Erblindet: Wahrnehmen ohne zu sehen

Von 27. September 2011

Blinde Menschen können auf emotionale Regungen, die in Gesichtern anderer zu sehen sind, reagieren und sicher Hindernisse umgehen, obwohl sie optisch nichts wahrnehmen können. Dies beweisen aktuelle Forschungen.

Die Neurowissenschaftlerin Beatrice de Gelder von der holländischen Universität Tilburg arbeitete bei verschiedenen Projekten zusammen mit internationalen Teams und führte Beobachtungen an einseitig blinden Menschen durch.

Physisch sind beide Augen dieser Menschen völlig intakt, aber ein Teil des visuellen Cortex ihres Gehirns arbeitet nicht korrekt. Durch einen Schlag oder eine Verletzung wurde eine Störung verursacht, sodass sie mindestens auf einem Auge erblindeten.

„Nach einer Hirnverletzung erblindete Patienten fühlen sich völlig blind“, erklärte die Neurowissenschaftlerin  in einer Pressenachricht, in der sie ihre Forschungen auf einem neurowissenschaftlichen Kongress im Juli vorstellte. „Aber wir haben entdeckt, dass sie noch immer um Objekte herumgehen und auf Emotionen reagieren können.“

Menschen mit normalem Sehvermögen neigen unbewusst dazu, sich in ihr Gegenüber einzufühlen; zum Beispiel nehmen sie dessen Gesichtsausdruck an. Bis dato wurde angenommen, dass dieser automatische Reflex durch die visuelle Wahrnehmung ausgelöst wurde.

In einer Studie im Jahr 2009 benutzten die Neurowissenschaftlerin  und Kollegen zur Teilung des Gesichtsfeldes eine Trennwand, um den Augen der einseitig blinden Patienten zwei verschiedene Bilder zu zeigen. Während dem blinden Auge Gesichter, die starke Emotionen wie Fröhlichkeit oder Angst zeigten, präsentiert wurden, bekam das sehende Auge neutrale Gesichter zu sehen.

Die empathischen Gefühle der Blinden wurden über Pupillenerweiterung und Reaktionen der Gesichtsmuskulatur gemessen.

Die Neurowissenschaftlerin  und ihre Kollegen stellten fest, dass die einseitig Blinden Gesichter mit starkem emotionalem Ausdruck imitierten, obwohl sie diese nicht sehen konnten. Als sie gefragt wurden, antworteten sie, sie hätten geraten, welche Gefühle die Bilder darstellten.

Interessanterweise waren die Reaktionen der Patienten identisch, als ihnen die Bilder vor ihrem sehenden Auge gezeigt wurden.

Wie kann ein Mensch ohne Sehvermögen sehen?

De Gelder wurde in der zweiten Staffel von Morgan Freemans „Through the Wormhole“ in der am 6. Juli ausgestrahlten Folge interviewt. Diese Serie beschäftigt sich mit den vielfältigen Mysterien des Daseins und des Universums.

Laut der Neurowissenschaftlerin  verfügt das menschliche visuelle System mindestens über neun verschiedene Signalwege. Das Sehen über die Gehirnrinde scheint die Wahrnehmung einer Person regelrecht zu überfluten, aber an einseitig blinden Menschen können auch die Hindergrundaktivitäten über andere Signalwege beobachtet werden.

Diese unterbewussten mentalen Kanäle ermöglichen einer Person, Emotionen eher zu spüren, als zu sehen und scheinen die Basis für den sechsten Sinn zu sein.

„Wir sollten ein einfühlsames, offenes Ohr für die Anzeichen des sechsten Sinns entwickeln, denn wir haben noch  keine genauen Erkenntnisse über die Fähigkeiten des Gehirns“, erwähnte sie bei der Fernsehsendung.

Dieser Artikel auf Englisch: Blindsight: Sensing Emotions Without Vision

 



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