Duftsensitiv und dressierbar: Theoretisch könnten Polizei-Bienchen Drogenfund per Rüsselschnalzer aufzeigen
Bei der Gewerkschaft der Polizei (GdP) wird gerade eine kuriose Idee prominent vorgestellt: Bienen, die ähnlich wie Spürhunde die Polizeiarbeit unterstützen könnten.
Die Insekten haben es aufs Titelblatt der Mitgliederzeitschrift geschafft. Dort stellt die 22-jährige Polizistin und Hobbyimkerin Sonja Kessler aus Köln ihre Bachelorarbeit unter der Überschrift „Spürbienen – eine Revolution für die Polizeiarbeit?“ vor.
Sonderpreis des Europäischen Polizeikongresses
Drogenspürhunde seien nur für kurze Zeit einsatzfähig, sehr auf eine Bezugsperson fixiert, ihre Ausbildung zeitaufwendig und kostspielig, heißt es da. Warum also nicht die Biene? Kessler wurde für ihre Arbeit vom diesjährigen Europäischen Polizeikongress mit einem Sonderpreis ausgezeichnet.
Ausgefallene Forschung oder Schnapsidee? Experten habe jedenfalls Zweifel daran, dass die Idee umsetzbar ist.
Rüsselschnalzer statt Hundegebell
Bienen können Fachleuten zufolge hervorragend riechen. Außerdem können sie dressiert werden, Gerüche zu erkennen und anzuzeigen. Dazu werden sie fixiert, etwa in einem Röhrchen, erzählt der Leiter der baden-württembergischen Landesanstalt für Bienenkunde an der Universität Hohenheim, Peter Rosenkranz. Dann riechen die Bienen eine bestimmte Substanz und schlecken gleichzeitig eine Zuckerlösung.
Nach nur wenigen Durchgängen sind die Bienen auf den Duft konditioniert. Sobald sie ihn schnuppern, strecken sie ihren Rüssel heraus, weil sie erneut eine süße Belohnung erwarten – der gestreckte Rüssel ist sozusagen das Äquivalent zum Anschlagen des Spürhundes.
Die Duftwahrnehmung bei Bienen ist extrem empfindlich – da spielen sie in der Dimension von Spürhunden.“
(Peter Rosenkranz, Uni Hohenheim)
Rosenkranz selbst dressiere Bienen auf verschiedene Zigarettenmarken in seinen Studentenkursen. Mit 20 in einem kofferähnlichen Behälter fixierten Tieren könnte man an Bahnhöfen oder der Gepäckkontrolle im Flughafen nach Drogen oder Sprengstoff suchen. Das sei sogar schon in der Praxis getestet worden, sagt Rosenkranz.
Theoretische Einsatzmöglichkeiten für „Spürbienen“
Polizistin Kessler hält noch viel mehr für möglich. „Mittels der Belohnungsmethode können ganze Bienenvölker konditioniert werden“, schreibt sie in dem GdP-Artikel. Frei fliegende „Spürbienen“ könnten eine Fläche von bis zu 50 Quadratkilometern absuchen. Sie könnten mit fluoreszierenden Puder bestäubt werden, um von Drohnen gefunden zu werden. „Insbesondere zum Entdecken von Drogenplantagen oder zum Auffinden von Explosivmittel wie TNT, beispielsweise in alter Weltkriegsmunition, können die Bienen eingesetzt werden.“
Die Freiflugmethode sei aber tages-, wetter- und jahreszeitenabhängig, räumt die junge Imkerin ein. Außerdem müssten rechtliche Fragen geklärt werden – was ist, wenn die Biene einen Verdächtigen beim Beschnuppern sticht? Ist eine Biene ein zulässiges Beweismittel vor Gericht? Kessler ist trotzdem überzeugt, dass Bienen eine echte Hilfe im Polizeidienst sein können. Sie träumt von „Dienstbienenstaffeln“. „Es wäre zu schade, das Potenzial der Biene nicht zu nutzen“, schreibt sie.
Polizeigewerkschaft rät: Thema ernst nehmen
In der Gewerkschaft stößt die Idee auf Zuspruch. „Man sollte das Thema nicht belächeln“, sagt Michael Zielasko, Redakteur und Gewerkschaftssprecher. „Wir nehmen das schon ernst.“ Er habe viele positive Rückmeldungen bekommen. Für die Bundespolizei etwa könnten Bienen interessant sein – als sinnvolle Ergänzung zu Spürhunden.
Grundsätzlich kommentiere man Aussagen von Gewerkschaften nicht, teilt man hingegen bei der Bundespolizei knapp mit. Man sei nicht originär zuständig. Eine Sprecherin verweist an den Zoll.
Probleme in der Praxis
Bienen-Experte Rosenkranz hält Spürbienen in der Koffer-Version für grundsätzlich möglich, aber nicht praxistauglich. Hürden seien die kurze Lebensdauer der Insekten und das benötigte Know-How für Dressur und Einsatz. Bienen-Fahnder im Freiflug hält er für völlig illusorisch. „Wenn in der Nähe ein Rapsfeld blüht, dann werden die einen Teufel tun und Drogen suchen“, sagt er. „Die gehen dahin wo’s schmeckt.“ In der Fläche kriege man das nicht umgesetzt, allein schon, weil man die Bienen wieder finden und einfangen müsse.
„Ich halte das persönlich nicht für umsetzbar“, sagt auch der Chef der GdP in Baden-Württemberg, Hans-Jürgen Kirstein. Er könne sich nicht vorstellen, wie man Bienen handhaben könne – auch wenn man sich neuen Methoden nicht verschließen wolle.
Auch Ulrich Kinkel, Präsident des Landesverbands Württembergischer Imker, ist skeptisch. „Viele Fragen stehen da offen.“ Im Sommer würden Bienen nur wenige Wochen leben. „Es bedarf also eines ewigen Trainings“, sagt Kinkel.
Und der Zoll? „Wir haben davon gelesen und ein bisschen darüber gelächelt“, sagt Thomas Seemann, Sprecher beim Stuttgarter Zoll. Man habe in der Schwabenmetropole neun Hunde im Einsatz, die Drogen und Betäubungsmittel, aber teils auch Bargeld und Tabak erschnüffeln könnten. Seemann bezweifelt, dass man Bienen so ausbilden könne. Dabei sei der Zoll alles andere als bienenfeindlich. Auf dem Dach des Stuttgarter Hauptzollamts lebten mehrere Bienenvölker. Davon haben auch die Zollbeamten was – rund 30 Kilo „Zollhonig“ pro Jahr. (dpa)
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