„Engelsinsel“ für Flüchtlinge in San Francisco macht Besucher nachdenklich

Der spanische Leutnant Juan Manuel de Ayala landete 1775 hier vor San Francisco und nannte sie „Insel der Engel“. Vielen mögen Engel bei der Einreise in die USA geholfen haben.
Titelbild
Zwischen 1910 und 1940 sind etwa 175.000 Chinesen als Immigranten hier vor San Francisco auf dem Angel Island vorübergehend aufgenommen worden.Foto: Justin Sullivan/Getty Images
Von 27. Juli 2015

Während Europa unter der Last der Flüchtlingsströme stöhnt, die USA auch nicht wissen, wie sie im Süden an der Grenze zu Mexiko der Immigrantenströme Herr werden können, berichtet unsere Korrespondentin von vergangenen Zeiten, als San Francisco alle Mühe hatte, die vorwiegend asiatischen Einwanderer unterzubringen.  

SAN FRANCISCO – Lieblich am Eingang der Bucht gelegen, befindet sich Angel Island, zu Deutsch ‚Engelsinsel’, die heutzutage als Touristenziel bekannt ist. Von 1910 bis 1940 diente sie als Aufenthaltslager für Einwanderer, die vorwiegend aus dem asiatischen Raum kamen.

Die Bootsfahrt von der Hafenanlage San Franciscos zur Insel ist kurz und imposant. Während der Hochhäuserhorizont in den Hintergrund rückt, erscheinen die Bay Brücke zur Linken und die Golden Gate Brücke zur Rechten. Die meisten Einwanderer, die vor 100 Jahren nach Angel Island kamen, stammten aus China.

Die Fähre steuert jene Bucht der Insel an, wo im August 1775 zum ersten Mal ein Europäer, der spanische Leutnant Juan Manuel de Ayala, landete und sie „Insel der Engel“ nannte. Vielen Einwanderern mögen Engel geholfen haben; Hunderttausenden wurde die Einreise in die USA gewährt.

Der Spaziergang von der Bucht zur Einwandererstation bietet inspirierende Ausblicke auf Marin County, die Gegend nördlich von San Francisco. Manche Einwanderer jedoch wurden abgewiesen und zurückgeschickt, wenn sie die detaillierten Fragen der Behörden nicht befriedigend beantworten konnten.

Ängste und Hoffnungen der Einwanderer

Einige schlichte Gebäude der Station sind erhalten geblieben und dienen heute als Museum. Die Einwanderer wurden in Baracken gehalten und verbrachten die meiste Zeit damit, auf medizinische Untersuchungen und Befragungen zu warten.

Nebst Touristen besuchen auch Einheimische, wie zum Beispiel Schulklassen, diesen bedeutungsträchtigen Ort. Eine Lehrerin, deren Grosseltern vom Süden Chinas via Angel Island nach San Francisco kamen, sagte: „Hierher zu kommen, macht mich jedes Mal demütig.“

Am Eingang des Museums bittet sie die Jungen, sich auf die rechte Seite der Treppe und die Mädchen, sich auf der linke Seite zu setzen. Nach tagelangen Fahrten in überfüllten Schiffen wurden Männer und Frauen nach der Ankunft auf Angel Island getrennt und in separaten Baracken gehalten.

Der Parkaufseher bittet die Besucher und insbesondere alle Schülergruppen, die in die Wände eingravierten Schriftzeichen nicht zu berühren. Die Immigranten brachten ihre Ängste und schwindenden Hoffnungen in Form von Gedichten zum Ausdruck, welche sie in die Barackenwände eingravierten.

„Wie können wir unseren Herzenswunsch erfüllen?“

Die Schülerinnen und Schüler erhalten den Auftrag, eines der Gedichte abzuschreiben und eine Notiz an Neuankömmlinge oder selbst ein Gedicht zu schreiben. Ein Gedicht an einer der Barackenwände lautet: „Wolken und Hügel rundherum, eine einzige frische Farbe; /Zeit entschwindet und kann nicht wieder gefasst werden. / Das Gefühl von Frühling ist zwar überall, / Wie können wir unseren Herzenswunsch erfüllen?“

Nachdem Sriram Mahadevan, ein Software-Ingenieur aus Indien, Angel Island besucht hatte, sinnierte er, dass Leute auswanderten, „wegen Verfolgungen, Veränderung und unterschiedlichen Weltauffassungen. Und weil diese Leute anders denken, müssen sie anderswo hinziehen, wo sie eine Umgebung finden, die ihrem Denken entspricht, und wo sie Freiheit finden.“

Teil eines Gedichtes mit chinesischen Schriftzeichen auf der Wand im Haus der Einwanderer auf Angel Island.Teil eines Gedichtes mit chinesischen Schriftzeichen auf der Wand im Haus der Einwanderer auf Angel Island.Foto: Justin Sullivan/Getty Images

Mahadevan, der 2011 in die USA kam, fühlte sich von den Gedichten sehr angesprochen: „Was mich am meisten berührte, waren die Gedichte – die Tiefe jener Gedichte. Diese Leute waren nicht bloß Durchschnittsleute; sie waren wahrscheinlich Intellektuelle, Leute, die das Leben sehr viel tiefgründiger verstehen als viele andere.“

Auch die Schülerinnen und Schüler waren bewegt. Eine Schülerin, deren Mutter aus Vietnam geflohen war, schrieb: „Angel Island zeigt wirklich die Mühsale, auf welche die Einwanderer trafen, und dass wir heute viel Glück haben.“

Eine Schülerin chinesischer Herkunft, die in den USA geboren ist, gab die folgende Rückmeldung: „Ich erwartete, dass es langweilig sein würde, doch ich war wirklich schockiert, wie viel Geschichte ich lernte. Angel Island hat mich ganz besonders beeindruckt. Geschichte steht hier – im wahrsten Sinne des Wortes – an die Wände geschrieben.“

Eine Informationstafel illustriert unterschiedliche Stilmittel, welche in den chinesischen Gedichten an den Wänden der ehemaligen Einwandererstation zu finden sind.Eine Informationstafel illustriert unterschiedliche Stilmittel, welche in den chinesischen Gedichten an den Wänden der ehemaligen Einwandererstation zu finden sind.Foto: Cornelia Ritter/Epoch Times

http://www.angel-island.com/history.html

http://angelisland.org/history/the-spanish-era/



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