97 Prozent Trefferquote: Software sagt Chartstürmer voraus

Dank Neurophysiologie und Maschinenlernen können kalifornische Wissenschaftler fast für jeden Song vorhersagen, ob er zu einem Hit wird – und wie oft er gestreamt werden wird.
Alt trifft neu: Kalifornische Forscher können nahezu jeden Chartstürmer vorhersagen.
Alt trifft neu: Kalifornische Forscher können nahezu jeden Chartstürmer vorhersagen. (Symbolbild)Foto: iStock
Von 23. Juni 2023

Forscher der Claremont Graduate University können mit einer Wahrscheinlichkeit von 97 Prozent Chartstürmer vorhersagen. Möglich mache die Identifikation von kommenden Hits eine Kombination von maschinellem Lernen und der Auswertung von Gehirnaktivitäten. Dies beschreiben die drei Erfinder der Technologie vom Zentrums für neuroökonomische Studien der kalifornischen Universität.

„Durch die Anwendung von maschinellem Lernen auf neurophysiologische Daten konnten wir Hits nahezu perfekt identifizieren“, so Hauptautor Paul Zak. „Dass die neuronale Aktivität von 33 Personen vorhersagen kann, ob Millionen von anderen Menschen neue Songs gehört haben, ist ziemlich erstaunlich. Nichts, was auch nur annähernd so genau ist, wurde jemals zuvor gezeigt.“

Die dazugehörige Studie veröffentlichten Zak und Kollegen am 20. Juni 2023 im Fachjournal „Frontiers in Artificial Intelligence“.

Suboptimale Streaming-Dienste

Weltweit werden jeden Tag Zehntausende Lieder veröffentlicht. Diese ständige Flut an Möglichkeiten macht es Streaming-Diensten und Radiosendern schwer, auszuwählen, welche Lieder sie verbreiten sollen. Um diejenigen vielversprechenden Lieder zu finden, setzen sie daher auf Testhörer und andere Analyseverfahren. Dennoch entwickelt sich nur etwa jeder zweite so ausgewählte Song zu einem Hit. Ein rein statistisches Verfahren komme laut den Forschern nur auf knapp 70 Prozent.

Für das neue Verfahren statten Zak und Kollegen die Studienteilnehmer mit handelsüblichen Sensoren aus. Anschließend spielten sie ihnen 24 Lieder vor, während sie die neurophysiologischen Reaktionen der Teilnehmer maßen. In Kombination mit demografischen Daten sowie Informationen über die Vorlieben der Teilnehmer konnten die Forscher anschließend „Marktergebnisse, einschließlich der Anzahl der Streams eines Liedes“, vorhersagen.

Vorhersage der unbewussten Reaktionen

„Die Gehirnsignale, die wir sammelten, spiegeln die Aktivität eines Gehirnnetzwerks wider, das mit der Stimmung und dem Energieniveau in Verbindung steht“, erklärt Zak.

Der verfolgte Ansatz heißt Neuroforecasting und ermöglicht die Vorhersagen basierend auf den Daten weniger Probanden. Dabei wird die neuronale Aktivität einer kleinen Gruppe von Menschen erfasst, um Auswirkungen für die gesamte Bevölkerung zu prognostizieren, ohne die Gehirnaktivitäten Hunderter Menschen messen zu müssen.

Entscheidend sei vor allem die Reaktionen auf die erste Minute des Liedes. Allein anhand dieser Daten konnten die Forscher mit einer Erfolgsquote von 82 Prozent vorhersagen, welches Lied die Charts stürmt und welches floppt. Unabhängig von der mehr oder weniger genauen Hit-Vorhersage deutet dies darauf hin, dass der Anfang eines Songs eine entscheidende Rolle bei der Bestimmung seiner Popularität spielt.

Chartstürmer am laufenden (Ton-)Band

Der gesamte Datensatz verbesserte die Trefferquote sogar auf 97 Prozent und konnte damit einerseits im Vergleich mit dem bisher üblichen Verfahren die Genauigkeit verdoppeln. Andererseits gelang es den Forschern, nahezu jeden Hit korrekt vorherzusagen.

Vorausgesetzt, ein Radiosender spielt jede Viertelstunde drei verschiedene Lieder, waren früher ein bis zwei Fehlgriffe dabei. Mit der neuen Methode würde es jetzt fast vier Stunden dauern, bis der erste Flop gespielt würde. Ob dadurch die musikalische Vielfalt im Radio zu- oder abnimmt, bleibt abzuwarten.

(Mit Material von pressetext)



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