SPIRITUELLE SYNCHRONIZITÄT – Ursache und/oder Wirkung

Titelbild
Die Andromeda-Galaxie. „Der Mensch folgt der Erde, die Erde folgt dem Himmel, der Himmel folgt dem Weg, der Weg folgt seiner eigenen Natur.“ Lao Tse.Foto: GALEX, JPL-Caltech, NASA
Von 13. August 2012

Die Etymosophie-Kolumne von Roland R. Ropers erscheint wöchentlich exklusiv in der EPOCH TIMES Deutschland.

Über Jahrhunderte hindurch wurde das Prinzip von Ursache & Wirkung (engl.: cause & effect) als einander bedingend betrachtet. Der mit vielen Preisen ausgezeichnete österreichische Quantenphysiker Anton Zeilinger (geb. 20. Mai 1945) hat kürzlich aufgrund experimenteller Studien öffentlich proklamiert: „Die Quanten, die kleinsten nicht mehr zerlegbaren Einheiten in der Natur, verhalten sich auch zufällig, d.h. das fundamentale Ursache-Wirkungs-Prinzip bricht zusammen, die Dinge geschehen ohne wohldefinierte Ursache. Der radioaktive Zerfall eines Atoms erfolgt in zufälligen Quantensprüngen, und man kann für diese Quantensprünge einfach keine Ursache finden“.

Wir müssen dringend erkennen, dass wir ständig Mitschöpfer der Schöpfung sind, wo über uns niemand herrscht. Es geht um die demütige Haltung vor der gesamten Schöpfung (Holon) und eine friedliche Kooperation, wo es in Zukunft weder Sieger noch Verlierer gibt. Die Ursachenforschung hat ihre Grenzen erreicht, wir müssen uns auf die Reise zur Fülle und Wirklichkeit des Lebens machen. „Wer den Blick nach außen richtet, träumt, wer nach innen sieht, erwacht.“ (C. G. Jung).

Es ist müßig, eine Vielzahl von Kausalitäten aufzuzählen, um unsere Weltkrise zu beklagen. Das lat. Wort „causa“ kommt von dem lat. Verb „cadere“ (fallen, stürzen). Der Zufall (Akzidenz) ist ein Ereignis, auf das ich keinen Einfluss habe. Erst die bedingungslose Hingabe an die kontinuierliche Wirklichkeit, an das, was immer wirkt und präsent ist, lässt unser Leben lebendiger werden. In den indischen Weisheitstexten der Isha Upanishad lesen wir: „Jenseits ist Fülle, diesseits ist Fülle, aus Fülle kommt Fülle hervor. Nimmt man die Fülle aus der Fülle, so bleibt nichts als Fülle.“

Diesseits und Jenseits sind nicht voneinander getrennt – die tröstliche Wirklichkeit. Beide Welten, die phänomenale und die raum-zeit-freie, sind in sich selbst vollkommen. In der spirituellen Praxis erleben wir eine tief verborgene Ganzheit, die uns das Gefühl von Weisheit, Freiheit und Erfüllung schenkt. Es kann nur eine Wirklichkeit geben, und diese besitzt Kontinuität. Das bedeutet, dass die innere und äußere Welt zusammenhängen, und wir müssen nicht zwischen den beiden wählen.

Im Streit zwischen Wissenschaft und Religion hieß es bisher: entweder man stellt sich der sichtbaren Welt und ihren Problemen (die wissenschaftliche Perspektive) oder man zieht sich von der Welt zurück und meditiert über das Trans-Weltliche (der religiöse Aspekt).

Für diesen Eintritt in das ungeteilte Holon, dessen Ursachen ich nicht ergründen muss, führe ich den Begriff der „spirituellen Synchronizität“ ein. Alles, was wirkt, ereignet sich gleich-zeitig und gleich-gültig. Das setzt eine enorme Wachsamkeit und Offenheit für das Geschenk der ewigen Gegenwart voraus.

Die Leere ist der Anfangspunkt jedes Schöpfungsmythos, sei er nun spirituell oder wissenschaftlich. In der Genesis, dem 1. Buch Moses im Alten Testament, lesen wir: „Und die Erde war wüst und leer, Finsternis lag über der Urflut …“ Es gibt keinen wissenschaftlichen Beweis, dass Gott oder überhaupt ein Schöpfer existiert. Es kann nicht nachgewiesen werden, dass das Universum einen Sinn oder Zweck hat.

Was vor der Existenz des Universums war, ist nicht vorstellbar. Da unsere Erfahrungen in Raum und Zeit gemacht werden, ist es wenig sinnvoll, die Wirklichkeit vor deren Existenz erklären zu wollen. Auf lange Sicht scheint der Zufall das organisierende Prinzip unseres Universums zu sein, in dem sich das Lebendige immer wieder in neuer Weise manifestiert.

Lao Tse schreibt im 25. Kapitel des „Tao Te King„:

„Es gibt ein chaotisch gestaltetes Wesen,
das war schon vor Himmel und Erde.
Still und leer.
Steht es allein und verändert sich nicht,
kreist es und erschöpft sich nicht.
Vielleicht ist es die Mutter der zehntausend Dinge.
Ich kenne seinen Namen nicht.
Daher nenne ich es den Weg.
Ich finde keinen besseren Namen
Und bezeichne es als groß.
Es ist groß und es fließt dahin.
Es fließt immer weiter,
und auch wenn es wegfließt, kommt es zurück.
Der Weg ist groß,
der Himmel ist groß,
die Erde ist groß,
und auch der Mensch ist groß.
Dies sind die vier großen Kräfte des Universums.
Und der Mensch ist eine davon.
Der Mensch folgt der Erde,
die Erde folgt dem Himmel,
der Himmel folgt dem Weg,
der Weg folgt seiner eigenen Natur.“

Roland R. Ropers.Roland R. Ropers.Foto: RRR

Der Religionsphilosoph Roland R. Ropers ist Autor und Herausgeber etlicher Bücher:

Was unsere Welt im Innersten zusammenhält: Hans-Peter Dürr im Gespräch mit bedeutenden Vordenkern, Philosophen und Wissenschaftlern von Roland R. Ropers und Thomas Arzt; 2012 im Scorpio Verlag

Eine Welt – Eine Menschheit – Eine Religion von Bede Griffiths und Roland R. Ropers

Gott, Mensch und Welt. Die Drei-Einheit der Wirklichkeit von Raimon Panikkar und Roland R. Ropers

Die Hochzeit von Ost und West: Hoffnung für die Menschheit von Bede Griffiths und Roland R. Ropers

Geburtsstunde des neuen Menschen. Hugo Makibi Enomiya-Lassalle zum 100. Geburtstag von Roland R. Ropers



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