Einst war auf dem Mars Leben möglich

Der Beweis dafür, dass einmal – nach menschlichen Maßstäben – Leben auf dem Mars möglich war, ist erbracht. Quelle dieser Erkenntnis ist eine unscheinbare Gipsader. Die Voraussetzungen für deren Ausbildung sprechen für ein damals lebensfreundliches Klima.
Titelbild
Der Mars-Rover Opportunity ist seit über 8 Jahren auf dem Planeten unterwegs. (NASA)
Von 17. Mai 2012

Der NASA Mars-Rover Opportunity hat Ende 2011 am Rande des Meteoriten-Einschlagskraters Endeavour Gipsadern entdeckt. Gips wird in Wasser mit einer Temperatur unterhalb von 60 °C abgeschieden. Der Fund belegt damit zumindest vorübergehend lebensfreundliche Bedingungen auf dem Mars. Das Gestein des Kraterrandes ist dem Suevit sehr ähnlich, einer für Einschlagskrater typischen Gesteinsart. Die Ergebnisse der von Steve Squyres an der Cornell Universität in Ithaca, New York, geleiteten Studie wurden am 4. Mai 2012 vom Wissenschaftsjournal Science veröffentlicht. An dieser Studie ist der Geowissenschaftler Dr. Christian Schröder von der Universität Tübingen beteiligt.

Christian Schröder erforscht am Zentrum für Angewandte Geowissenschaften die Biogeochemie von Eisenmineralen. Seit dem Start der NASA Mars Exploration Rover im Jahr 2003 ist er als Mitglied des Wissenschaftlerteams u.a. für den Einsatz des Röntgenfluoreszenz-Spektrometers des Rovers, dem Alpha-Particle X-ray Spectrometer (APXS) zuständig. Es wurde am Max-Planck-Institut für Chemie in Mainz entwickelt und wird nun unter der Leitung von Ralf Gellert an der Universität Guelph in Kanada weiter betrieben. Das APXS dient der Elementaranalyse und ermöglichte die entscheidenden Messungen zur Identifizierung der Gipsadern und zur Charakterisierung des Gesteins.

Opportunity ist seit nunmehr acht Jahren auf der Oberfläche des Mars unterwegs und hat dabei mehr als 33 Kilometer zurückgelegt. Der Krater Endeavour hat einen Durchmesser von 22 Kilometern und ermöglicht den Zugang zu Gestein aus einer geologisch älteren Periode als der schwefelreiche Sandstein, der eine große Fläche um die Landestelle von Opportunity bedeckt. Der Krater war daher ein Fernziel des Rovers. Während der Fahrt zu Endeavour galt Schröders Interesse insbesondere den verstreut am Wegesrand liegenden losen Gesteinsbrocken. Einige dieser Gesteinsbrocken entpuppten sich als Meteorite, andere stammen von entfernten Einschlagskratern, jedoch nicht von Endeavour, wie die APXS-Analysen zeigen.

Gips mit der chemischen Formel CaSO4∙2H2O bildet sich nur im Beisein von Wasser, wobei die Temperatur des Wassers auf maximal 60 °C begrenzt ist. Bei höherer Temperatur hätten sich andere Minerale wie z.B. Anhydrit, CaSO4, gebildet. Somit gab es am Rande des Endeavour-Kraters zumindest vorübergehend lebensfreundliche Bedingungen. Das Wasser zirkulierte durch Risse und Spalten im Gestein des Kraterrandes, nachdem dieser entstanden war. Die gleiche Quelle schwefelreichen Wassers hat wahrscheinlich auch zur Ablagerung des schwefelreichen Sandsteins an Opportunitys Landestelle beigetragen.

Endeavour ist sowohl von seiner Größe als auch von der Gesteinszusammensetzung des Kraterrandes dem Nördlinger Ries vergleichbar. Das Nördlinger Ries ist ein weltweit bekanntes Beispiel für einen Meteoriteneinschlagskrater auf der Erde. Suevit, ein sogenannter Impaktit, ist ein typisches Gestein am Rande eines Einschlagskraters. Es setzt sich zusammen aus zermahlenem Grundgestein, eingeschlossenen Gesteinsbruchstücken, durch den Einschlag aufgeschmolzenes und zu Glas erstarrtes Material sowie durch Minerale, die nur bei extrem hohen Drucken und Temperaturen entstehen. Suevit leitet sich vom lateinischen Suevia (Schwaben) ab und wurde am Nördlinger Ries zum ersten Mal beschrieben. Das Nördlinger Ries entstand vor fast 15 Millionen Jahren durch den Einschlag eines Asteroiden mit einem Durchmesser von etwa einen Kilometer. Endeavour entstand auf ähnliche Weise bereits vor mehr als 3,7 Milliarden Jahren.



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