Aberglaube oder Realität: Wenn sich Kinder an frühere Leben erinnern
Als der kleine Chase Bowman fünf Jahre alt war, entwickelte er plötzlich eine Phobie vor lauten, dröhnenden Geräuschen. Das Merkwürdige: Er hatte noch nie zuvor schlechte Erfahrungen mit derartigen Situationen gemacht. Wieso kam also so ein Trauma wie aus dem Nichts? Eines Tages begann er, seiner Mutter Carol etwas zu erzählen.
Auf dem Schoß seiner Mutter sitzend, die Augen geschlossen, beschrieb der kleine Chase sachlich eine Szene, die er mit seinen fünf Jahren niemals hätte erleben können. „Er sagte, dass er hinter einem Felsen kauere, eine schmutzige Uniform trage und ein langes Gewehr mit einem Schwert am Ende habe“, erzählt seine Mutter Carol in einem NTD-Interview für die Sendung „Mysteries of Life“ (zu Deutsch: Rätsel des Lebens).
Dies führte Carol Bowman schließlich zu der Erkenntnis, dass ihr Sohn spontan eine Erinnerung aus einem früheren Leben durchlebte. Etwas, das ihr selbst nicht neu war, denn schon früh erkannte sie, „dass etwas in uns nicht stirbt“. Sie selbst hatte bereits ähnliche Erfahrungen gemacht.
Reise in ihre Vergangenheit
Mit Mitte 30 hatte Carol Bowman viele Jahre lang mit chronischen Lungenproblemen zu kämpfen. Damit einher gingen Visionen, die für sie keinen Sinn ergaben. Jegliche Versuche, die Krankheit durch medizinische Behandlung zu beseitigen, schlugen fehl. Ihre letzte Hoffnung war Norman Inge, ein Hypnosetherapeut, der ihr endlich die gewünschte Linderung bringen sollte.
„In einer zweistündigen Sitzung sah ich zwei Leben, in denen ich an einem Lungentrauma starb. Das waren sehr emotionale Erfahrungen“, so Bowman. Sie sah ein Leben, in dem sie an Schwindsucht (auch Tuberkulose genannt) starb. In dem anderen Leben war sie eine junge Mutter, die in einem Nazi-Konzentrationslager starb. Obwohl sie weinte und sprachlos über diese Erkenntnis war, wirkte die Sitzung reinigend und ließ sie danach leicht und unbelastet zurück. „Zu meinem Erstaunen war meine Lunge nach dieser einen Sitzung wieder frei“, so Bowman.
Als nun ihr Sohn Chase an der Angst vor lauten Geräuschen litt, lud sie ihren Hypnosetherapeuten zu sich ein. Sie hoffte, dass er ihrem Sohn ebenso helfen könne wie ihr. Der Therapeut bat den kleinen Jungen, die Augen zu schließen und zu beschreiben, was er sah, als er die lauten Geräusche hörte. Die Geschichte, die Chase erzählte, versetzte seine Mutter „in einen leichten Schockzustand“.
„Er sagte, dass er nicht wusste, was er im Kampf tat. Überall war Rauch, er wusste nicht einmal, worauf er schoss. Und er sagte: ‚Ich vermisse meine Frau und meine Familie‘“, so seine Mutter. „Das war ein elektrisierender Moment für mich, der alles änderte.“
Fortan suchte Bowman nach einer Erklärung für das Phänomen. Bald darauf entdeckte sie, dass dieses Phänomen nicht nur bei ihrem Sohn auftrat, sondern dass vielmehr unzählige Kinder weltweit diese spontanen Visionen erleben. Inzwischen gehört sie zu den führenden Forschern auf diesem Gebiet und begleitet Kinder durch ihre Erlebnisse.
Überreste des früheren Lebens
Genau das tat damals auch der Therapeut bei Chase. Er führte den kleinen Jungen während der Therapie in aller Ruhe und Einfühlsamkeit durch die Vision. Der Fünfjährige beschrieb, wie er sich selbst in sein rechtes Handgelenk schoss, in der Hoffnung dem Kampf entkommen zu können. Man brachte ihn schließlich in ein Zelt, wo er auf eine Liege gelegt und verarztet wurde, bis er wieder gesund war und erneut auf das Schlachtfeld geschickt wurde.
