Die ganze Wahrheit über den ANC (Teil 1): „Freiheits-Charta“ und das „Massaker von Sharpeville“
Schon Jahrzehnte vor Mandelas Machtübernahme wurde der ANC („African National Congress“) zu einer Befreiungsbewegung hochstilisiert, deren selbstloses Ziel es angeblich war, Frieden und Gerechtigkeit für alle und ein neues demokratisches System in Südafrika einzuführen. Die Gewalttätigkeiten und Terrorakte dieser Organisation wurden einer ahnungslosen Weltöffentlichkeit als die verzweifelten Schritte einer Gruppe idealistischer schwarzer Nationalisten vorgestellt, die keinen anderen Ausweg aus der Unterdrückung des „unmenschlichen Apartheidsystems“ mehr sahen.
Ihr zu Zuchthaus verurteilter Führer, Nelson Mandela, wurde als Märtyrer dargestellt, der stellvertretend für seine schwarzen Landsleute das Kreuz der Befreiung trug, um sein Volk zu erlösen. Der Friedensnobelpreis 1987 wäre ihm sicher gewesen, hätte nicht der südafrikanische Erzbischof Tutu wenige Jahre zuvor diese Auszeichnung bereits erhalten. Die Führer des ANC wurden von hohen westlichen Regierungsvertretern in einer Weise empfangen, als habe es sich um eine respektable, pro-westliche Exilregierung gehandelt, die von den schwarzen Massen Südafrikas sehnsüchtig als Befreierin erwartet wurde und deshalb die Unterstützung des Westens verdiente.
Die Geschichte des ANC
Anfänglich handelte es sich beim ANC in der Tat um einen lockeren Zusammenschluss nationalistisch-gesinnter Kräfte, die nach bürgerlicher Gleichheit und politischen Rechten strebten. Kommunisten spielten im „Südafrikanischen Nationalen Eingeborenenkongress“, wie sich die Organisation bei der Gründung nannte, noch keine Rolle, da es zu jener Zeit in Südafrika ausschliesslich Kommunisten weisser Hautfarbe gab.
Mit Unterstützung Moskaus gründeten diese 1921 in Kapstadt die Kommunistische Partei Südafrikas (KPSA) und streckten sogleich ihre Fühler zum Eingeborenenkongress aus. Ihr Ziel war der Aufbau einer „Vereinigten Befreiungsfront“ mit Hilfe der schwarzen Massen und unter Führung der Kommunistischen Parteien.
Wenngleich der ANC zunächst keine besondere Sympathie für den Bolschewismus und die Parteigänger Moskaus in Südafrika erkennen liess, so änderte sich diese Haltung Mitte der Zwanziger-Jahre langsam. In seinem Bericht an die Jahreskonferenz des ANC im Juni 1927 fand ANC-Präsident Gumede bereits ausgesprochen freundliche Worte für die Kommunisten: „Von allen politischen Parteien ist die Kommunistische Partei die einzige, die ehrlich und aufrichtig gegen die Unterdrückung kämpft.“
Bis etwa Mitte der Vierziger-Jahre fristete der ANC ein Schattendasein, wobei pro und antikommunistische Kräfte innerhalb der Organisation sich die Macht streitig machten. Der Durchbruch für die Kommunisten kam erst im Jahr 1946, als sie zusammen mit den ANC einen Streik von 70 000 afrikanischen Bergarbeitern anzettelten.
Der Vorsitzende der afrikanischen Bergarbeitergewerkschaft war der Kommunist J. B. Marks, der seit 1945 auch dem Führungsgremium des Afrikanischen Nationalkongresses angehörte. KPSA und ANC koordinierten fortan in zunehmendem Masse ihre Aktivitäten. Wie das kommunistische Parteiblatt „The African Communist“ Nr. 87, 4. Quartal 1981, mitteilte, kam „der ideologische Durchbruch 1948 durch die militanten Führer der ANC-Jugendliga, geführt von Männern wie Tambo (Anm.: in den Achtzigern Exil-Präsident des ANC), Sisulu und Mandela und unterstützt von leitenden Kommunisten in der ANC-Führung, wie Kotane und Moftsanya“.
Die Nationale Partei, die 1948 die Wahlen gewonnen hatte, war jedoch fest entschlossen, dem kommunistischen Treiben in Südafrika ein Ende zu setzen. 1950 verabschiedete das Parlament ein Gesetz zur Unterdrückung des Kommunismus („Suppression of Communism Act“). Es untersagte kommunistische Aktivitäten jeglicher Art. Die Kommunisten setzten daraufhin ihre Tätigkeiten im Untergrund fort.
