Verkleidung aus Plastik soll künftig Gebäude kühlen und wärmen

Forscher der US-amerikanischen Universität Princeton haben einen passiven Mechanismus entwickelt, um Gebäude im Sommer zu kühlen und im Winter zu erwärmen. Eine Schlüsselrolle nehme dabei Plastik ein, das bereits in vielen Lebensbereichen zum Einsatz kommt.
Plastik soll künftig Gebäude im Sommer kühlen und im Winter wärmen
Häuser nehmen von ihrer Umgebung Wärme auf oder geben sie ab.Foto: ivansmuk/iStock
Von 12. Juli 2024

Im Sinne der Nachhaltigkeit wird derzeit versucht, die aufkommende Plastikflut zu reduzieren, und es beispielsweise durch umweltfreundlichere Materialien zu ersetzen. Eine andere Idee kommt nun aus den USA, wo Forscher herkömmliches Plastik als Beschichtung für Gebäude verwenden wollen.

„Gebäude tauschen einen Großteil der Wärme in Form von Strahlung mit ihrer Umgebung aus. Indem wir die optischen Eigenschaften ihrer Verkleidung so anpassen, dass wir das Verhalten der Strahlung in unserer Umgebung ausnutzen, können wir die Wärme in Gebäuden auf neue und wirkungsvolle Weise kontrollieren“, erklärt Jyotirmoy Mandal, Assistenzprofessor für Bau- und Umwelttechnik, das Prinzip.

Damit werde Plastik nicht nur längere Zeit dem Stoffkreislauf entzogen, sondern könne den Besitzern der betreffenden Häuser auch finanzielle Einsparungen bei den Heizkosten bringen und das Raumklima verbessern. Möglich sei dies durch eine gezielte Nutzung der Wärmestrahlung zwischen Gebäuden und ihrer Umgebung. Das Plastik sei dabei zudem wesentlich effizienter als herkömmliche Gebäudeverkleidungen wie Putz, Holz oder Schiefer.

Jahrhundertealtes Prinzip

Strahlungswärme, die von elektromagnetischen Wellen übertragen wird, ist allgegenwärtig. Wir spüren sie bereits, wenn Sonnenlicht unsere Haut erwärmt oder wenn ein Heizkörper einen Raum aufheizt. Die Regulierung der Gebäudetemperatur durch die Steuerung dieser Wärme ist eine gängige Praxis, sowohl zum Heizen als auch zum Kühlen.

Für letzteres und um Sonnenlicht zu blockieren, verwenden die meisten Gebäude Jalousien. Außerdem haben viele traditionelle Häuser weiße Dächer und Wände, um die Sonne zu reflektieren – wie im griechischen Santorini.

„Wenn wir uns historische Städte ansehen, stellen wir fest, dass die Kühlung von Gebäuden durch die Reflexion des Sonnenlichts in Dächern und Wänden schon seit Jahrhunderten praktiziert wird“, so der Forscher Aaswath Raman, außerordentlicher Professor für Materialwissenschaft und Ingenieurwesen an der University of California.

„In den vergangenen Jahren hat es ein großes Interesse an kühlen Dachbeschichtungen gegeben, die das Sonnenlicht reflektieren. Aber die Kühlung von Wänden und Fenstern ist eine viel subtilere und komplexere Herausforderung“, ergänzt Raman.

Fenster in eine neue Welt

Dächer haben in der Regel einen freien Blick auf den Himmel. Dadurch können kühle Dachbeschichtungen das Sonnenlicht reflektieren und die Wärme in den Himmel und schließlich ins All abstrahlen.

Wände und Fenster hingegen haben meist den Boden und benachbarte Gebäude „im Blick“. Im Sommer werden sie durch die Strahlungswärme von heißen Straßen, Gehwegen und benachbarten Gebäuden erwärmt. Das bedeutet, dass Wände und Fenster zwar Wärme an den Himmel abstrahlen, aber noch stärker von der Erde erwärmt werden. Bei kaltem Wetter wird die Erdumgebung kälter und entzieht den Wänden und Fenstern Wärme.

Die Forscher erkannten, dass die Lösung dieses Problems in der unterschiedlichen Art und Weise liegt, wie sich die Wärme zwischen Gebäuden und Erdboden bewegt und wie sie sich zwischen Gebäuden und Himmel bewegt.

So bewegt sich Strahlungswärme von Gebäuden zum Himmel in einem schmalen Teil des Infrarotspektrums, dem sogenannten atmosphärischen Transmissionsfenster. In Bodennähe bewegt sich die Strahlungswärme über das gesamte Infrarotspektrum, was die Forscher als breitbandig bezeichnen.

„Durch die Beschichtung von Wänden und Fenstern mit Materialien, die nur im atmosphärischen Fenster Wärme abstrahlen oder absorbieren, können wir den breitbandigen Wärmegewinn aus dem Boden im Sommer und den Wärmeverlust im Winter verringern und gleichzeitig die kühlende Wirkung des Himmels aufrechterhalten“, sagte Mandal.

Plastik an der Wand

In ihrer Studie zeigten die Forscher, dass viele gängige und kostengünstige Baumaterialien für dieses Prinzip verwendet werden könnten – unter anderem Polyvinylfluorid (kurz PVF) und Polypropylen (kurz PP). PVF wird bereits als Verkleidungsmaterial verwendet, während PP vor allem im Haushalt als Verpackungsmaterial, für Fahrzeugteile oder in der Kleidung verwendet wird.

Außerdem sinke durch die Verwendung von Plastik der Energieverbrauch im Gebäudebereich erheblich, so die Forscher. So bringe das Plastik die gleiche finanzielle Einsparung wie ein weißer Anstrich oder helle Dächer. Die größten Vorteile bringt das Prinzip jedoch für Gebäude im Globalen Süden, wo der Kühlbedarf im Allgemeinen höher ist.

Derzeit ist der Einsatz des Plastiks aber noch nicht unter Dach und Fach. Zwar könnten die Kosten für Klimaanlagen gesenkt werden, wie viel die Verkleidung kosten werde, ist jedoch unbekannt. Weiterhin ist unklar, ob hierbei recyceltes Plastik verwendet oder eigens für diesen Zweck neues geschaffen wird und wie die Plastikverkleidung aussehen wird. Auch ist nicht bekannt, wie hoch die Lebenszeit des Materials ist und wie widerstandsfähig und witterungsresistent es ist.

Die Studie erschien am 27. Juni 2024 in der Fachzeitschrift „Cell Reports Physical Science“.



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