Justinianischen Pest: Die vielfältigen Gründe für den Ausbruch der spätantiken Pest

Vulkanausbrüche, Lichtmangel, Missernten und die Raubzüge der Hunnen könnten erhebliche Gründe für die massive Ausbreitung und lang andauernde Justinianischen Pest gewesen sein. Diese Theorie haben Wissenschaftler nun in mehreren, voneinander unabhängigen Studien vorgestellt.
Justinianischen Pest
Nachahmungen der historische Maske des Pestdoktors werden noch heute zum venezianischen Karneval getragen.Foto: ClaudioStocco/iStock
Von 17. November 2019

Sie ist eine der verheerendsten Seuchen der Menschheitsgeschichte. Über kaum eine andere Krankheit aus der Vergangenheit wissen wir heute mehr als über die Pest. Im Mittelalter forderte sie Millionen von Menschenleben und löschte ganze Dörfer und Stämme aus.

Bereits 800 Jahre zuvor wütete schon einmal die Pest (sog. Justinianische Pest) über Teile Europas und Asiens. Nun haben Wissenschaftler eine Reihe weiterer Gründe für die enorme Pestwelle aus der Spätantike gefunden. Sie zeigen, dass nicht nur die Natur, sondern auch der Mensch maßgeblich daran beteiligt gewesen sein könnte.

Auf Spurensuche der Justinianischen Pest

Die ersten Forschungen begannen bereist im Jahr 2015, als ein Team aus Wissenschaftlern Eisbohrkerne zur Gewinnung von Klimadaten untersuchte. Sie stellten fest, dass es zwei große Vulkanausbrüche, 536 und 540 nach Christus, gegeben haben muss. Diese führten laut Studie dazu, dass die Temperaturen in der nördlichen Hemisphäre stark abnahmen.

Viel schlimmer dürften jedoch die von den Vulkanausbrüchen verursachten Aschewolken gewesen sein, die den Lichteinfall bedeutend trübten. Dies ging aus einer Studie von 2018 hervor, bei der subfossile Baumringe untersucht wurden. In ihnen entdeckten Forscher eine starke negative Abweichung, ebenfalls in den Jahren 536 und 541-544.

„Wir gehen davon aus, dass eine anhaltend niedrige Sonneneinstrahlung negativen Auswirkungen auf die Pflanzenproduktion und die Aufnahme von Vitamin D in der menschlichen Haut beigetragen haben. Die Menschen waren gesundheitlich geschwächt und so sehr leicht anfällig für den Pesterreger.“ so die Forscher.

Diese Annahme deckt sich auch mit historischen Schriftquellen, in denen von einer Trübung der Sonne die Rede ist. „Die Sonne war blau, ohne Helligkeit. Frühling ohne Milde, Sommer ohne Hitze. Der Hauptgrund für diese Erscheinungen war eine mysteriöse Wolke, ein anhaltender, trockener Nebel, der den Himmel verdunkelte und von Zeitgenossen über weite Teile der Welt beobachtet wurde.“

Und dann kamen die Hunnen

Lange Zeit wurde der Ausbruch der Justinianischen Pest aufgrund der Schriften antiker Chronisten in Ägypten angenommen. Nun zeigen DNA-Untersuchungen an Skelettresten aus einer Steppenregion in Westasien, dass die Pest der Spätantike stattdessen aus Asien kam.

Ein Forscherteam um Eske Willerslev von der University of Copenhagen veröffentliche ebenfalls 2018 eine Studie zu den Ergebnissen von 137 untersuchten Skelette aus der eurasischen Steppe. Mit den Zügen der Hunnen nach Europa brachten sie vermutlich auch die Pest mit.

Dass dies nicht unmöglich ist, zeigt die Verbreitung der Pest im 14. Jahrhundert. Auch hier brachten die Tataren den Pesterreger mit sich, als sie 1348 die Stadt Kaffa (heute Feodossija) auf der Krim belagerten. Von da aus verbreitete sich die Pest von dem damaligen italienischen Handelsposten durch Schiffe bis nach Europa.

Die Hunnen waren nicht ein Volk, sondern bildeten sich aus verschiedenen Nomadengruppen wie den Skythen und den Xiongnu. Sie schmiedeten Allianzen, um ihre Macht und ihr Territorium zu erweitern.

Während die Skythen den Römern und Griechen bereits als tüchtige Reiter an der Grenze zwischen Europa und Asien bekannt waren, wurden die Xiongnu weiter östlich das erste Mal erwähnt, als sie einen blutigen Krieg mit den Truppen der Han-Dynastie in China kämpften.

„In einigen dieser Hunnen finden wir die Grundform der Justinian Pest, die Millionen von Menschen in Europa getötet hat“, sagte Mitautorin Eske Willerslev von der Universität Kopenhagen.

Erste Funde des Erregers um 200 nach Christus

Die ersten Spuren aus dem Stamm des Pestbakteriums (Yersinia pestis) wurde bei einem Hunnen aus dem Tian-Shan-Gebirge in Zentralasien gefunden. Laut Untersuchungen war dieser um 200 nach Christus an der Krankheit gestorben.

Ein weiterer Verwandter des Justinian-Peststammes tauchte bei einer Person aus Nordossetien, Russland, auf. Diese starben wahrscheinlich zwischen dem sechsten und neunten Jahrhundert nach Christus an der Pest.

Namensgeber der Justinianischen Pest

Die spätantike Pestwelle ist benannt nach Justinian I (483 – 565), Kaiser des Oströmischen Reiches. Foto: Hulton Archive/Getty Images

„Unser Stamm geht auf das Jahr 200 nach Christus zurück, also mehrere hundert Jahre bevor die Justinianische Pest Europa heimsuchte“, sagte Peter de Barros Damgaard, Co-Autor der Studie, zu BBC News.

Die Analyse dieses Peststammes zeigt, dass eine Übertragung über Flöhe, ähnlich wie beim Schwarze Tod im 14. Jahrhundert möglich gewesen ist. Aber ob dies die wichtigste Form der Ausbreitung der spätantiken Pest war, bleibt unbekannt.

Absichtliche Übertragung der Justinianischen Pest durch infizierte Pferdekörper?

„Alte chinesische Quellen tragen zudem zu einer weiteren interessanten Spekulation bei. So heißt es, dass Xiongnu-Krieger das Einbringen von toten Pferdekörpern in Wasserquellen für eine biologische Kriegsführung genutzt haben.“ sagt Dr. Damgaard.

„Ich spekuliere gerne, dass dies der Nährboden für die Pest gewesen sein könnte. Und wieder einmal wäre die menschliche Laufbahn mit Pferden verbunden gewesen. Allerdings habe ich keine Möglichkeit, das zu beweisen.“



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