Von 1949 bis 1952 versuchte der ANC alle Schwarzen in einer Massenbewegung zu mobilisieren und strebte einen Zusammenschluss mit den indischen und Mischlingsoppositionsgruppen an. Am 26. Juni 1955 kam es in Kliptown in der Nähe von Johannesburg zu einem „Volkskongress“, bei dem sich der Kongress der südafrikanischen Inder (SAIC), die Volksorganisation der südafrikanischen Mischlinge (SACPC) und der von den weissen Kommunisten gebildete Kongress der Demokraten (COD) sowie der Südafrikanische Kongress der Gewerkschaften (SACTU) mit dem ANC vereinten. Alle fünf Mitglieder der „Kongressallianz“ wurden mehr oder minder kommunistisch gesteuert.
„COD und SACTU waren eigens geschaffen worden, um in diesem abgekarteten Spiel mitzuspielen“, schreibt Henning von Löwis of Menar. „Unter den 15 Mitgliedern der ersten COD-Exekutive befanden sich wenigstens 9 Kommunisten. Präsident der Organisation war der Kommunist Abram Fischer. „Joe Slovo, ein weisser Jude baltischer Abstammung, war in den Fünfzigern der Vorsitzende der ab 1950 verbotenen Südafrikanischen Kommunistischen Partei (SACP), Mitglied des Nationalen Exekutivkomitees des ANC, Oberst des russischen KGB und Mitglied des Führungsstabes des militärischen Flügels des ANC.
Die „Freiheits-Charta“
Mit der Zeit gelangten immer mehr Kommunisten in die zentrale Exekutive des ANC, der führenden Organisation innerhalb der Allianz. Der Standort des Südafrikanischen Gewerkschaftskongresses (SACTU) war nicht minder eindeutig. Die Organisation schloss sich später dem kommunistischen Weltgewerkschaftsbund an. Weitere kommunistische Frontorganisationen, die sich der Kongressallianz anschlossen, waren die Föderation Südafrikanischer Frauen (FSAW) und der Südafrikanische Friedensrat (SAPC).
Die in Kliptown erarbeitete „Freiheits-Charta“, die das Ende der Apartheid forderte, wurde zum offiziellen Programm der Kongressallianz und galt bis 1994 als richtungsweisend für die „demokratische Zukunft“ Südafrikas. Der später in Soweto ermordete Bartholomeus Hlapane sagte vor dem amerikanischen Untersuchungsausschuss aus: „Ich erfuhr über das Dokument (Freiheits-Charta), dass es auf Anweisung des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei endgültig angenommen wurde.“ Die Verbindung zwischen ANC und SACP hatte sich in den Achtzigern zu einer festen Allianz entwickelt. Im Juni 1985 bestand das nationale Exekutivkomitee des ANC, wie es sich auf seiner Zweiten Beratenden Konferenz in Kabwe, Sambia, vorstellte, aus 30 Personen, wovon mindestens 23 bekannte Kommunisten und/oder aktive Unterstützer der Kommunistischen Partei waren.
Das „Massaker von Sharpeville“
1960 kam es zu einer Spaltung im ANC, der inzwischen ganz ins Fahrwasser der Südafrikanischen Kommunistischen Partei abgeglitten war. Dem schwarzen Radikal-Sozialisten Sobukwe erschien der ANC nicht militant genug und zu sehr von weissen Kommunisten geprägt. Er suchte die verschärfte Konfrontation mit Weiss-Südafrika und gründete 1959 den „Pan-Afrikanischen Kongress“ (PAC). Sodann rief er die schwarzen Massen auf, gegen die Passgesetze zu verstossen, die es ihnen nur erlaubten, in Gegenden zu wohnen, wo sie Unterkunft und Arbeit hatten. Er forderte sie auf, ihre Pässe zu verbrennen und vor Polizeistationen zu „demonstrieren“.
„Bei einer solchen Aktion fanden (1960) in Sharpeville 69 Demonstranten den Tod. Sharpeville wurde zum Synonym für die Unterdrückung der Schwarzen in Südafrika. Die Tatsache, dass PAC-Führer Robert Sobukwe die Schlüsselfigur des Desasters von Sharpeville‘ war, wie Spiegel-Redakteur Erich Wiedemann betont, übersah man geflissentlich“, schrieb damals Henning von Löwis of Menar in seiner Schrift „Der Afrikanische Nationalkongress (ANC) – Moskaus Speerspitze gegen Südafrika“ (Deutsche Afrika-Stiftung, Heft 40).