„Er sagte: ‚Ich will da nicht hin. Da sind noch andere Leute. Sie bringen Menschen um. Ich will keine anderen Menschen töten‘“, erinnert sich seine Mutter. Der Therapeut erklärte Chase schließlich in einer einfachen kinderfreundlichen Sprache: „Wir leben viele verschiedene Leben auf der Erde. In manchen Leben spielen wir verschiedene Rollen. Manchmal sind wir Soldaten und manchmal muss man als Soldat andere im Kampf töten und manchmal wird man getötet. Aber es gibt keine Schuld.“
Seine Mutter Carol spürte nach diesen Worten, wie sich ihr Sohn beruhigte. „Etwas hatte sich verändert. Nur wenige Minuten später sprang er einfach auf, schnappte sich einen Keks und ging spielen“, so Bowman. Noch sprachloser war die Mutter jedoch, als ihre Tochter Sarah (neun Jahre alt), sie plötzlich auf etwas aufmerksam machte: Ihr Bruder Chase hatte ein schweres chronisches Ekzem an der Stelle, wo er sich in seinem früheren Leben in die Hand geschossen hatte.
Einige Tage später waren das Ekzem und die Phobie völlig verschwunden. „An seinem sechsten Geburtstag wünschte er sich sogar ein Schlagzeug“, erzählt Bowman.
Aberglaube oder Normalität?
Die Erfahrungen von Carol Bowman und ihrem Sohn waren sowohl auf emotionaler als auch auf körperlicher Ebene heilsam. Neugierig, ob auch andere Kinder derartige Erinnerungen an ein früheres Leben haben, begann sie andere Eltern in ihrer Gemeinde zu befragen. Zu ihrer Überraschung beschrieben viele Eltern ähnlich bemerkenswerte Geschichten.
„Die Kinder erinnerten sich an ihren Tod, meist einen traumatischen“, so Bowman. „Ich verstand, dass wir emotional und sogar körperlich heilen können, wenn wir uns an vergangene Leben erinnern. Wie in meinem Fall haben die traumatischen Todesfälle die Erinnerungen irgendwie versiegelt, das Trauma im jetzigen Leben eingefroren“, erklärt Bowman weiter.
Manche Eltern sind überrascht, wenn ihr Kind anfängt, ein Leben vor ihrem jetzigen zu beschreiben. Die Erinnerungen klingen manchmal harmlos, sogar banal. Viele von ihnen können als kindliche Fantasie abgetan werden. Doch Momente, in denen Kinder beschreiben, wie sie gestorben sind, lassen Eltern oft innehalten. Als Fachfrau auf diesem Gebiet ist es für Bowman ganz normal, dass sich Kinder unter sieben Jahren an ihr früheres Leben erinnern.
In Kulturen, in denen der Glaube an Reinkarnation eine Selbstverständlichkeit ist, können die Familien leicht über die Erinnerungen sprechen. Aber Reinkarnation oder der Glaube, dass die Seele weiterlebt und in einem neuen Körper wiedergeboren wird, wird in westlichen Ländern oft als Aberglaube abgetan.
Mehr als nur Erinnerungen
Ein weiterer Pionier auf diesem Gebiet war Dr. Ian Stevenson (1918-2007) von der University of Virginia. Er sammelte während seiner Forschungszeit etwa 2.600 verifizierte Fälle von Menschen, die sich an frühere Leben erinnern. Zusammen mit den gesammelten Berichten von Bowman zeigten sich deutliche Muster.
„Kinder erinnern sich am häufigsten an ihren vergangenen Tod bis zum Alter von 5 bis 7 Jahren. Dann verblassen die Erinnerungen“, so Bowman. „Das gilt für alle Kulturen und Familien – ob sie an Reinkarnation glauben oder nicht. Es ist also ein natürliches Phänomen.“
Wenn sich Kinder an ihre früheren Tode erinnern, sind sie sachlich und beschreiben sie oft aus einer Art Luftperspektive. Die Erlebnisse selbst sind weder erschreckend noch schmerzhaft. Geschahen diese aber unter traumatischen Umständen, zeigen Kinder Phobien, die mit diesen Umständen in Verbindung stehen. Wenn die Kinder dann diese Erinnerungen beschreiben, geben sie Details wieder, die nur jemand vor Ort kennen konnte. Sie erfassen Einzelheiten, die in ihrer eigenen Erfahrung nicht greifbar waren. Außerdem verwenden sie einen Wortschatz, der über das hinausgeht, was sie normalerweise beherrschen.
