Forscher machen verloren geglaubte Fotos wieder sichtbar
Fotos sind nicht nur schöne handfeste Erinnerungen, sondern auch ein Stück überlieferte Geschichte. Während sie früher entwickelt wurden, werden sie heute aufgrund der fortgeschrittenen Technik vor allem digital aufbewahrt – was seine Vor- und Nachteile hat.
Der unschlagbare Vorteil ausgedruckter Bilder war die stromlose Erreichbarkeit und ihre Aufbewahrung in selbst gestalteten einzigartigen Fotoalben. Doch vor allem der Zahn der Zeit nagte an ihnen, sodass sie bei falscher Lagerung langsam unkenntlich wurden oder zerfielen. Kanadische Forscher der University of Western Ontario haben dafür nun eine Lösung gefunden und Unsichtbares wieder sichtbar gemacht.
Jedes Element ist aufspürbar
Mit ihrer neu entwickelten Synchrotron-Bildgebungstechnik können die Chemiker um Prof. Tson-Kong Sham Bilder von alten, stark angeschlagenen Fotografien erstellen. Speziell geht es um korrodierte Daguerreotypien – die früheste Form von Fotografien. Das fotografierte Objekt wurde nicht wie heute auf Papier gedruckt oder digital gespeichert, sondern auf eine spiegelglatt polierte, versilberte Kupferplatte geätzt.
Nach fast 200 Jahren sind viele dieser Fotos schließlich so stark beschädigt, dass das ursprüngliche Bild nicht mehr erkennbar ist. Mit ihrer neuen Technik können die Forscher sogar die am stärksten beschädigten und somit verloren geglaubten Fotos wieder erkennbar machen. Laut den Forschern gehen die Anwendungsmöglichkeiten sogar noch weiter: „Diese Technik kann in allen Bereichen der Wissenschaft eingesetzt werden – von der Untersuchung von Geweben bis hin zur Materialwissenschaft“, so Sham.
Verwendet haben Sham und seine Kollegen Synchrotron-Röntgenstrahlung, die jedes Element aufspüren und herausfinden kann, wie seine chemische Umgebung aussieht. Dieser Einblick ist so detailliert, dass sogar Schicht für Schicht abgebildet werden kann.
Wenn es um die Erhaltung von Antiquitäten geht, könnte die Forschung also eine entscheidende Rolle spielen – insbesondere bei der Untersuchung von Artefakten oder Fossilien, deren Oberfläche stark beschädigt ist.
150 Jahre alte, einzigartige Fotos
Im Rahmen ihrer Studie entdeckten die Forscher Bilder eines Mannes und einer Frau, die in der Mode der 1850er-Jahre gekleidet waren, sowie eines Babys, das in Decken eingewickelt war. Diese Daguerreotypien gehören privaten Sammlern sowie der National Gallery of Canada und waren stark beschädigt. Langsamer Verfall in Verbindung mit Reinigungsversuchen könnte die Ursache für das Korrodieren gewesen sein. Solange die Partikel unter der Korrosion jedoch noch intakt sind, besteht Hoffnung auf eine Rettung.
„Am aufregendsten ist es, Bilder wiederzuentdecken, die für immer verloren schienen“, sagte Sham. „Wir bekommen einen Einblick in das Leben der Menschen im 19. Jahrhundert, den wir sonst nicht bekommen hätten, und lernen etwas über ihre Geschichte und Kultur.“ Jede Daguerreotypie ist einzigartig, denn es gibt keine Negative.
Doch zu viele Röntgenstrahlen können die Relikte auch indirekt schädigen, wie die Forscher feststellen mussten. „Röntgenstrahlen beschädigen Metalle normalerweise nicht sichtbar, daher dachte ich nicht, dass sie die Platten beeinträchtigen würden. Vielleicht wurden chemische Verunreinigungen oder die Korrosion selbst auf der Daguerreotypie erhitzt und hinterließen einen kleinen Fleck, durch den das Licht des Röntgenstrahls drang“, so Sham.
Die Daguerreotypie
Mit der Daguerreotypie wurde offiziell die Geburt der Fotografie eingeleitet. Eine Weltneuheit, denn zusammen mit der 1922 entwickelten Heliografie waren diese Verfahren erstmals in der Lage, dauerhafte Fotos zu erzeugen.
Weil diese komplexe Fotografie neu und dadurch sehr preisintensiv war, stammten die Auftraggeber solcher Aufnahmen häufig aus der Oberschicht. Dennoch griff das Fotografie-Fieber um sich und immer neuere Raffinessen wurden entwickelt. Im Vergleich zur heutigen Fotografie erscheint jenes Verfahren aus dem 19. Jahrhundert außergewöhnlich.