Das „Massaker“ von Sharpeville wurde seither zum Angelpunkt anti-südafrikanischer Agitation. Die linke südafrikanische Presse und ausländische Korrespondenten verschwendeten keine Zeit mit der Suche nach den Hintergründen der Tragödie. Die Pressemeldungen, die der Aussenwelt vorgesetzt wurden, liessen Sharpeville in einem Licht erscheinen, das keine Zweifel aufkommen liess, wen man als die Hauptschuldigen ansah: Eine brutale Polizei, die harmlose, unbewaffnete Schwarze erschoss, während diese friedlich gegen ungerechte Passgesetze demonstrierten; schiessfreudige Sadisten, die die Gelegenheit nutzten, so viele Schwarze wie möglich zu ermorden, so der mediale Tenor.
Dass die Polizei bei dieser hohen Opferzahl nicht von jeder Schuld freigesprochen werden soll, versteht sich von selbst. Dennoch wurde der Blickwinkel der Polizei auf die Tragödie sowie die Hintergründe und Vorgeschichte des „Massakers“ medial kaum beleuchtet und so entstand für die Weltöffentlichkeit ein sehr einseitiges Bild der Ereignisse. Die Journalistin Aida Parker beleuchtete die Geschehnisse in ihrem „Newsletter“ Nr. 49 vom 29. Januar 1985 aus einer Perspektive, die den meisten westlichen Medienkonsumenten so nicht präsentiert wurde.
Umsturz mit Gewalt
In Europa und Amerika wurde der „Afrikanische Nationalkongress“ (ANC) gerne als pro-westliche „Befreiungsbewegung“ hingestellt, deren ehrenwertes Ziel die Abschaffung der Apartheid und der Kampf um mehr Menschenrechte war. Im Deutschen Fernsehen wurde der damals zu lebenslangem Zuchthaus verurteilte kommunistische ANC-Terrorist Nelson Mandela manchmal sogar als „der südafrikanische Oppositionspolitiker“ bezeichnet, dessen Freilassung von Bundeskanzler Kohl, Premierministerin Thatcher und anderen westlichen Regierungen „gefordert“ wurde.
Laut einer Mitteilung der englischen Zeitung „Sunday Express“ wäre sogar die Freilassung Mandelas der Preis, den Pretoria zahlen müsste, falls man auf den Besuch von Frau Thatcher Wert legen würde das hätten britische Diplomaten verlauten lassen. „Sie (Frau Thatcher) glaubt, dass die Freilassung dieses Mannes, der seit über 20 Jahren im Gefängnis schmachtet, einen mässigenden Einfluss hätte und die Drohung eines blutigen Konfliktes abwenden würde“, schrieb die Zeitung. („The Citizen“, 11.1.1988)
Diese Aussage war absurd und stellte die Realität in Südafrika völlig auf den Kopf. Vielleicht hätte Südafrika im Gegenzug die Freilassung der Baader-Meinhof-Bande oder des IRA-Terroristenführers Patrick Magee verlangen sollen, damit diese ihren „mässigendem Einfluss“ in Deutschland und Grossbritannien unter Beweis hätten stellen können.
1974 ernannte die UNO den ANC formell zum „authentischen Repräsentanten der überwiegenden Mehrheit der Völker Südafrikas“. Dabei richtete die UNO sich bei ihren einseitigen Aussagen nicht etwa nach so banalen Dingen wie einer Volksabstimmung, sondern ausschliesslich nach der Zweckmässigkeit einer neuen Regierung innerhalb ihrer angestrebten sozialistischen „Neuen Weltordnung“.
Neben politischer und moralischer Unterstützung für den ANC schleuste sie ihm 1984 auch materielle Unterstützung in Höhe von 20 Millionen US-Dollar zu. Desgleichen erhielt der ANC massive Beihilfen von der Sowjetunion, deren Verbündeten und Frontorganisationen sowie dem sowjetischen Weltfriedensrat. Mit dieser Hilfe konnte er seinen bewaffneten Kampf wieder aufnehmen. Gezielte Terrorakte mit Sprengbomben in Südafrikas grossen Städten folgten, darunter auch die Autobombenexplosion 1983 in Pretoria, bei der 19 Südafrikaner aller Ethnien getötet und viele andere verstümmelt wurden – hauptsächlich Staatsangestellte.
