos Club, um eine Gesellschaft zu gründen, die die Welt verändern sollte.
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Geografie, Geschichte, Natur, Wissenschaft und Weltkultur sind die Themen des in vielen Sprachen erscheinenden Magazins „National Geographic“.Foto: Karen Bleier/AFP via Getty Images
Von 19. Januar 2025

Im 19. Jahrhundert entstanden in Europa zahlreiche geografische Gesellschaften. Amerika wollte da nicht hintanstehen und gründete eine eigene Gesellschaft. Es wurde die einflussreichste der Geschichte.

Das 19. Jahrhundert war das Zeitalter bedeutender Entdeckungen, Industrien und Erfindungen. Es brachte die Eisenbahn, das Dampfschiff, die Elektrizität, das Telefon, die Glühbirne und das Auto hervor. Viele Pflanzen- und Tierarten wurden entdeckt. Nationen auf der ganzen Welt brachten Entdecker, Wissenschaftler und Abenteurer hervor.

Geografische Gesellschaften Europas

Am 15. Dezember 1821 trafen sich 217 der klügsten Köpfe Frankreichs und einige Nichtfranzosen im Pariser Rathaus. Gemeinsam wollten sie das Wissen der Welt erweitern, es in all seinen physischen Formen erforschen und fördern. Unter der Leitung von Persönlichkeiten wie Pierre-Simon, Marquis de Laplace, Claude Louis Berthollet, François-René de Chateaubriand und Jules Paul Benjamin Delessert wurde die erste geografische Gesellschaft der Welt gegründet.

Diese Gesellschaft inspirierte die Gründung zahlreicher nationaler geografischer Gesellschaften in ganz Europa. Deutschland ging mit der Berliner Geographischen Gesellschaft im Jahr 1828 voran. Im Jahr 1830 folgte die Royal Geographical Society in London. Russland gründete die Kaiserlich Russische Geographische Gesellschaft im Jahr 1845. Auch in Österreich, Italien, Ungarn, Portugal, Spanien, Schweden und der Schweiz formten sich im 19. Jahrhundert ähnliche Gesellschaften.

Amerikas Entdeckungs- und Expansionszeit

Auf der anderen Seite des Atlantiks hatten sich im Jahrhundert zuvor die Vereinigten Staaten von Amerika gegründet. Als Frankreich die erste geografische Gesellschaft gründete, waren die Vereinigten Staaten gerade um den 24. von heute 50 Staaten erweitert worden: Missouri.

Die territoriale Expansion Amerikas. Sie begann mit den ursprünglichen 13 Kolonien an der Ostküste (1783, braun) und endete mit der Annexion Hawaiis (1898, Ausschnitt links unten). Die Karte zeigt auch zusätzliche Erwerbungen wie die Virgin Islands (1917) und Puerto Rico (1898) in separaten Nebenkarten. Foto: Gemeingut

24 Jahre später, als Russland seine geografische Gesellschaft gründete, waren die USA noch mit ihrer Expansion beschäftigt. Im Jahr 1845 verleibten sie sich Texas ein, drei Jahre später mehr als die Hälfte des mexikanischen Staatsgebiets. Sie hatten aber bereits ihre Geografiespezialisten, da die Bundesregierung regelmäßig Topografen und Entdecker aussandte, um neue Gebiete vermessen zu lassen. Einer der erfolgreichsten und mutigsten Entdecker war John Wesley Powell.

John Wesley Powell

Er brachte sich selbst Botanik, Geologie und Zoologie bei und besuchte hochrangige Bildungseinrichtungen. Einen Abschluss machte er aber nie. Lieber nutzte er seine Zeit für Erkundungen, das Studium amerikanischer Länder und das Befahren der Flüsse Mississippi, Illinois und Ohio.

Während des Bürgerkriegs schloss er sich der Unionsarmee an und wurde einer ihrer Topografen. Ein Jahr nach Kriegsbeginn verlor er in der Schlacht von Shiloh einen Arm. Von weiteren Erkundungen ließ er sich dadurch aber nicht abhalten.

John Wesley Powell, Autodidakt, Forscher und Entdecker. Hier als Direktor der Zoologischen Gesellschaft der Vereinigten Staaten, circa 1881–1894. Foto: Bibliothek des Kongresses. (Public Domain)

Trotz seiner Stellungen als Professor und Kurator des Illinois Natural History Society Museum unternahm er eine Reihe weiterer Expeditionen. Diese führten ihn auf den Green River und das Flusssystem des Colorado River.

Letztere dauerte 16 Monate, von Mai 1871 bis September 1872. Powell schrieb das Buch „Exploration of the Colorado River and Its Canyons“ („Die Erforschung des Colorado River und des Grand Canyons“) darüber, ein Buch, das bis in die heutige Zeit immer wieder neu aufgelegt wird.

Erstes Lager der John-Wesley-Powell-Expedition zwischen Weiden, Green River, Wyoming, 1871. Foto: Gemeingut

Ein Treffen von Naturphilosophen

Zu Zeiten von Powells Expedition schickten 43 der angesehensten Persönlichkeiten des Landes einen Brief an Professor Joseph Henry. Er war der Sekretär der Smithsonian Institution. Sie baten Henry um die Leitung einer Versammlung. In ihr sollte eine Gesellschaft zum freien Meinungsaustausch über wissenschaftliche Themen gegründet werden. Zudem sollte sie die wissenschaftliche Forschung unter ihren Mitgliedern fördern.

Das Treffen fand am 13. März 1871 im Regent’s Room der Smithsonian Institution statt. Dort gründeten Teilnehmer die Philosophical Society of Washington (PSW). Aus dieser Gesellschaft gingen zahlreiche weitere amerikanische wissenschaftliche Gesellschaften hervor.

