Falten der Anden älter als gedacht
Forscher aus Tübingen haben entdeckt, dass die Anden in einem viel längeren Zeitraum entstanden sein müssen als bisher angenommen. Nach heutigen Modellen können Faltengebirge wie die sich 7000 Kilometer entlang des südamerikanischen Kontinents ersteckenden Anden durch gegenseitige Verschiebungen von ozeanischen und kontinentalen Platten entstehen. In diesem Fall schiebt sich die pazifische Platte unter den südamerikanischen Kontinent. Dabei wurden im Gebiet entlang des westlichen Kontinentalrandes die Gesteinsmassen gestaucht und bis heute auf durchschnittlich 4000 Meter gehoben – Während der viele Millionen Jahre anhaltenden sehr langsamen Bewegung dieser Platten der Erdkruste und unter riesigen Drücken verhält sich selbst härtestes Gestein wie leicht formbare Knetmasse.
Nach alten Modellen wurde davon ausgegangen, dass der Bildungsprozess vor 6 bis 10 Millionen Jahren begonnen haben muss. Untersuchungen des im Boden gebundenen Sauerstoffs legen allerdings eine langsame Hebung über einen Zeitraum von 40 Millionen Jahren nah.
Sauerstoff ist nicht gleich Sauerstoff
Was die Geowissenschaftler über den zeitlichen Ablauf der Hebung der Anden wissen, verdanken sie der Tatsache, dass es Sauerstoffatome mit unterschiedlicher Masse gibt. Neben den 16O-Atomen gibt es zu einem sehr geringen Prozentsatz die schwereren 18O-Atome. Beide Atomarten kommen im Regenwasser vor und werden bei der Bildung des Bodens Schicht für Schicht eingebaut. Je weniger 18O-Atome anteilig in den Bodenschichten vorkommen, desto höher über dem Meer lag das Gebiet zur Zeit der Ablagerung. „Regenwolken steigen durch eine Vertikalbewegung an Bergen auf, dabei fallen die Wassermoleküle mit 18O-Atomen zuerst nach unten, weil sie schwerer sind“, erklärt Todd Ehlers vom Institut für Geowissenschaften der Universität Tübingen. Die Untersuchung von Bodensedimenten aus verschiedenen Höhenlagen der Anden, deren Alter bekannt ist, führte zu der Annahme, dass die Anden vor 6 Millionen Jahren innerhalb kurzer Zeit um 2500 Meter angehoben wurden.
In einer Computersimulation des südamerikanischen Klimas, deren Ergebnisse jetzt in Science veröffentlicht werden, haben Poulsen, Ehlers und Insel jedoch die Wege der verschiedenen Typen der Sauerstoffatome im Wasserdampf der Atmosphäre während der Hebung der Anden verfolgt.
Niedrige Bodenlagen vorgetäuscht
„Als aber die Anden in der Simulation eine Höhe von rund 2000 Metern erreicht hatten, intensivierten sich die Niederschläge an den Osthängen des zentralen Teils der Anden. Größere Niederschlagsmengen ergeben eine Abnahme von 18O aus dem atmosphärischen Wasserdampf, so dass eine niedrigere Höhe der früheren Bodensedimente vorgetäuscht wird“, sagt Todd Ehlers. Somit sind die früheren Bodensedimente gar nicht in niedrigen Lagen entstanden sondern etwas höher, was auf geringere Hebungsraten schließen lässt.
Auch andere Wissenschaftler haben mit völlig anderen Methoden wie Untersuchungen der Vegetation und anderer Isotopenverhältnisse festgestellt, dass das Klima in den Anden damals tatsächlich nasser wurde.
Für die Modelle zur Hebung der Anden bedeuten die Ergebnisse, dass Korrekturen nötig sind: Das Gebirge hat seine beeindruckende Höhe durch eine allmähliche, langsame und stetige Hebung über die vergangenen 40 Millionen Jahre erreicht, nicht durch einen schnellen Prozess in den vergangenen zehn bis sechs Millionen Jahren. (dk)
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