See-Elefanten übertragen per Satellit Daten von der Antarktis nach Bremerhafen
Für die Erforschung des Nahrungsangebots und des Verhaltens beim Beutefang rekrutierte das Alfred Wegner Institut unlängst Robbenbullen. Einer der 14 Gefährten, „Gustavo“, bringt stolze 3 Tonnen auf die Waage und misst 4 Meter in der Länge. Die Schwergewichtler wurden zu Beginn des antarktischen Winters, zwischen Mitte März und Ende April auf King George Island am Dallmann-Labor mit Sattelitensendern ausgestattet, mit denen die Meeresbiologen Dr. Joachim Plötz und Dr. Horst Bornemann der Herde „vom Schreibtisch aus“ beobachtet werden kann. Die Forscher sind gespannt wohin die Tiere wandern und in welcher Tiefe Beute gefunden wird.
„Wir sind gerade von der Antarktischen Halbinsel zurückgekehrt und stehen noch ganz unter dem Eindruck dieses unglaublichen Erlebnisses, wenn man vor mehreren tief dröhnenden See-Elefantenbullen steht und sich dabei vorstellt, einigen dieser Kolosse nun einen handtellergroßen Satellitensender aufs Fell zu kleben“, beschreibt Joachim Plötz eine auch für den erfahrenen Robbenforscher nicht ganz alltägliche Situation. Jedes Jahr von März bis April kommen die Männchen der einzigen Fortpflanzungskolonie des Südlichen See-Elefanten in der Antarktis zur Inselgruppe der Südshetlands, zu der auch King George Island gehört, um hier ihr Fell zu wechseln. Dieses enge Zeitfenster nutzten die Wissenschaftler vom Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung in der Helmholtz-Gemeinschaft, um einige Tiere mit Sendern des satellitengestützten Ortungssystems ARGOS auszustatten. Ist der Haarwechsel nach drei Wochen überstanden, gehen die Bullen wieder auf Wanderschaft und kehren erst nach sechs Monaten ans Land zurück, um sich im antarktischen Frühjahr mit den Weibchen zu paaren.
Bei den alljährlichen Wanderungen zu ihren ozeanischen Weidegründen legen See-Elefanten tausende Kilometer zurück. Sie erreichen Tauchtiefen von über 2000 Metern und Tauchzeiten von über einer Stunde. Wenn eine Robbe mit Sender abtaucht, sammelt sie – auch unter dem Eis – Daten und erscheint nach einiger Zeit wieder an der Meeresoberfläche um zu atmen. Während dieser Zeit des Luftholens wird das aufgezeichnete Datenpaket zu einem Satelliten geschickt, der die empfangenen Signale weiterleitet. Mit etwas Glück überträgt der Sender ein Jahr lang kontinuierlich Daten. Mit dem nächsten Haarwechsel fällt das von der schottischen „Sea Mammal Research Unit“ entwickelte Wunderwerk der Mikroelektronik dann wieder ab. Unmittelbar nach der Auswertung werden die Messdaten dieses deutsch-südafrikanisch-argentinischen Gemeinschaftsprojektes über das „Publishing Network for Geoscientific & Environmental Data (PANGAEA)“ am Alfred-Wegener-Institut dann auch anderen Weltdatencentern zur Verfügung gestellt und in verschiedene internationale Kooperationen einfließen.
Während der ausgedehnten Streifzüge durchs Südpolarmeer übertragen die Sender nicht nur geografische Position und Tauchtiefe der jeweiligen Robbe, sie liefern gleichzeitig Daten zu Temperatur und Salzgehalt des vom Tier durchquerten Wasserkörpers und damit wichtige physikalische Messgrößen, aus denen z.B. Rückschlüsse auf die Strömungsverhältnisse im Ozean gezogen werden können. „See-Elefanten fressen vor allem Fische und Tintenfische“, erläutert Plötz´ Kollege Horst Bornemann, warum die Forscher aus den Robbenwanderungen Rückschlüsse auf die räumliche und zeitliche Verteilung besonders produktiver Zonen im Südpolarmeer ziehen können. „Sie führen in der Eiswüste des Antarktischen Ozeans ein Nomadenleben und sind immer auf der Suche nach beutereichen Regionen. So erhalten wir über die saisonalen Veränderungen im Wanderverhalten der Robben Hinweise darauf, wann, wo und in welcher Tiefe besonders viele Fische und Tintenfische vorkommen und mit welchen ozeanografischen Bedingungen ein gutes Nahrungsangebot korreliert.“
Auch wenn die Sender ein Jahr lang durchhalten können – besonders begehrt sind die Daten der kommenden Monate. In dieser Zeit herrscht antarktischer Winter, das Südpolarmeer ist von Eis bedeckt und gerade aus den Wintermonaten sind kontinuierliche Messdaten rar. „Forschungsschiffe können den Antarktischen Ozean zu dieser Zeit nicht befahren. Unsere Robben“, sagen Plötz und Bornemann voller Überzeugung, „sind deshalb echte Pioniere der Forschung.“(red)
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