Es wird immer kleiner: Nanoplastik aus der Waschmaschine
Seit einigen Jahren ist bekannt, dass Gebrauchsgegenstände aus Kunststoff und Kleidung aus Kunstfasern Mikroplastik freisetzen. Diese Partikel mit einer Größe von unter fünf Millimetern gelangen unbemerkt in die Umwelt und nicht selten in die Nahrungskette. Denn neben Mikroplastik gibt es eine Menge an Partikeln, die sich im Nanometerbereich wiederfinden.
Dieses Nanoplastik ist vermehrt Gegenstand intensiver Forschungen, da sie aufgrund ihrer geringen Größe in den menschlichen Körper aufgenommen werden können. Was danach mit ihnen passiert, ob und wie diese eine Gefahr darstellen, ist jedoch noch wenig bekannt.
Forscher um Bernd Nowack von der Schweizer Eidgenössischen Materialprüfungs- und Forschungsanstalt, kurz „Empa“, haben nun zusammen mit Kollegen aus China speziell Nanopartikel aus Textilien unter die Lupe genommen. Das hat einen gewichtigen Grund: Schätzungen zufolge gelangen jedes Jahr 200.000 bis 500.000 Tonnen Mikroplastik aus Textilien in die Umwelt. Diese Menge entspricht neun Prozent der weltweiten jährlichen Mikroplastik-Emissionen.
Der Schein trügt
Bereits in früheren Studien konnten die Schweizer zeigen, dass beim Waschen von Polyester Mikro- und Nanoplastik freigesetzt wird. Eine neue Untersuchung der freigesetzten Nanopartikel hat zudem ergeben, dass nicht alles, was auf den ersten Blick nach Nanoplastik aussieht, auch tatsächlich Nanoplastik ist.
Zu einem beträchtlichen Teil handelte es sich stattdessen um Klumpen von sogenannten Oligomeren. Das sind kleine bis mittelgroße Moleküle, die eine Zwischenstufe zwischen den langen verketteten Polymeren und ihren Monomeren darstellen. Erstere bilden die Kunstfasern, letzteres sind die molekularen Einzelbausteine. Somit sind die ausgewaschenen Teilchen vielfach noch kleiner als Nanoplastik-Partikel, wobei auch über ihre Toxizität kaum etwas bekannt ist.
Für die Studie haben die Forscher zwölf unterschiedliche Polyesterstoffe untersucht, darunter Mikrofaser, Satin und Jersey. Die Stoffproben wurden bis zu viermal gewaschen und die dabei freigesetzten Nanopartikel analysiert und charakterisiert. Keine einfache Aufgabe: „Plastik, vor allem Nanoplastik, ist überall, auch an unseren Geräten und Utensilien. Bei Nanoplastik-Messungen müssen wir dieses ‚Hintergrundrauschen‘ berücksichtigen“, erklärt Nowack.
Alkoholbad für Nanoplastik
Um Nanoplastik von Oligomerklumpen zu unterscheiden, nutzten die Forscher ein Bad aus Ethanol. Plastikstückchen, egal wie klein sie sind, lösen sich darin nicht auf – Ansammlungen von Oligomeren dagegen schon. Das Ergebnis: Rund ein Drittel bis knapp 90 Prozent der beim Waschen freigesetzten Nanopartikel lösten sich in Ethanol auf. „Dadurch konnten wir zeigen, dass nicht alles, was im ersten Moment nach Nanoplastik aussieht, auch Nanoplastik ist“, sagt Nowack.
Ob die Freisetzung von nanopartikelgroßen Oligomeren beim Waschen von Textilien negative Auswirkungen auf Mensch und Umwelt hat, ist jedoch nicht klar. „Bei anderen Kunststoffen haben Studien bereits gezeigt, dass diese Oligomere toxischer sind als Nanoplastik“, sagt Nowack. „Das ist ein Hinweis, dass man das genauer untersuchen sollte.“
Mit 46 Milliarden Teilchen pro Gramm lösten sich aus mit Schere geschnittenem Mikrofasertuch die wenigsten Partikel. Fast 20-mal mehr setzte mit Laser geschnittener Satin frei: bis zu 890 Milliarden Teilchen pro Gramm. Die meisten Teilchen maßen dabei zwischen 100 und 200 Nanometer.
Die durchschnittlich freigesetzte Masse an Nanopartikeln schwankte ebenfalls stark: Ein Gramm lasergeschnittene Textilproben setzten 0,2 mg (Jersey) bis 1,2 mg (Satin) Partikel unter einem Mikrometer Größe frei. Ein Gramm scherengeschnittene Proben ergab 0,1 mg (Plain) bis 1,6 mg (Satin) Nanopartikel.
Insgesamt zeigte sich den Materialforschern jedoch ein ausgewogenes Bild, da weder eine bestimmte Stoffart noch eine spezielle Schnittmethode besonders auffällige Mengen an Plastikpartikeln erzeugten. Das Gleiche galt für die verwendeten Garntypen. Gewebeart, Schnittmethode und Garn beeinflussten lediglich die Größe der Partikel, wobei sich Gesamtmenge und -masse jedoch nur unwesentlich unterschieden.
Sind Alternativen für Polyestertextilien gesünder?
Auch der Mechanismus der Freisetzung ist noch nicht geklärt – weder für Nanoplastik noch für die Oligomerpartikel. Die erfreuliche Nachricht ist, dass die Menge der freigesetzten Partikel mit wiederholten Waschgängen stark abnimmt. Denkbar sei somit, dass die Oligomerpartikel bei der Herstellung des Textils entstehen oder sich durch chemische Prozesse bei der Lagerung von den Fasern abspalten. Hierzu sind wiederum weitere Studien notwendig.
Nowack und sein Team wollen sich künftig jedoch vorerst wieder größeren Partikeln widmen. In einem nächsten Projekt wollen sie untersuchen, welche Fasern beim Waschen von Textilien aus nachwachsenden Rohstoffen freigesetzt werden und ob diese die Umwelt und die Gesundheit belasten könnten.
„Halbsynthetische Textilien wie Viskose oder Lyocell werden als Ersatz für Polyester angepriesen“, sagt Nowack. „Aber wir wissen noch gar nicht, ob sie wirklich besser sind, wenn es um die Freisetzung von Fasern geht.“
Die Studie erschien am 08. Februar 2024 in der Zeitschrift „Nature Water“.
vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.
Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.
Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.
Ihre Epoch Times - Redaktion