Joseph Henry, erster Präsident der Philosophischen Gesellschaft von Washington. Foto: Gemeingut

Kurz nach seiner Rückkehr wurde Powell Mitglied der PSW. Die in Washington ansässigen wissenschaftlichen Gesellschaften wurden immer größer. Sie verfügten jedoch nicht über einen speziell für diese Treffen eingerichteten Ort.

Century und Cosmos

Der im Jahr 1847 gegründete Century Club in New York hingegen hatte schon lange sein festes Clubhaus in der East 15th Street. Der renommierte Club setzte sich aus „Autoren, Künstlern und Amateuren der Literatur und der schönen Künste“ zusammen. In seinem Clubhaus veranstaltete er regelmäßig Ausstellungen und spielte „eine wichtige Rolle in der Entwicklung der New Yorker Kunstwelt“.

An einem Septemberabend im Jahr 1878 saß Clarence Dutton, ein in Washington ansässiger Geologe und eines der ersten Mitglieder der PSW, mit alten Freunden im New York Century Club beim Abendessen, als einer von ihnen fragte: „Warum gibt es in Washington keinen Club wie den Century?“

Daraufhin trommelten Dutton und Powell in Washington Interessenten zusammen. Sie beschlossen die Gründung eines Clubs nach dem Vorbild des Century und des Scientific Club of London.

Kurz darauf einigte man sich, Räume im Corcoran Building anzumieten. Der Club sollte dem Vorschlag des Ethnologen Garrick Mallery folgend Cosmos Club heißen. Am 6. Januar 1879 entstand der „private Gesellschaftsclub, der Männern gewidmet ist, die sich in Wissenschaft, Literatur und Kunst auszeichnen“. Powell wurde zum ersten Präsidenten des Clubs gewählt.

Als der Cosmos Club 1887 in das Dolley Madison House am Lafayette Square umzog (hier im Jahr 1883), begann die Gesellschaft, ihre regelmäßigen Treffen dort abzuhalten. Foto: Gemeingut

Kurz darauf traten die Mitglieder der PSW dem Cosmos Club bei. 1882 bezog der Club seinen Sitz am Lafayette Square. Die PSW ist jedoch nicht der berühmteste Club, der mit dem Cosmos Club in Verbindung gebracht wird.

Eine hochberühmte Gesellschaft

Im Jahr 1888 versammelten sich an einem kalten Freitagabend 33 angesehene Herren im Versammlungssaal des Cosmos Club. Zu diesem Treffen waren unter anderem Entdecker, Anwälte, Militärs, Bankiers, Naturforscher, Kartografen, Meteorologen und Geografen persönlich eingeladen worden. Auf dem Treffen sollte „die Zweckmäßigkeit der Organisation einer Gesellschaft zur Erweiterung und Verbreitung geografischer Kenntnisse“ erörtert werden.

Gardiner Greene Hubbard, erster Präsident der National Geographic Society. Foto: Gemeingut

Einer der Hauptorganisatoren des Treffens war Gardiner G. Hubbard, ein prominenter Anwalt und Mitbegründer der Bell Telephone Company. Er hatte den Wunsch, „besondere Forschungen anderer zu fördern und das so gewonnene Wissen unter den Menschen zu verbreiten“. Damit sollten alle mehr über „die Welt, in der wir leben, erfahren können“.

Hubbard erwähnte die geografischen Gesellschaften Europas und bezeichnete die Royal Geographical Society in Großbritannien als „Meilenstein in der Geschichte der Entdeckungen“. Diese Gesellschaften hätten den „Strom der Erkundungen in die nützlichsten Bahnen gelenkt“. Vor den organisierten Bemühungen sei die Dunkelheit mit jedem Schritt gewichen. Nun sei Amerika an der Reihe.

National Geographic Society

In dieser historischen Woche, am 13. Januar 1888, versammelten sich die großen Forscher und Entdecker Amerikas im Versammlungssaal, um Amerikas geografische Gesellschaft zu gründen. Sie nannte sich National Geographic Society und wurde zur weltgrößten gemeinnützigen Wissenschafts- und Bildungsorganisation.

Die von ihnen herausgegebene Zeitschrift hieß „National Geographic“. Ihre erste Ausgabe wurde noch im selben Jahr gedruckt. Inzwischen ist sie eine der berühmtesten Zeitschriften der Welt. Ihre Verkäufe trugen zur Finanzierung Hunderter Erkundungen und wissenschaftlicher Missionen auf der ganzen Welt bei.

Ein Großteil des Erfolgs der wissenschaftlichen Gesellschaften Amerikas ist darauf zurückzuführen, dass sie einen einzigartigen Ort haben, an dem sie sich versammeln können. Das ist, zumindest in Washington, zu einem großen Teil John Wesley Powell zu verdanken.

Das Verwaltungsgebäude der National Geographic Society in Washington. Foto: APK/CC BY-SA 3.0

Interessanterweise heißt der Versammlungssaal des Cosmos Club heute John Wesley Powell Auditorium. Als der Künstler Stanley Meltzoff 75 Jahre später diesen Januarabend im Cosmos Club nachstellte, platzierte er Powell direkt in der Mitte; seine Hand (seine einzige) berührte einen großen Globus und seine Augen blickten direkt auf den Betrachter des Gemäldes.

Dieser Artikel erschien im Original auf theepochtimes.com unter dem Titel „Science, Exploration, and the Start of National Geographic Society“. (deutsche Bearbeitung jw)



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