Wer hat sie erfunden?
Namensgeber der Daguerreotypie ist der französische Maler Louis Jacques Mandé Daguerre (1787–1851), der zusammen mit seinem Landsmann und Physiker François Arago das Verfahren entwickelte. Für seine bahnbrechende Erfindung erhielt Daguerre fortan lebenslange Rente von der französischen Regierung.
Wann wurde das Verfahren angewendet?
Die beiden Entwickler präsentierten ihre Erfindung am 19. August 1839 in einer Sitzung der Pariser Akademien der Wissenschaften und der schönen Künste. Für etwa 25 Jahre war die Daguerreotypie das vorherrschende Verfahren, bis die Kollodium-Nassplatte und die Albuminpapiere sie ablösten.
Welches Equipment wird dafür benötigt?
Um ein Foto aufzunehmen, brauchte ein Fotograf im 19. Jahrhundert neben einer klassischen Plattenkamera und dem passenden „Film“ auch bestimmte Chemikalien, um die Platten für die Aufnahme vorzubereiten und schließlich das Foto zu entwickeln.
Welche Chemie steckt hinter dem Verfahren?
Die Platten benötigten zwingend einen Silberanteil, da die Daguerreotypie mit der Lichtempfindlichkeit von Silberhalogeniden arbeitet. Sobald Licht auf die Platte trifft, legen sich die Silberhalogenide als Niederschlag darauf und bilden das fokussierte Objekt ab.
Wie werden die Platten hergestellt?
Die Platten wurden zunächst von Goldschmieden hergestellt und bestanden aus reinem Silber. Zwar erzielten Fotografen mit ihnen die besten Ergebnisse, allerdings waren sie viel zu teuer. Deshalb ging man später zu versilberten Kupferplatten über.
Aufgrund des Materials hatten die Fotos für gewöhnlich einen hellgrauen bis blaugrauen Ton. Durch die 1840 erfundene Technik der Goldtonung konnten Aufnahmen nachträglich eine goldgelbe Farbe erhalten.
Damit die Platte einsatzfähig ist, musste sie als erstes gründlich mit einem weichen Tuch sowie einem Pulver und Öl spiegelglatt poliert werden. Danach wurde sie mit giftigen Chemikalien wie Jod, Brom oder Chlor – Sie gehören chemisch zu den sogenannten Halogenen – bedampft, um sie lichtempfindlich zu machen. Die vorbehandelte Platte musste dann, vor Licht und Sauerstoff geschützt, gelagert und innerhalb von 48 Stunden verwendet werden.
Wie wird fotografiert?
Nachdem die Platte präpariert war, wurde sie in das dunkle und luftdichte Plattenfach der Kamera eingeschoben. Nun konnte die Kamera auf das zu fotografierende Objekt gerichtet werden.
War der Fotograf mit der Anordnung zufrieden, entfernte er die Kappe des Objektivs, sodass das Licht auf die im inneren befindliche Platte treffen konnte und sich das Motiv auf ihr „einprägte“ – ein mehr oder weniger zeitaufwendiger Prozess.
Zunächst dauerte die Belichtungszeit 15 bis 30 Minuten, weshalb sich das Verfahren noch nicht für die Aufnahme von Menschen eignete. Im Jahr 1842 mussten die Porträtierten nicht mehr ganz so lange still halten, denn die Belichtungszeit dauerte nur noch zehn bis 60 Sekunden.
Wie werden die Fotos entwickelt?
Nach der Aufnahme wurde die Platte aus der Kamera entfernt und über eine Schale mit Quecksilber gelegt. Dieses flüssige Metall wurde schließlich erhitzt und der giftige Dampf brachte das Bild auf der Platte zum Vorschein. Um die Aufnahme dauerhaft haltbar zu machen, wurde die Platte zusätzlich in ein Bad mit Natriumhyposulfat gelegt. Am Ende des Prozesses säuberte der Fotograf die Platte mit destilliertem Wasser und trocknete sie.
Wie muss ein Foto aufbewahrt werden?
Da der Silberniederschlag sehr empfindlich ist, musste das Foto auf der Metallplatte vor dem Zerkratzen und dem Korrodieren geschützt werden. Deshalb fassten die Fotografen das mit einem oft vergoldeten Passepartout versehene Bild in einen Metallrahmen ein und schlossen es luftdicht mit einer Glasscheibe ab. Porträts erhielten zusätzlich oft ein Dekor aus Samt, Plüsch oder Leder. Fertig waren die zwar seitenverkehrten, aber ersten Fotos.
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