Forscher kritisieren Quarantäne auf Kreuzfahrtschiff in Japan: Viele Infektionen waren vermeidbar
Japans umstrittene Quarantäneanordnung an Bord des Kreuzfahrtschiffes „Diamond Princess“ hat nach Erkenntnis von Forschern zu vermeidbar vielen Infektionen mit dem neuen Coronavirus geführt.
„Die Infektionsrate an Bord des Schiffes war rund vier Mal höher als was wir an Land in den am schlimmsten infizierten Gebieten Chinas sehen können“, erklärte Joacim Rocklöv, Professor für Epidemiologie an der schwedischen Umeå Universität.
Hätte Japan die anfangs 3700 Passagiere und Crewmitglieder sofort nach Ankunft von Bord gelassen, wären nicht so viele Menschen mit dem Erreger infiziert worden. Zu diesem Schluss kamen Rocklöv und seine Kollegen in einer im „Journal of Travel Medicine“ veröffentlichten Studie.
Japans Regierung hatte das Schiff zwei Wochen bis zum 19. Februar im Hafen der Tokioter Nachbarstadt Yokohama unter Quarantäne gestellt. Anlass dafür hatte ein 80-Jähriger aus Hongkong gegeben, der positiv auf das Virus getestet worden war. Der Senior war am 20. Januar in Yokohama zugestiegen und fünf Tage später in Hongkong von Bord des Kreuzfahrtschiffes gegangen.
Ein möglicher Grund für die besonders starke Ausbreitung des Virus an Bord sei die große räumliche Nähe der Menschen zueinander. Als die Quarantäne aufgehoben wurde und Passagiere von Bord konnten, seien 619 Passagiere infiziert gewesen. „Wäre das Schiff sofort bei Ankunft in Yokohama evakuiert worden und hätte man sich um die Passagiere, die positiv auf das Coronavirus getestet wurden sowie um potenziell andere in der Risikozone gekümmert, hätte das Szenario ziemlich anders ausgesehen“, schreiben die Forscher. Nach Kalkulation der schwedischen Forscher hätten sich lediglich rund 70 Passagiere infiziert, hieß es.
Zwar sei die Maßnahme der japanischen Regierung, vorsorglich das gesamte Schiff unter Quarantäne zu stellen „verständlich“ gewesen. Doch angesichts des hohen Risikos einer Übertragung des Virus auf dem Schiff sei die Entscheidung Japans nun „fragwürdig“, meinte Rocklöv. Inzwischen sind bei mehr als 700 Passagieren und Crewmitgliedern des Kreuzfahrtschiffes Infizierungen festgestellt worden. Sechs Menschen von Bord des Schiffs sind bereits gestorben, darunter auch ein Brite. (dpa)
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