So kalt war die Eiszeit wirklich: Forscher geben Antworten über Vergangenheit und Zukunft

Während der letzten Eiszeit bedeckten riesige Gletscher halbe Kontinente, doch das Leben – einschließlich Mammut, Bison und Neandertaler – war gut an die Kälte angepasst. Nun konnten Wissenschaftler eine weitere Frage beantworten: Wie kalt war es während der Eiszeit eigentlich?
Mammut: Riesen der Eiszeit
Wie kalt war die Eiszeit? Forscher der Universität von Arizona geben Antwort.Foto: iStock
Von 9. September 2020

Ein Team unter der Leitung der Universität von Arizona lässt die Temperatur der letzten Eiszeit fallen. Den aktuellen Forschungsergebnissen zufolge herrschten vor 20.000 Jahren, während des letzten glazialen Maximums, – etwa 7,8 Grad Celsius. Zum Vergleich: Die globale Durchschnittstemperatur des 20. Jahrhunderts betrug 14 Grad Celsius.

Gletscher bedeckten während Eiszeit halbe Kontinente

Das Letzteiszeitliche Maximum (kurz LGM – Last Glacial Maximum) war eine Kälteperiode, in der riesige Gletscher etwa die Hälfte Nordamerikas, Europas und Südamerikas sowie viele Teile Asiens bedeckten. Schätzungen zufolge war die Erde während dieser Zeit mit 45 bis 53 Millionen Kubikkilometer Eis bedeckt.

Doch die Eiszeit war nicht so lebensfeindlich, wie sie scheinen mag. Wie zahlreiche wissenschaftliche Untersuchungen und mumifizierte Funde zeigen, war die Tier- und Pflanzenwelt gut an die eisige Kälte angepasst. Einige ihrer berühmtesten Vertreter waren Wollhaarmammut, Wollnashorn, Bison und Co. – doch auch der Neandertaler wusste wie man überlebte.

„Wir haben viele Daten über diese Zeitperiode, weil sie so lange untersucht wurde“, sagte Jessica Tierney, geowissenschaftliche Professorin an der Universität von Arizona. „Aber was Forscher schon immer wissen wollten: Wie kalt war die Eiszeit eigentlich?“

Eiszeit Karte

Globale Karte zeigt die Temperaturunterschiede im Vergleich zur vorindustriellen Zeit. Dunkelblau steht für kühlere Temperaturen. Die Eisschilde der Vergangenheit überlagern teilweise die Kontinente. Foto: Jessica Tierney

Polarregionen sind empfindlicher „und werden es immer bleiben“

Jessica Tierney ist die Hauptautorin der in der Fachzeitschrift „Nature“ veröffentlichten Arbeit. Hierin stellen die Forscher fest, dass die globale Durchschnittstemperatur der Eiszeit um etwa 6 Grad Celsius kühler war als heute. „Es klingt vielleicht nicht nach einem großen Unterschied, aber in Wirklichkeit ist es eine gewaltige Veränderung“, sagte Tierney.

Sie und ihr Team erstellten zudem Karten, um zu veranschaulichen, wie die Temperaturunterschiede in bestimmten Regionen auf der ganzen Welt variierten.

In Nordamerika und Europa waren die nördlichsten Teile mit Eis bedeckt und extrem kalt. Aber die größte Abkühlung fand in hohen Breiten statt, wie z.B. in der Arktis, wo es etwa 14 Grad Celsius kälter war als heute“, erklärt Tierney.

Weiterhin sollen ihre Ergebnisse mit dem wissenschaftlichen Verständnis darüber übereinstimmen, wie die Pole der Erde auf Temperaturänderungen reagieren. „Klimamodelle sagen voraus, dass sich die hohen Breiten schneller erwärmen werden als die niedrigen Breiten. Wenn man sich die Zukunftsprojektionen ansieht, wird es über der Arktis richtig warm werden. Das wird als polare Verstärkung bezeichnet. In ähnlicher Weise finden wir während der [letzten großen Eiszeit] das umgekehrte Muster.“ Weiter sagte Tierney:

Höhere Breitengrade sind einfach empfindlicher gegenüber Klimaveränderungen und werden es auch in Zukunft bleiben.“

Die Kohlendioxidkonzentration in der Atmosphäre betrug während der Eiszeit etwa 180 Teile pro Million, was sehr niedrig ist. Vor der Industriellen Revolution stiegen die Werte auf etwa 280 Teile pro Million, heute sind sie auf 415 Teile pro Million angestiegen. In der Erdgeschichte lag dieser Wert mit bis zu 6.000 Teilen pro Million jedoch schon deutlich höher.

Ein Modell für die Eiszeit erstellen

Da es in der Eiszeit keine Thermometer gab, entwickelten Tierney und ihr Team Modelle, um Daten von ozeanischen Planktonfossilien in Meeresoberflächentemperaturen zu übersetzen. Dann kombinierten sie die fossilen Daten mit Klima-Simulationen, wie sie in der Wettervorhersage verwendet werden.

Bei einem Wetterdienst wird Temperatur, Druck und Feuchtigkeit gemessen und die Ergebnisse zur Aktualisierung eines Vorhersagemodells und zur Wettervorhersage verwendet. Wir verwenden das Klimamodell […], um einen Rückblick zu erstellen. Dann aktualisieren wir diesen mit den fossilen Daten, um zu sehen, wie das Klima war“, sagt Tierney.

Für die Zukunft planen Tierney und ihr Team, dieselbe Technik zu verwenden, um Warmzeiten der Erdgeschichte nachzustellen. „Wenn wir vergangene Warmzeiten rekonstruieren können, dann können wir damit beginnen, wichtige Fragen darüber zu beantworten, wie die Erde auf wirklich hohe Kohlendioxidwerte reagiert. Somit können wir unser Verständnis dafür verbessern, wie sich die Klimaveränderung in Zukunft auswirken könnte“, so die Professorin.

(Mit Material der University of Arizona)



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