Drosten warnt vor Konzept der Herdenimmunität: „Unkontrollierte Durchseuchung führt zu eskalierender Zunahme an Todesopfern“ 

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Christian Drosten, Direktor des Instituts für Virologie an der Charité in Berlin.Foto: Christophe Gateau/dpa/dpa
Epoch Times20. Oktober 2020

Der Berliner Virologe Christian Drosten und andere Kollegen stellen sich entschieden gegen Forderungen, Corona-Beschränkungen aufzuheben und gleichzeitig den Schutz besonders gefährdeter Menschen in den Mittelpunkt zu stellen.

„Mit Sorge nehmen wir zur Kenntnis, dass erneut die Stimmen erstarken, die als Strategie der Pandemiebekämpfung auf die natürliche Durchseuchung großer Bevölkerungsteile mit dem Ziel der Herdenimmunität setzen“, heißt es in einer Stellungnahme der Gesellschaft für Virologie (GfV) mit Sitz in Heidelberg, an der auch Drosten beteiligt war. Herdenimmunität bedeutet, dass ein großer Teil der Bevölkerung nach einer Infektion oder Impfung immun geworden ist, und sich das Virus dadurch nicht mehr so gut ausbreiten kann.

Virologen: Unkontrollierte Durchseuchung führt zu eskalierender Zunahme an Todesopfern

Eine unkontrollierte Durchseuchung würde zu einer eskalierenden Zunahme an Todesopfern führen, schreiben die Virologen. Denn selbst bei strenger Isolierung älterer Menschen gebe es noch weitere Risikogruppen, die viel zu zahlreich, zu heterogen und zum Teil auch unerkannt seien, um aktiv abgeschirmt werden zu können. „Ein erhöhtes Risiko für einen schweren Covid-19-Verlauf ergibt sich beispielsweise bei Übergewicht, Diabetes, Krebserkrankungen, einer Niereninsuffizienz, chronischen Lungenerkrankungen, Lebererkrankungen, Schlaganfall, nach Transplantationen und während einer Schwangerschaft.“

Laut GfV weiß man noch nicht zuverlässig, wie lange eine durch eine Infektion erworbene Immunität anhält. Das Anstreben der Herdenimmunität ohne Impfung sei unethisch sowie medizinisch, gesellschaftlich und damit auch ökonomisch hochriskant.

Great-Barrington-Erklärung: Natürliche Infektion ermöglichen, die am stärksten Gefährdeten schützen

Drosten und einige Virologen richten sich in ihrem Text gegen die sogenannte Great-Barrington-Erklärung, die drei Forscher aus den USA und Großbritannien verfasst haben. Laut einer eigenen Webseite haben bereits viele Hunderttausend Menschen die Erklärung unterzeichnet. In dem Text heißt es unter anderem: „Der einfühlsamste Ansatz, bei dem Risiko und Nutzen des Erreichens einer Herdenimmunität gegeneinander abgewogen werden, besteht darin, denjenigen, die ein minimales Sterberisiko haben, ein normales Leben zu ermöglichen, damit sie durch natürliche Infektion eine Immunität gegen das Virus aufbauen können, während diejenigen, die am stärksten gefährdet sind, besser geschützt werden.“

Streeck: „Eine faktenbasierte Ruhe bewahren“

Anders als Drosten äußerte sich kürzlich der Bonner Virologe Hendrik Streeck in einem Gastbeitrag für das „Handelsblatt“ : „Zwischen all der berechtigten Debatte, den Rufen nach ausreichend Schutz und den Bestrebungen, unsere medizinische Versorgung nicht in einen fatalen Kollaps zu führen, stehen wir als Mediziner, aber auch alle Politiker in der Verantwortung, eine faktenbasierte Ruhe bewahren.“

Wir müssten uns zudem daran gewöhnen, mit Corona zu leben. Das bedeute „auch zu akzeptieren, dass Sars-CoV-2 bei uns heimisch wird“. Todesopfer ließen sich vielleicht minimieren, aber nicht vermeiden. (dpa/dts/sza)



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