Drängel-Experimente: 1.500 Probanden „drängeln“ für die Wissenschaft
Sie tragen schwarze Kleidung und giftgrüne Kappen, auf denen ein QR-Code befestigt ist: 1500 Versuchspersonen drängeln in Düsseldorf im Dienst der Wissenschaft. In einer Halle simulieren sie vier Tage lang den Aufenthalt auf dem Bahnsteig in unterschiedlichen Situationen.
Simuliert wird der Aufenthalt auf einem Bahnsteig oder das Ein- und Aussteigen an Zugtüren. Die Forscher werden mit Kameras über ihren Köpfen die Bewegungen der Probanden aufzeichnen und Daten wie Herzschlag und Stresslevel erfassen.
Ziel sind neue Konzepte zur Steigerung der Sicherheit, des Komforts und der Effizienz in überfüllten Bahnhöfen. Die Bundesregierung fördert die Experimente mit 3,4 Millionen Euro.
Bei 36 Millionen Passagieren im öffentlichen Nahverkehr pro Tag – Tendenz steigend – gelte es, Belastungsspitzen abzufedern und die Bahnsteige baulich darauf einzustellen, sagte Prof. Armin Seyfried.
Wo sollten Bänke, Papierkörbe, Fahrpläne und Wagenstandsanzeiger stehen? Wo warten die Leute am liebsten? „Es gibt Menschen, die lieber im Gefahrenbereich nahe der Bahnsteigkante warten, als anderen zu nahezukommen. Andere fühlen sich nur mit einer Wand im Rücken wohl“, berichteten die Forscher der Universitäten Wuppertal und Bochum sowie des Forschungszentrums Jülich.
Berufspendler verhalten sich anders als Fernreisende mit Gepäck oder alkoholisierte Fußballfans. In anderen Ländern trennen Wände mit Durchlässen die Menschenmenge von den Gleisen. Dies sei in Deutschland wegen der unterschiedlichen Zugtypen nicht möglich. Auch sogenannte „Pusher“, die Menschen wie in Japan in die Züge drücken und Nachzügler fernhalten, sind im Versuchsdesign nicht vorgesehen.
Eine Lösung könnten aber Füllstandsanzeiger für die Züge sein: Wenn die Passagiere vorher wüssten, in welchen Waggons die leeren Plätze auf sie warten, könnte das Gedränge auf den Bahnsteigen entzerrt und deren volle Länge besser genutzt werden.
Acht Doktorarbeiten sollen aus den Experimenten entstehen. Wegen der Corona-Pandemie waren die Drängel-Experimente um eineinhalb Jahre verschoben worden. Nicht zuletzt könnten Maßnahmen, besonders dichtes Gedränge zu reduzieren, auch das Infektionsrisiko mindern. (dpa/dl)
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