ÜBERZEUGUNG – Convictory, ein gemeinsamer Sieg

Von 27. August 2012

Die Etymosophie-Kolumne von Roland R. Ropers erscheint wöchentlich exklusiv in der EPOCH TIMES Deutschland.

Täglich werden wir in den Medien überschüttet mit Berichten, Meinungen, Pseudo-Fakten, die uns überzeugen möchten. Welch ein eigentümliches Wort, das ein normales „zeugen“ noch zu übersteigen versucht. Standpunkte, Glaubenssätze, Behauptungen, Anschauungen, Richtlinien, Begeisterung u.v.m. werden überzeugend mit diversen Sprachkünsten präsentiert; es handelt sich dabei um einen durchdringende Wort- und Redeschwall, eine „Persuade“, von lat.: persuadere = hindurchreden, engl.: to persuade.

Es gibt ein viel treffenderes Wort für überzeugen: engl.: to convince, Substantiv: conviction. Und dieses bedeutet im tiefsten Grund ein gemeinsames Siegen (lat.: vincere = siegen, convincere = gemeinsam siegen, was landläufig mit widerlegen, überführen falsch übersetzt wird).

Dann wird aus victory (Sieg) convictory, ein Wort das es bisher noch nicht gibt.

Das so wichtige Präfix con (cum = mit) in dem Wort conviction ist die Chance in der gegenwärtigen Phase der möglichen Neuorientierung und radikalen Veränderung. Es geht um ein gemeinsames Siegen und nicht mehr um Sieger und Verlierer, Macht und Ohnmacht, Krieg und Frieden. Der auf die kosmische Wirklichkeit gerichtete Überzeugungsakt ist der gemeinsame Sieg über jegliche Dualität, die der Mensch durch seine Distanz zum Paradies Erde geschaffen hat. Der Planet Erde ist ausnahmslos für jeden Menschen als Paradies zu respektieren und zu erhalten. Wenn durch Kriege und Eroberungen Lebensräume vernichtet und zu eigenem Vorteil missbraucht werden, handelt es sich jedes Mal um einen Akt allergrößter Versündigung an der harmonikalen Ordnung des Universums.

Gespräche und Diskussionen sollten zu einem gemeinsamen, liebenden Dialog führen, wo es weder Sieger noch Besiegte gibt. Mahatma Gandhi (1869 – 1948) hatte so großartig erkannt: „Die Welt ist voller Gegensätze. Hinter der Trauer verbirgt sich Glück, und hinter dem Glück Trauer. Wo die Sonne scheint, ist auch Schatten: wo Licht ist, ist auch Dunkel: wo Geburt ist, da ist auch Tod. Loslösung von allem besteht darin, von diesen Gegensätzen nicht mehr berührt zu werden. Die Methode, über sie zu obsiegen, besteht nicht darin, sie auszulöschen, sondern darin, sich über sie zu erheben und vollkommen frei zu sein von jeder Gebundenheit an sie.“

Gandhi versuchte, niemanden mit Worten zu missionieren – es ging ihm stets um das Gemeinsame.

Der libanesische mystische Poet Khalil Gibran (1883 – 1931) hat in seinem weltberühmten Buch „Der Prophet“ ein wunderschönes Kapitel über die Qualität des „Redens“ geschrieben:

Und dann sagte ein Gelehrter: Sprich vom Reden.
Und er antwortete und sagte:
Ihr redet, wenn ihr aufhört, mit euren Gedanken in Frieden zu sein.
Und wenn ihr nicht länger in der Einsamkeit eures Herzens verweilen könnt, lebt ihr in euren Lippen, und das Wort ist euch Ablenkung und Zeitvertreib. Und in vielen eurer Gespräche wird das Denken halb ermordet.
Denn der Gedanke ist ein Vogel, der Raum braucht und in einem Käfig von Worten zwar seine Flügel ausbreiten, aber nicht fliegen kann.
Es sind welche unter euch, die den Redseligen suchen, weil sie Angst haben, allein zu sein.
Die Stille des Alleinseins offenbart ihren Augen ihr nacktes Ich, und sie möchten flüchten.
Und es sind welche unter euch, die reden und dabei ohne Wissen oder Absicht eine Wahrheit aufdecken, die sie selber nicht verstehen.
Und wieder andere haben die Wahrheit in sich, aber sie drücken sie nicht in Worten aus.
In der Brust solcher Menschen weilt der Geist in rhythmischer Stille.
Wenn ihr euren Freund auf der Straße oder auf dem Marktplatz trefft, soll der Geist in euch eure Lippen bewegen und eure Zunge lenken.
Soll die Stimme in eurer Stimme zum Ohr seines Ohrs sprechen.
Denn seine Seele wird die Wahrheit eures Herzens bewahren, wie man sich an den Geschmack von Wein erinnert,
Wenn auch seine Farbe vergessen und das Gefäß nicht mehr da ist.

{R:2}

Der Religionsphilosoph Roland R. Ropers ist Autor und Herausgeber etlicher Bücher:

Was unsere Welt im Innersten zusammenhält: Hans-Peter Dürr im Gespräch mit bedeutenden Vordenkern, Philosophen und Wissenschaftlern von Roland R. Ropers und Thomas Arzt; 2012 im Scorpio Verlag

Eine Welt – Eine Menschheit – Eine Religion von Bede Griffiths und Roland R. Ropers

Gott, Mensch und Welt. Die Drei-Einheit der Wirklichkeit von Raimon Panikkar und Roland R. Ropers

Die Hochzeit von Ost und West: Hoffnung für die Menschheit von Bede Griffiths und Roland R. Ropers

Geburtsstunde des neuen Menschen. Hugo Makibi Enomiya-Lassalle zum 100. Geburtstag von Roland R. Ropers



Epoch TV
Epoch Vital
Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion