Einschlag auf «Didymoon» soll Asteroiden-Abwehr testen
Der Test gehört zu einer Reihe von Projekten, die ein Ziel verfolgen: Die Abwehr von Asteroiden auf Kollisionskurs mit der Erde.
Die Esa fasst die Bedrohung in Zahlen: Mehr als 600 000 Asteroiden sind in unserem Sonnensystem bekannt, gut 12 000 davon gelten als erdnahe Objekte (Neos). Ihre Umlaufbahnen kommen der Erde relativ nah. Auf der Risiko-Liste der Nasa stehen 494 Neos. Der Pariser Esa-Experte Ian Carnelli schätzt rund 30 bis 40 Asteroiden als „gefährlich“ für die Erde ein.
Esa und Nasa wollen mit einer Sondenattacke auf „Didymoon“ wichtige Daten darüber sammeln, wie Asteroiden auf Einschläge reagieren. Die Esa schickt dazu mit der 200 Millionen Euro teuren Asteroid Impact Mission (AIM) im Oktober 2020 per Sojus-Rakete aus Kourou eine Sonde auf den Weg zu den Didymos-Zwillings-Asteroiden. Der größere Zwilling durchmisst 800 Meter, umkreist wird er von einen Asteroiden mit 170 Metern Durchmesser – dem „Didymoon“.
„Der Flug dauert rund eineinhalb Jahre, die Sonde muss im Oktober 2022 vor Ort sein“, sagt AIM-Projektmanager Carnelli. Dann sind die Asteroiden mit elf Millionen Kilometer laut Esa „vergleichsweise nahe“ an die Erde. Die Sonde beobachtet, sendet Satelliten aus, sammelt Daten und schickt ein Landemodul auf „Didymoon“ – erstmals wieder, seit die Landeeinheit „Philae“ von der Raumsonde Rosetta 2014 auf einem Kometen landete.
Ebenfalls Ende 2022 soll eine Sonde der Nasa bei den Himmelskörpern ankommen und mit sechs Kilometern pro Sekunde direkt auf „Didymoon“ aufprallen. „Der Einschlag wird den Asteroiden um etwa einen halben Millimeter pro Sekunde verlangsamen“, sagt Carnelli. So könnten sich Umlaufbahn und Rotation von „Didymoon“ verändern.
Die Esa-Sonde beobachtet die Asteroiden weiterhin vom All aus. Die Vorher-Nachher-Vergleiche sollen wichtige Erkenntnisse über die Reaktionen eines Asteroiden auf einen solchen Einschlag bringen. Auf die theoretischen Berechnungen soll somit praktisches Wissen folgen, das nach Einschätzung Carnellis künftig zur Abwehr von Asteroiden genutzt werden kann.
„Asteroiden sind gerade ein ganz heißes Thema“, sagt Nasa-Wissenschaftler Jim Green. Vor allem das Frühwarnsystem will die Nasa verbessern. Dafür stellte die Behörde im Sommer 2013 das Programm „Great Challenge“ (Große Herausforderung) vor, mit dem künftig alle potenziell für die Menschheit gefährlichen Asteroiden rechtzeitig entdeckt werden sollen. Während in den 90er Jahren nur rund vier Millionen Dollar (3,7 Millionen Euro) pro Jahr für die Asteroiden-Überwachung ausgegeben wurden, hat die Nasa diesen Posten inzwischen auf mehr als 40 Millionen Dollar erhöht und plant zukünftig noch mehr Geld ein.
Im Rahmen von „Great Challenge“ reaktivierte die Nasa das eigentlich schon eingemottete Weltraumteleskop „Wise“. Unter dem Namen „Neowise“ sucht es seit mehr als einem Jahr nach Himmelskörpern, die der Erde gefährlich werden könnten.
Stolz verkündete die Behörde vor kurzem, 2014 mit 1472 fast doppelt so viele Neos entdeckt zu haben wie noch 2012 vor Beginn des Programms „Great Challenge“. Darunter seien keine, die einen Durchmesser von mehr als einem Kilometer hätten und der Erde in den kommenden 100 Jahren gefährlich werden könnten.
Neben dem Frühwarnsystem hat die Nasa noch spektakulärere Pläne: Im Rahmen der rund eine Milliarde Dollar teuren „Osiris Rex“-Mission soll im Herbst 2016 ein Raumschiff starten und 2018 auf den Asteroiden „Bennu“ treffen. 2023 soll das Raumschiff zur Erde zurückkehren – mit mindestens 60 Gramm Asteroiden-Proben an Bord. „Bennu“ könnte im Jahr 2182 der Erde gefährlich werden, auch wenn die Chance eines Zusammenstoßes nur bei 1 zu 1800 liegt. Damit ist er nach Nasa-Angaben aber trotzdem der derzeit für die Erde gefährlichste bekannte Asteroid.
„Bennu“ ist auch einer der Kandidaten für den Plan, der sich hinter der Abkürzung „ARM“ (Asteroid Redirect Mission) versteckt. Mit diesem Projekt will die Nasa einen Asteroiden einfangen und in eine Umlaufbahn des Mondes ziehen. Dann sollen Astronauten darauf landen – allerdings wohl erst Mitte der 2020er Jahre. „Diese Mission bedeutet eine noch nie dagewesene technische Leistung, die zu neuen wissenschaftlichen Entdeckungen und technischen Möglichkeiten führen und dabei helfen wird, unseren Heimatplaneten zu beschützen“, ist sich Nasa-Chef Charles Bolden sicher.
(dpa)
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