Maria Magdalena: Frau und Heilige

Studie zu: „Archetypische Aspekte einer biblischen Frauengestalt“ - Schweizer Theologin erhält Maria-Kassel-Preis
Titelbild
Preisträgerin Sabina Hösli Gubler (rechts) mit der Preisstifterin Professorin Maria Kassel. Aufgewachsen in Männedorf am Zürichsee hat Hösli Gubler Evangelische Theologie an der reformierten Fakultät in Zürich studiert. Erste Pfarramtserfahrungen sammelte sie in einer ökumenischen Kirche in St. Gallen. Nach vier Jahren Pfarramt begann sie 1993 eine Ausbildung zur Erwachsenenanalytikerin am C.G. Jung-Institut in Zürich und arbeitete gleichzeitig als Seelsorgerin in der Psychiatrischen Klinik Rheinau. Seit Abschluss dieser Ausbildung mit einem Diplom in Psychologie arbeitet sie in einer Psychologisch-Psychiatrischen Gemeinschaftspraxis und sporadisch als Pfarrerin in der Kirchgemeinde Zollikon/Zollikerberg. (Juliette Ritz)
Epoch Times21. Juni 2007

Beim Frauenbild in der Kirche scheiden sich meist die Geister. Dabei scheint die biblische Gestalt Maria Magdalenas geradezu prädestiniert zu sein für das Studium dieser vermeintlichen Spaltung. Steht sie doch auf der einen Seite als Heilige da, etwa als Sinnbild für Mitleid und große Liebe an sich, Eigenschaften, die allgemein dem Weiblichen zugesprochen werden. In der Bibel finden wir sie widergespiegelt in der Trauer am Grab Jesu. Gleichzeitig steht die Frau eben auch für das Sinnliche, für den Sündenfall.

Die Schweizer Theologin und Psychologin, Sabina Hösli Gubler, hat im Rahmen ihrer Diplomarbeit das Wirken Maria Magdalenas und die sich mit der Zeit verändernde Wahrnehmung dieses Geschehens verfolgt. Untersucht hat sie dabei einmal Texte der so genannten Kirchenväter, die über die ersten Jahrhunderte nach dem Ereignis auf Golgatha gewirkt haben. Hösli Gubler zeigt, dass sich bereits hier eine Vermischung der biblischen Gestalt Maria Magdalenas mit anderen biblischen Frauengestalten beobachten lässt. Sie wird nicht nur als erste Auferstehungszeugin gewürdigt, sondern gleichzeitig als Frau in ihrer großen Trauer, ihrer großen Liebe und ihrem großen Mitleid am Grab Jesu.

Bekannte Kirchenväter sind beispielsweise Tertullian und Clemens von Alexandria aus dem dritten Jahrhundert nach Christi, Eusebius von Caesarea aus dem vierten Jahrhundert oder Johannes von Damaskus aus dem achten Jahrhundert. Und hier endet auch schon fast die Ära dieser ersten Kommentatoren der Bibel. Nach Meinung von Hösli Gubler zeigten die frühen Texte eine deutliche Abwertung von Emotionalität und der Frau an sich.

Besonderes Augenmerk richtet ihre Arbeit dann auf zwei Texte aus der Zeit des 12. Jahrhunderts, in deren Zentrum Maria Magdalena steht. An ihnen zeigt die Theologin und Psychologin aus der Schweiz den Umschwung in der Bewertung der biblischen Gestalt: Nach Jahrhunderten der Abwertung von Gefühlen werde nun eine positive Bewertung von Trauerschmerz, Mitleid und Liebe eingeführt. Die Preisträgerin deutet den Lebensweg der Maria Magdalena auch als Spiegel für einen Entwicklungsprozess von Frauen und Männern, der bis heute nichts von seiner Aktualität verloren habe.

Für diese Arbeit mit dem Titel „Maria Magdalena: Archetypische Aspekte einer biblischen Frauengestalt“ hat sie den diesjährigen Maria-Kassel-Preis der Universität Münster erhalten.

„Eine unumstößliche Aufarbeitung des Frauenbildes in der katholischen Kirche“, hebt Laudator Dr. Carl B. Möller vom Seminar für Pastoraltheologie und Religionspädagogik die Bedeutung der Arbeit hervor.

Der Preis wird vom Rektorat der Universität Münster in Zusammenarbeit mit dem Seminar für Theologische Frauenforschung der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster seit 2003 alle zwei Jahre ausgeschrieben. Vergeben wird er für hervorragende Arbeiten mit tiefenpsychologischem Schwerpunkt, in denen die Symbolik religiöser Überlieferungen, religiöser Praxis und Lehre erforscht wird. Benannt ist er nach der Preisstifterin Prof. Maria Kassel, die während ihrer langjährigen Tätigkeit an der Katholisch-Theologischen Fakultät der WWU Münster von 1964 bis 1992 den Forschungsschwerpunkt „Tiefenpsychologisch-feministische Bibelexegese und deren Vermittlung in der Praxis“ begründet hat.

Überreicht wurde die mit 1.000 Euro dotierte Auszeichnung für Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler im Bereich „Tiefenpsychologische Theologie“ am 15. Juni 2007 an einer Feierstunde im Seminar für Theologische Frauenforschung der Universität Münster. (jel/idw)



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