Das Eis der Antarktis wächst, obwohl es schrumpft
Nach einer „Rekordschmelze“ ist das Eis der Antarktis beständig gewachsen. Forscher sprechen dennoch von einem noch nie da gewesenen Minimum. Und sie haben recht – allerdings blenden sie dabei sowohl kurz- als auch langfristige Trends aus.
So betrug die Meereisausdehnung um den Südpol am 16. Februar „nur noch 2,06 Millionen Quadratkilometer“. Laut dem „Klimawandel-Dienst des europäischen Erdbeobachtungsprogramms Copernicus“ unterschritt das Eis damit den im Vorjahr aufgestellten Negativ-Rekord. Das Nationale Schnee- und Eisdatenzentrum der USA sprach sogar von nur 1,79 Millionen Quadratkilometern.
Diese Abweichung sei laut den Europäern auf „unterschiedliche Algorithmen zur Ermittlung des Meereises“ zurückzuführen. Gleichzeitig zeigt sie jedoch, dass sich die Forscher – wie in anderen Aspekten des „Klimawandels“ – nicht unbedingt einig sind.
Eisverlust in der Antarktis: Eine Frage des Standpunkts
Inzwischen ist auf der Südhalbkugel Winter und das Eis wächst wieder kräftig. Ein Blick in die verschiedenen Eisportale zeigt, dass die Entwicklung weiter unter den Erwartungen liegt. Im Vergleich zum selben Zeitpunkt in den Vorjahren ist die Eisfläche derzeit tatsächlich kleiner, womit sich das aktuelle „Rekord-Minimum“ begründen lässt.
Zugleich gibt es aber sowohl kurzfristig, langfristig, als auch regional enorme Unterschiede. So ist das Meereis von etwa zwei Millionen Quadratkilometer im Februar auf fast 14 Millionen Quadratkilometer (km²) im Juli gewachsen. Das ist eine Versiebenfachung der Eisfläche.
Während die Ausdehnung laut Copernicus „im März fast 30 Prozent unter dem für den Monat üblichen Durchschnitt gelegen“ hat, ist dieses Defizit auf nunmehr etwa neun Prozent geschrumpft.
In absoluten Zahlen maß die Eisfläche Mitte Juli 13,89 Millionen km², etwa zwei Millionen Quadratkilometer unter dem Mittel der Jahre 1981 bis 2010. Zwei Wochen zuvor betrug die Abweichung noch etwa 2,6 Millionen km². Das sollte die Klimawissenschaftler eigentlich optimistisch(er) stimmen, denn die Abweichung vom langjährigen Mittel ist kleiner geworden.
Die Frage ist also, auf welchen Ausgangspunkt man sich bezieht. Die Berichterstattung ist dabei oft einseitig.
Auch auf der Karte zeigen sich entsprechende Unterschiede: In Richtung Pazifik hat sich das Eis weit über die langjährige Eisgrenze ausgedehnt. Auf den Seiten des Atlantischen und Indischen Ozeans hat es sich weit zurückgezogen. Unmittelbare Auswirkungen auf den Meeresspiegel haben die Schwankungen nicht, da das Eis bereits im Wasser schwimmt.
Auch die Antarktis ist nur ein großer Gletscher
Im mittelfristigen Vergleich – seit 2013 – ist die Entwicklung zunächst rückläufig. 2013 bis 2015 verzeichneten die Forscher im Juni jeweils überdurchschnittliche Werte mit einem Maximum im Jahr 2014 von etwa 14,8 Millionen km². 2016 und 2020 lag der Monatswert exakt auf dem Durchschnitt. Im Juni 2023 mit etwa 11,2 Millionen km² deutlich darunter.
Blickt man indes einige Jahre weiter zurück, dann fällt auf, dass das Eis im Juni bis einschließlich 2015 stetig zugenommen hat. Seitdem gab es zwei Sprünge nach unten. Daraus könnte man ableiten, dass sich am Südpol zum ersten Mal ein deutlicher Trend zur Verringerung abzeichnet.
Diese Entwicklung entspricht jedoch dem typischen Verhalten von Gletschern, die langsam, aber stetig wachsen und durch das Abbrechen von Eisbergen abrupt schrumpfen. Die scheinbar dramatischen Eisverluste werden über die Jahre ausgeglichen.
So ist auch seit 1980 die Entwicklung der Eisverhältnisse im Juni stabil. Das Eisportal des Alfred-Wegener-Instituts (AWI) gibt diese mit 0,1 ± 0,9 Prozent pro Dekade an. Mit anderen Worten: Die natürliche Schwankung überwiegt. Gäbe es diese nicht, würde sich die Eisfläche binnen 10.000 Jahren verdoppeln.
Eine Unstimmigkeit innerhalb der AWI-Daten gibt es jedoch. Der angegebene Trend ist mathematisch betrachtet keine lineare Funktion, wird im Diagramm aber als solche dargestellt. Da die Werte nahezu konstant sind, ist der Sachverhalt in diesem Fall zu vernachlässigen.
Und in der Arktis?
Auf der Nordhalbkugel hat der Sommer Einzug gehalten, entsprechend schmilzt das Eis der Arktis aktuell. Die Ausdehnung liegt derzeit in etwa gleichauf zum Vorjahr.
Allerdings liegt der Juni-Wert zum wiederholten Mal und mit zunehmendem Abstand über dem langjährigen Trend. Seit 2005 war die Eisfläche im Juni nur drei Mal größer.
Während laut AWI die Entwicklung des Juni-Eises mit -4,6 ± 0,4 Prozent pro Dekade stark rückläufig ist, ist seine Fläche in den letzten vier Jahren eher mit zehn Prozent pro Dekade gewachsen. Um hier von einer Trendumkehr zu sprechen, ist es ebenfalls zu früh.
Rechenfehler beim AWI?
Indes geben die Forscher auch hier eine nicht lineare Trendfunktion an, zeichnen jedoch eine Gerade in die Grafik. Anders als in der Antarktis verfälscht dies die Entwicklung am Nordpol:
Betrachtet man nur das Diagramm, so deutet die Gerade an, dass jedes Jahrzehnt etwa eine halbe Million Quadratkilometer Eis verschwinden. Ausgehend von etwa 12,5 Millionen km² entspricht diese im Jahr 1980 exakt vier Prozent. Im Jahr 2020 entsprechen 0,5 Millionen km² aber bereits 5,3 Prozent. Dieses Phänomen ist mathematischer Natur, denn da der Ausgangswert immer kleiner wird, muss derselbe Eisverlust anteilig immer mehr Fläche ausmachen.
Rechnerisch dauert es somit noch über 200 Jahre, bis das Eis am Nordpol verschwinden wird. Zu diesem Zeitpunkt, wenn die letzte halbe Million Quadratkilometer Eis schmilzt, ist der prozentuale Verlust auf 100 Prozent angestiegen.
Bleibt der prozentuale Verlust über die Jahrzehnte gleich, wie im Trend neben dem Diagramm angeben, wird die Eisfläche ebenfalls jedes Jahrzehnt kleiner. Anders als zuvor nimmt aber die jeweils verlorene Fläche stetig ab. So sind vier Prozent von 12,5 Millionen km² (im Jahr 1980) größer als vier Prozent von 10,5 Millionen km² (2020). Es schmilzt also Jahrzehnt um Jahrzehnt weniger Eis. Entsprechend müsste aber auch die Trendlinie im Diagramm gekrümmt sein und flacher werden. Unter diesen Bedingungen ist es praktisch unmöglich, dass die Arktis eisfrei wird.
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