Neue Fischsaurier-Art aus dem südwestdeutschen Jurameer identifiziert
Bei vergleichenden wissenschaftlichen Untersuchungen von Fischsaurier-Fossilien aus England und Baden-Württemberg haben zwei Paläontologinnen die neue Ichthyosaurier-Art Hauffiopteryx altera entdeckt.
Das Fossil stammt aus den 182 Millionen Jahre alten Posidonienschiefern des Unteren Juras Südwestdeutschlands. Die Entdeckung der neuen Art ist ein weiteres Puzzleteil, das zur genauen Rekonstruktion der Vielfalt des urzeitlichen Jurameeres, dessen Ökosystems sowie der Evolution der Meeresreptilien beiträgt.
Die Fischsaurier-Expertinnen Dr. Erin Maxwell vom Naturkundemuseum in Stuttgart und Dirley Cortés vom Redpath Museum der McGill University in Kanada veröffentlichten ihre Forschungsarbeit nun in der Fachzeitschrift „Palaeontologia Electronica“.
Entdeckung einer neuen Fischsaurier-Art galt als unwahrscheinlich
Ichthyosaurier oder Fischsaurier lebten in großer Anzahl in den Meeren des Erdmittelalters. Wie die heutigen Delfine waren diese Meeresreptilien extrem gut an ihre Umwelt angepasst und weit verbreitet.
Deutsche Wissenschaftler beschäftigen sich mit diesen Meeresreptilien seit dem frühen 19. Jahrhundert, als die ersten spektakulären und sehr gut erhaltenen Fossilien in Südwestdeutschland entdeckt wurden. Die Posidonienschiefer im Süddeutschen Becken sind sehr fossilreich. In den letzten 200 Jahren wurden hier tausende spektakulär erhaltene Ichthyosaurier-Skelette entdeckt. Ihre Größe variiert dabei zwischen zwei und mehr als zehn Metern.
Die Meerestierfossilien zeigen versteinerte Weichteile, Mageninhalte sowie Embryonen. Sie sind in Museen auf der ganzen Welt ausgestellt. Die Entdeckung einer neuen Fischsaurier-Art nach so vielen Jahren der weltweiten Forschung und Sammlung wurde in Fachkreisen als unwahrscheinlich angesehen.
Jedoch wurde die zwei Meter lange Ichthyosaurier-Art Hauffiopteryx typicus, die erstmals vor 90 Jahren am Fuße der Schwäbischen Alb entdeckt wurde, auch in gleichalten Gesteinsschichten in England gefunden. Einige frühere Studien wiesen darauf hin, dass es sich bei den Populationen von Hauffiopteryx typicus, die sich 1000 km voneinander entfernt befanden, möglicherweise um zwei unterschiedliche Arten handelt.
Die Untersuchung der Fossilien war kompliziert
Durch vergleichende paläontologische Untersuchungen von Fossilien aus England und Südwestdeutschland gingen die Fischsaurier-Expertinnen dieser Frage nach. Allerdings waren die wissenschaftlichen Untersuchungen durch die unterschiedlichen Erhaltungsweisen der Fossilien kompliziert.
So sind die englischen Fossilien dreidimensional erhalten geblieben, während die deutschen Fossilien durch den Druck des darüber liegenden Gesteins meist nur zweidimensional erhalten sind.
Um festzustellen, ob zwei tatsächlich geografisch getrennte Arten von Hauffiopteryx vorhanden waren, untersuchten die Wissenschaftlerinnen alle bekannten Fossilien von Hauffiopteryx aus Deutschland. Insgesamt handelt es sich um sieben vollständige Exemplare und drei Schädel, von denen einer dreidimensional war.
Neue Fischsaurier-Art kam im Südwesten Deutschlands vor
Zunächst nahmen die Forscherinnen den dreidimensionalen Schädel unter die Lupe, da er durch seine Erhaltungsform den englischen Hauffiopteryx-Fossilien am ähnlichsten ist.
Die Paläontologinnen stellten schnell fest, dass sich die Anordnung der Knochen in diesem Schädel stark von den englischen Hauffiopteryx-Fossilien unterscheidet, aber auch von den verbleibenden neun deutschen Exemplaren. Diese zeigten allerdings keine wesentlichen Unterschiede zum britischen Material.
Die ersten Beobachtungen der Forscherinnen wurden durch nachfolgende genauere Analysen gestützt. So zeigen die Unterschiede am dreidimensionalen Schädel des Fischsauriers aus Südwestdeutschland im Vergleich zu allen anderen Exemplaren, dass es sich um eine neue Art handelt.
Fortschritt in der Erforschung des Ökosystems der Urzeitmeere
„Das Ergebnis ist für uns hoch interessant. Es scheint, dass es während des frühen Juras keine wesentlichen geografischen Unterschiede zwischen englischen und deutschen Ichthyosaurier-Populationen gab. Das deutet auf eine homogene europäische marine Reptilienfauna hin. In diesem Zeitraum gab es im Südwesten Deutschlands jedoch tatsächlich zwei Arten des Fischsauriers Hauffiopteryx„, sagte Maxwell.
„Das beweist, dass selbst gut untersuchte fossile Ablagerungen, wie der Posidonienschiefer, immer noch Überraschungen bringen können. Wir haben ein neues Puzzleteil gefunden, dass zur genauen Analyse des damaligen Ökosystems beiträgt und uns bei der Erforschung der Biologie der Ichthyosaurier wieder einen Schritt weiter bringt“, ergänzte die Paläontologin.
Die Forscherinnen schätzen, dass Hauffiopteryx altera ungefähr so groß war wie ein erwachsener Mensch. Das Fossil ist Teil der Sammlung des Werkforums & Fossilienmuseums in Dotternhausen.
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