Neurobiologe Bauer: Der Mensch braucht den Menschen – und den freien Willen
In seinem aktuellen Buch „Selbststeuerung“ zitiert der in Freiburg arbeitende und lehrende Joachim Bauer den deutschen Dichter Friedrich von Schiller (1759 – 1805) aus seinem Werk „Wallensteins Tod“: „Es ist der Geist, der sich den Körper baut!“
In diesem Zusammenhang lobt der Autor die technisch-apparativen, operativen und pharmakologischen Möglichkeiten sowie die fachliche Ausbildung der Ärztinnen und Ärzte in unserem Land, beklagt aber gleichzeitig die mangelnden Erkenntnisse über die Funktionsweise des Lebendigen.
Der Neurobiologe, Arzt und Psychotherapeut Professor Dr. Joachim Bauer (1951 in Tübingen geboren) gehört zu den faszinierenden Wissenschafts-Bestsellerautoren unseres Landes. Großartig seine Publikationen über das Gedächtnis des Körpers, beeindruckend seine Persönlichkeit als Mediziner und Mensch.
Er schreibt: „Der Grundirrtum besteht in der Annahme, Lebewesen seien biologische Maschinen. Dabei wird übersehen, dass alle lebenden Systeme anders als Maschinen mit ihrer Außenwelt ständig aktiv kommunizieren und dass ihr Wohl und Wehe vom Gelingen dieser Kommunikation abhängt. Die Vorstellung, der Ablauf aller körperlichen Vorgänge werde ausschließlich von dem biochemischen Text der etwa 23.000 Gene des menschlichen Erbguts vorherbestimmt, ist unrichtig“.
Ein starkes Medikament: Der andere Mensch
Der sorgsame Umgang mit Wort und Sprache muss dringend trainiert und gepflegt werden – das bezeichnet er mit Geistesschulung, die offenbar verlorengegangen ist. „Sprich nur ein Wort, dann wird mein Diener gesund!“, sagt der Hauptmann von Kafarnaum, als Jesus das Haus des Ungläubigen betritt, dessen Diener gelähmt und von Schmerzen geplagt im Bett liegt. Professor Bauer schreibt: „Eine der stärksten Drogen für den Menschen ist der andere Mensch“ und unterbreitet dem Leser dazu folgende Erkenntnisse:
· Merkwürdigerweise findet das phänomenale Ausmaß der Wechselwirkungen zwischen sozialem Umfeld und körperlichen Vorgängen in der modernen Medizin bisher kaum Beachtung, obwohl die Zusammenhänge wissenschaftlich einwandfrei belegt sind.
· Zwischenmenschliche Kommunikation ist nicht heiße Luft, sondern neben den Interventionen der evidenzbasierten Medizin ein entscheidender Heilfaktor.
· Medikamente, die von Ärzten in der Klinik über eine Infusion gegeben werden, entfalten beim Patienten eine weitaus bessere Wirkung, wenn der Arzt dem Patienten ausdrücklich sagt, was er gibt und wozu. Erhält ein von Schmerzen geplagter Patient das Schmerzmittel ohne Ansage, muss die Dosis des Schmerzmittels um ein Drittel erhöht werden, um den gleichen Wirkeffekt zu erzielen.
· Patienten mit einer Angstattacke reagieren auf ein Beruhigungsmittel gut, wenn sie beobachten, was man ihnen gibt. Wenn ihnen das Mittel unbemerkt in die Infusion injiziert wurde, bleibt die Wirkung häufig völlig aus.
· Da unser Gehirn Kommunikation in Biologie verwandelt, können Worte – dies lässt sich wissenschaftlich einwandfrei nachweisen – auf die gleichen biologischen Rezeptoren einwirken wie Medikamente.
· Die von der Kommunikation zwischen Arzt und Patient ausgehenden Effekte wirken auf den Präfrontalen Cortex, der in der Lage ist, das körpereigene Opioid-System zu aktivieren, in dem schmerzlindernde Botenstoffe hergestellt werden können, um alle an der Hervorrufung von Schmerzen beteiligten Hirnzentren zu beruhigen.
Professor Joachim Bauer hat in mehr als 200 wissenschaftlichen Publikationen und zahlreichen allgemeinverständlichen Büchern gezeigt, in welche Richtung sich sein Fachgebiet der Medizin im 21. Jahrhundert bewegen muss.
„Mit Selbststeuerung lässt sich im Leben vieles, ohne sie nichts erreichen. Ihr tiefer Sinn liegt darin, unser eigenes, wahres Leben zu leben und uns zu uns selbst, zu unserer ureigenen Identität zu finden. Vertraue Deinen Gefühlen!“
Joachim Bauer
Selbststeuerung
Die Wiederentdeckung des freien Willens
Karl Blessing Verlag München, April 2015
240 Seiten
€ 19,99
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