Einzigartiger eisenzeitlicher Rindenschild gibt Einblick in prähistorische Technologie
Dieser Rindenschild ist der einzige seiner Art, der bislang in Europa gefunden wurde. 2015 entdeckten Archäologen der University of Leicester Archaeological Services (ULAS) den Schild südlich von Leicester in einer Grube. Dieses Gebiet nutzten die eisenzeitlichen Menschen vermutlich bereits für Ackerbau und Viehzucht, wie Siedlungsfunde beweisen. Zudem befindet sich ganz in der Nähe eine antike römische Straße.
Wenige Zeit nach der Entdeckung analysierte Michael Bamforth an der University of York die Konstruktion der prähistorischen Schutzwaffe. Dabei stellte der Archäologe fest, dass der Rindenschild sorgfältig mit Holzleisten ausgestattet war, um ihn zu verstärken. Außerdem besaß der 67 x 37 Zentimeter große Schild einen durch Holz verstärkten Rand und eine gewebte Nabe zum Schutz des Holzgriffs.
Kriegswaffe statt Geschirr: Ein mehr als 2.000 Jahre alter, bemalter Rindenschild
Detaillierte Analysen zeigen, dass die Rinde entweder von Erle, Weide, Pappel, oder Haselnuss stammt, wobei die Innenseite der Rinde die Außenseite des Schilds bildet. Die Holzleisten sind aus Apfel, Birne, Quitte oder Weißdorn gefertigt, während der Rand ein halb gespaltener Haselnussstab war. Weiterhin stammt die Nabe aus Weidenkernholz und der Griff aus Weidenrundholz.
Obwohl frühere Beweise gezeigt haben, dass prähistorische Menschen Rinde zur Herstellung von Schalen und Kisten verwendeten, ist dies das erste Mal, dass Forscher das Material an einer Kriegswaffe sehen.
Weiterhin entdeckten die Archäologen, dass die Außenseite des Schildes bemalt und mit einem roten Schachbrettmuster verziert war. Die Radiokohlenstoffdatierung ergab, dass die Waffe zwischen 395 und 255 vor Christus hergestellt wurde.
Starke Spuren der Zerstörung
Weiterhin konnten die Archäologen nachweisen, dass der Schild bereits vor der Niederlegung im Boden stark beschädigt war. So stammt ein Teil der Schäden wahrscheinlich von den Spitzen von Speeren und Lanzen, sowie von Schwertern. Weitere Analysen sollen folgen, um zu klären, ob die Beschädigungen im Kampf oder als Akt der rituellen Zerstörung geschehen sind.
Michael Bamforth, vom Department of Archaeology der University of York, sagte in einer Mitteilung: „Dieses wirklich erstaunliche und unvergleichliche Artefakt hat uns einen Einblick in die prähistorische Technologie gegeben, den wir nie hätten ahnen können.“
„Obwohl wir wissen, dass Rinde viele Verwendungsmöglichkeiten hatte, einschließlich der Herstellung von Behältnissen, bleibt von ihr nach Tausenden von Jahren selten etwas übrig. Ursprünglich dachten wir auch nicht, dass Rinde stark genug sein könnte, um als Schild zur Verteidigung gegen Speere und Schwerter verwendet zu werden. Eine Verwendung für den zeremoniellen Gebrauch erschien uns sinnvoller.“
Experimente bewiesen Funktionstüchtigkeit
Im Frühjahr 2018 wagten sich die Archäologen an einen exakten Nachbau der Waffe. Innerhalb von zwei Tagen fertigten sie ähnliche Schilde mit Produkten aus Mischwald mit einem einfachen Werkzeugsatz. Um den Aufbau und die Funktionstüchtigkeit zu verstehen verwendeten die Archäologen verschiedene hochmoderne Techniken, einschließlich CT-Scans und 3D-Druck.
„Erst durch Experimente wurde uns klar, dass der Schild robust genug sein könnte, um vor Schlägen durch Metallwaffen oder Pfeilen zu schützen. Obwohl ein Rindenschild nicht so stark ist wie einer aus Holz oder Metall, war er viel leichter und würde dem Benutzer viel mehr Bewegungsfreiheit geben“, so Bamforth.
Dr. Rachel Crellin, Dozentin für späte Vorgeschichte an der University of Leicester, sagte: „Als ich den Schild zum ersten Mal sah, war ich absolut begeistert von ihm: von der komplexen Struktur, den sorgfältigen Dekorationen und dem schönen Schildbuckel. Ich muss zugeben, dass ich anfangs skeptisch war, ob der Schild effektiv funktioniert hätte. Aber die Experimente zeigten, dass der Schild sehr effektiv war.“
„Einer der wunderbarsten, international bedeutendsten Funde“
Der Schild wurde nun vom York Archaeological Trust konserviert und im British Museum hinterlegt.
„Dies ist ein absolut phänomenales Objekt, einer der wunderbarsten, international bedeutendsten Funde, die ich in meiner Karriere gesehen habe“, sagte Dr. Julia Farley, Kuratorin der britischen und europäischen Eisenzeitsammlung am British Museum
„Rinden- und Korbmachergegenstände waren wahrscheinlich im alten Großbritannien alltäglich, aber sie überleben selten, sodass es ein großes Privileg ist, diesen Schild studieren zu können. Es enthält einen reichen Fundus an Informationen über die Gesellschaft der Eisenzeit und die handwerklichen Praktiken.“ (ts)
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