Auf der Zweiten Beratenden Konferenz in Kabwe, Sambia, im Juni 1985, bestätigte ANC-Präsident Oliver Tambo die Politik seiner Organisation „in der unterschiedslosen Anwendung von Gewalt“ zur Erreichung ihrer Ziele. Die Konferenz wurde als „Kriegsrat“ beschrieben und die Führung kündigte an, „in Zukunft“ bei Sabotageakten keine Unterschiede mehr zwischen Zivil und Regierungsstellen zu machen. In den Worten Tambos:
„Die Unterschiede zwischen ‚weichen‘ (Zivilpersonen) und ‚harten‘ (Regierungsinstitutionen) Zielen müssen in einer intensivierten Konfrontation, in einem eskalierenden Konflikt verschwinden.“ Seine Worte wurden kurz darauf in die Tat umgesetzt. Eine Reihe von Landminenexplosionen in ländlichen Gebieten, denen hauptsächlich schwarze Farmarbeiter zum Opfer fielen, folgte. Eine Bombenexplosion in einem belebten Einkaufszentrum in Amanzimtoti, Natal, kurz vor Weihnachten 1985, tötete vier Menschen, darunter ein vierjähriges Mädchen.
Weitere willkürliche Bombenanschläge folgten in mehreren Städten Südafrikas.
Am 4. Mai 1986 rief der offizielle Radiodienst des ANC in Afrika, „Radio Freiheit“, zum Massenmord auf: „Lasst uns unsere Waffen nehmen, […] unsere ‚Halskrausen‘, unsere Granaten, unsere Maschinengewehre, unsere AK-47er, unsere Haftminen und alles was wir kriegen können; – lasst uns die ‚Vigilantes‘(Anm.: antikommunistische schwarze Oppositionsgruppen) bekämpfen, […] zusammen mit dem Apartheidsregime, zusammen mit der Polizei und der Armee.“ Vorher schon, am 20. Januar 1985, hatte „Radio Freiheit“ zufrieden festgestellt, welche Ziele des ANC erreicht worden seien:
„Marionetten (Anm.: Ausdruck für freigewählte schwarze Stadträte) wurden getötet, ihre Häuser abgebrannt, viele wurden gezwungen, von ihrem Amt zurückzutreten.“ Am 7. Oktober 1985 strahlte der Sender aus Simbabwe die folgende Meldung aus: „Die Strategie des Verbrennens von Verrätern („Halskrausenmorde“) hat sich scheinbar gut ausgezahlt.“ (Mehr zu den Halskrausenmorden in Teil 2)
Ein Sprecher des ANC, Tim Ngubane, konnte am 10. Oktober 1985 in der kalifornischen Staatsuniversität ungeschoren die folgende Aussage machen: „Wir wollen den Tod eines Kollaborateurs so grotesk machen, dass es keiner mehr wagen wird, mit der Obrigkeit zusammenzuarbeiten.“ Am 6.Mai 1985 rief das Nationale Exekutivkomitee des ANC über „Radio Freiheit“ in Addis Abeba zum Mord an schwarzen Staatsangestellten auf: „Unsere Leitmotive sollen sein: Vereint in Massenaktionen […] Konfrontation des Feindes an allen Fronten […] Unregierbarmachung des Landes – Polizei und Soldaten müssen Hinterhalte gelegt werden […] mit dem Ziel, ihnen die Waffen abzunehmen. Unsere Leute müssen Bomben und Brandbomben aus örtlich erhaltbarem Material zu Hause anfertigen. Wir müssen, wann immer möglich, Waffen kaufen. Wenn unsere Leute so bewaffnet sind, müssen sie Kollaborateure und feindliche Agenten ausfindig machen und mit ihnen abrechnen. Kollaborateure, die in den Gemeinderäten tätig sind, Informanten, Polizisten, Kriminalpolizei, Armeeangehörige, alle, die unter uns leben, müssen getötet werden. Die Volksfront muss den bewaffneten Kampf unterstützen und den Feind an der Wirtschaftsfront angreifen, Sabotageanschläge ausführen gegen Firmen und Industrien, die durch das Regime reich werden.“
Von dieser ferngesteuerten Moskauer Terrororganisation behauptete das britische Kabinettsmitglied, Frau Lynda Chalker, Ministerin für Afrikanische Angelegenheiten, nach einem Treffen mit ANC-Präsident Oliver Tambo, dass der ANC „nicht mehr Gewalt befürworte, als irgendwer sonst“.
Fortsetzung folgt mit: Winnie Mandela und die grausamen „Halskrausen“-Morde
Der Artikel erschien zuerst in der Schweizer „Express-Zeitung“ Ausgabe 20, Oktober 2018. Für mehr Informationen über die Zeitung bitte auf das blaue Feld klicken. Die „Express-Zeitung“ ist auch im monatlichen Abo erhältlich, mehr Infos ebenfalls über den blauen Button.
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