Forscher schlagen Alarm: Genmanipulierte Moskitos breiten sich in Brasilien aus

Oxitec - ein englisches Unternehmen - erschuf genmanipulierte Stechmücken. Dabei wurde das Risiko in kauf genommen: durch unkontrollierte Kreuzungen, eine neue Art Mücke zu erschaffen. Der Einsatz von Millionen genetisch veränderter Gelbfiebermücken begann 2013. Der anfängliche Segen wurde zu einem unkontrollierbaren Experiment, dessen Folgen unberechenbar sind.
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Die blutrünstigen Krankheitsüberträger
Von 14. September 2019

Hautausschlag, Fieber sowie Kopf-, Gelenk- und Muskelschmerzen. Die Ausbreitung von Infektionskrankheiten wie Dengue, Zika und Gelbfieber verursachen viel Leid. Besonders gefährlich ist das Zika-Virus für schwangere Frauen, da dadurch Fehlbildungen bei Neugeborenen auftreten können.

Der Zika-Virus kann weder durch einen Impfstoff noch durch medikamentöse Prophylaxen eingedämmt werden.  Daher konzentrierten sich die Wissenschaftler auf die Behandlung des Überträgers:  die weibliche Stechmücke.

Im Jahr 2013 entschloss sich das Gesundheitsministerium Brasiliens dazu, wöchentlich 450.000 genmanipulierte männliche Moskitos im nördlichen Teil Brasiliens freizulassen.

Zwei Städte mit jeweils rund 3.000 Einwohnern waren Teil des Projekts. Das Experiment dauerte ungefähr 27 Wochen. 18 Monate danach, wurde deutlich: die Versuche sind fehlgeschlagen. Die Moskito-Population war wieder auf sein ursprüngliches Volumen angestiegen. Ebenso wurde eine genetische Veränderung im Genom der freilebenden Gelbfiebermücken entdeckt.

Risiken waren vor Beginn an bekannt

Durch die genetische Veränderung wurde anfänglich die Gelbfiebermücke Aedes aegypti um rund 90 Prozent reduziert. Es schien als sei alles nach Plan verlaufen. Die Nachkommen waren sichtlich weder in das geschlechtsreife Alter gekommen noch schienen diese stark genug, um sich fortzupflanzen.

Erst als Forscher, der Universität Yale, regionale Stichproben untersuchten, wurde das Ausmaß der Manipulation durch die Forschung aufgedeckt. Je nach Probe zeigte sich eine Mutation in der Genetik. Die Genveränderung namens OX513A habe sich demnach bei 10 bis 60 Prozent der einheimischen Moskitos eingeschlichen. Das Eindringen dieser Genveränderung sei unerwartet, doch von Beginn an nicht unmöglich gewesen.

Im Laborversuch zeigte sich vorab, dass ungefähr drei bis vier Prozent der Nachkommen, durchaus das Erwachsenenalter erreichen konnten. Der brasilianische Biologe José Maria Gusman Ferraz äußerte sich in der Zeitung „Folha de S. Paulo“ wie folgt:

Die Aussetzung wurde überstürzt vorgenommen, ohne dass einige Punkte geklärt waren.“

Das Forschungsinstitut Testbiotech betonte:

Die langfristigen Folgen bezüglich einer Verbreitung von Krankheiten, der Vermehrung der Mücken und der Wechselwirkungen mit der Umwelt können nicht abgeschätzt werden.

„Der Zweck heiligt die Mittel“ – Experiment mit unklaren Folgen

Ob und welche Folgen der Eingriff in die Genetik zukünftig haben wird, ist unklar. Das Team von der Yale Universität gab zu bedenken, dass durchaus die Übertragung des veränderten Erbguts eine Insektizid resistente Spezies hervorbringen könnte. Dazu hieß es:

Diese Ergebnisse zeigen, wie wichtig ein Überwachungsprogramm bei der Aussetzung gentechnisch veränderter Organismen ist, um nicht erwartete Folgen festzustellen.“

Testbiotech Mitarbeiter Christoph Then, beschäftigt sich seit 20 Jahren mit Gen- und Biotechnologie. Er würde Folgeschäden nicht ausschließen. Schlimm wären solche, die weder durch Versicherungen abgedeckt werden könnten, noch mittels Notfallmaßnahmen korrigierbaren wären. Daher Thens Appell:

Dieser Vorfall muss Folgen für den weiteren Einsatz der Gentechnik haben. Die Verhinderung einer Ausbreitung von Gentechnik-Organismen in natürlichen Populationen muss in Zukunft höchste Priorität haben.“

Um erfolgreicher zu sein, soll Oxitec einen Strategiewechsel vorgenommen haben. Demnach habe an der Generation 2.0 eine weitere genetische Veränderung stattgefunden. Somit würden lediglich die weiblichen Nachkommen nicht lebensfähig sein. Die Kreuzung zwischen genetisch veränderter Männchen und der natürlich vorkommenden Weibchen könnte Teil des neuen Programms gewesen sein.

Mittlerweile scheint die Idee, Gentech-Mücken als eine von mehreren Bekämpfungstrategien einzusetzen, fragwürdig zu sein, da unter anderem auch die Langzeiterfolge ausbleiben. Im Falle des Dengue-Virus, gäbe es zum Vorjahr einen Anstieg um 599,5 Prozent. Das ergibt 1,4 Millionen Infizierte, dies teilte das Gesundheitsministerium des südamerikanischen Landes am Mittwoch mit. Diesjährig verstarben 591 Menschen an den Folgen vom Dengue-Virus, welcher ebenfalls  die Stechmücke als Überträger nutzt. Im gleichen Zeitraum waren es 2018 noch 141 Todesfälle gewesen.



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