Badewanne mit Modellcharakter – Institut für Ostseeforschung in Warnemünde

Das Leibniz-Institut für Ostseeforschung in Rostock-Warnemünde untersucht in der Ostsee natürliche Veränderungen und den Einfluss des Menschen auf marine Öko-Systeme
Von 20. Mai 2007

Die Ostsee wird wegen ihrer schönen Badestrände auch die Badewanne der Deutschen genannt. Tatsächlich hat das Meer einiges gemeinsam mit der Wanne im heimischen Badezimmer: Sie hat große Becken, in denen sich das Wasser sammelt, wobei die Flüsse sozusagen die Wasserhähne sind. Als Abfluss dienen die Meerengen zwischen Dänemark und Schweden. Die Überschaubarkeit der Vorgänge in der Ostsee macht sich das Leibniz-Institut für Ostseeforschung in Rostock-Warnemünde (IOW) zu Nutze. Ihm dient das Meer als Grundlage für die Erforschung maritimer Systeme in aller Welt. «Die Ostsee ist unser Modell-Ozean», sagt Institutsleiter Bodo von Bodungen.

Die insgesamt 160 Mitarbeiter des Instituts wollen vor allem herausfinden, welchen Einfluss der Mensch auf die Meere ausübt. Ziel ist es vorauszusagen, welche Veränderungen zu erwarten sind, wenn der Mensch sein Verhalten ändert. «Früher hat man noch gedacht, die Ozeane seien so groß, dass der Mensch sie gar nicht beeinflussen kann und hat alles reingeschüttet und rausgeholt, was man wollte», sagt von Bodungen. «Aber das war ein Irrtum.» Ein Beispiel für den sorglosen Umgang ist der Eintrag von Nährstoffen, die als Dünger auf die Äcker ausgebracht werden und dann über die Flüsse ins Meer gelangen. Das hat zwar in den vergangenen Jahren deutlich abgenommen, aber ein Rückgang der Nährstoffe in der offenen See ist noch nicht messbar.»

Was für das Klima gilt, betrifft auch die Meere: Was der Mensch heute tut, wirkt sich vielleicht erst in 30 Jahren aus. So lange kann es dauern, bis Stoffe, die eingeleitet werden, ihre volle Wirkung entfalten: «Wenn dann ein bestimmter Schwellenwert überschritten wird, kann es wie eine Lawine losgehen.» Bei der Überdüngung nennt man das «Umkippen»: Durch die Nährstoffe gedeihen Algen prächtig, die Algen sterben irgendwann ab, sinken zu Boden und verbrauchen dort den Sauerstoff, so dass andere Organismen eingehen.

Auf die Ostsee ist dieses Schema allerdings nicht so einfach zu übertragen. Bei ihr hängt viel von der lebenswichtigen Zufuhr von salzigem, sauerstoffreichem Wasser aus der Nordsee ab. Meist im Winter strömt eine große Menge des Leben spendenden Wassers über den Skagerrak ein und sammelt sich auf dem Grund der Ostsee, weil es wegen des höheren Salzgehalts schwerer ist. So findet dort unter anderem die Dorschbrut gute Lebensbedingungen. «In den vergangenen Jahren haben wir erstmals festgestellt, dass auch im Sommer Salzwasser eindringt. Das führt aber dann weniger Sauerstoff mit sich. Das sauerstoffreiche Wasser im Winter kann es dann nur vom Meeresboden verdrängen, wenn es erheblich salziger ist», erklärt von Bodungen ein neues Forschungsprojekt.

Um solch komplexe Zusammenhänge zu erforschen, will das IOW künftig verstärkt auf Technologie setzen, die aus Science-Fiction- Filmen stammen könnte: Messstationen auf dem Meeresgrund, die beim Geräusch von Schiffsschrauben ihre Sensoren einziehen und sich regelrecht ducken, um nicht von Fischernetzen mitgerissen zu werden; oder Messtorpedos, die ferngesteuert ihre Proben sammeln. Satelliten liefern schon heute Bilder von der Wasseroberfläche, Bohrungen im Meeresboden fördern Sedimente zu Tage, die bis zu 7000 Jahre zurück in die Vergangenheit blicken lassen und Informationen darüber liefern, was früher die Ostsee belastet hat.

Heute ist dies nach Ansicht von Bodungens vor allem die Überbeanspruchung des Meeres durch den Menschen: «Der zunehmende Schiffsverkehr birgt große Risiken: Schon ein kleiner Unfall könnte in der sensiblen Ostsee eine ökologische Katastrophe auslösen.» Auch die Ausbaggerung von Kies und Sediment, die Verbauung der Küste, die Planung von immer mehr Offshore-Windkraftanlagen und Fabriken im Meer sowie die Einleitung von Chemikalien machen dem Forscher Sorgen. «Dem Menschen muss bewusst werden, dass sein jetziger Lebensstil immense Auswirkungen auf die Umwelt hat.»



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