„Mit ihrem Kind ist alles in Ordnung“
Einige Forscher haben es sich zum Ziel gesetzt, die Existenz der Reinkarnation zu beweisen. Stevenson tat dies nicht. Er wollte mit seiner Arbeit lediglich Erklärungen für seltene, manchmal einzigartige Muttermale und Geburtsfehler liefern, für die es keine andere medizinische Erklärung gab. So war er der Meinung, dass diese Male eine verblüffende Ähnlichkeit mit den Todesursachen aus den erinnerten früheren Leben haben.
Carol Bowman ist ebenfalls nicht an einem Beweis für die Existenz von Wiedergeburten interessiert. Vielmehr möchte sie den Familien helfen, diese spontan auftauchenden Erlebnisse zu verarbeiten und Traumata und Phobien zu heilen. Sie weiß aus eigener Erfahrung, wie Heilung möglich ist und wie stark sie sein kann.
„Ich habe das Gefühl, dass es meine Aufgabe ist, die Eltern darüber aufzuklären, dass es sich um ein reales Phänomen handelt. Es ist ein natürliches Phänomen. Mit ihrem Kind ist alles in Ordnung“, erklärt sie.
Es gibt Therapeuten, die sich auf Rückführungen in frühere Leben spezialisiert haben, wozu in der Regel auch die Hypnose gehört. Bei Kindern kommen diese Erinnerungen mitunter schon über das Stellen der passenden Fragen.
Die Seele will heilen
Nachdem Chase von heute auf morgen geheilt wurde, wollte auch seine 9-jährige Schwester Sarah eine Rückführung versuchen. Dabei erzählte sie von einem Leben auf dem Bauernhof. Sie war noch ein kleines Mädchen, als sie eines Abends ins Bett ging und später im Haus ein großer Brand ausbrach. Sie befand sich im Obergeschoss, ohne zu wissen, wo ihre Eltern waren und kam nicht mehr heraus. Das kleine Mädchen in ihrer Erinnerung starb, als ein brennender Balken auf sie herabstürzte.
„Sie war sehr verzweifelt und emotional, als sie sich daran erinnerte“, erzählt Bowman. „Oft erinnern sich Kinder an den außerkörperlichen Teil der Todeserfahrung. Nachdem meine Tochter nicht mehr weinte, realisierte sie, dass ihre Eltern versucht hatten, sie zu retten.“
Auch Sarah litt lange an einer Angst, dass das Haus einmal abbrennen könnte. Wovon ihre Mutter aber erst jetzt erfuhr, war die stets gepackte Tasche unter dem Bett ihrer Tochter. Schließlich ging sie in ihr Zimmer, holte die Tasche hervor und packte sie aus. „Der ganze Vorgang dauerte zehn Minuten und danach ging es ihr immer noch gut“, so Bowman. „Es gibt einen Grund, warum die Erinnerungen hochkommen. Und ich denke, es ist, weil die Seele heilen will.“
Oft suchten die Seelen nach einer Lösung für ein Trauma oder eine unerledigte Aufgabe aus ihrem unmittelbaren Vorleben. So komme es, dass sich Menschen sogar an mehrere frühere Leben erinnern, manchmal an ein Leben auf der anderen Seite der Welt oder vor Tausenden Jahren, sagte Bowman.
Für viele Kinder kämen diese Erinnerungen jedoch überraschend. „Sie befinden sich noch in einem Zustand, in dem sie den Unterschied zwischen etwas, das in ihrem früheren Leben passiert ist, und dem, was ihnen gerade passiert, nicht kennen.“
Leben nach dem Tod
„Wir verändern uns, wir können die Kultur, die Religion wechseln, Mann oder Frau gewesen sein – wir haben über Jahrtausende hinweg viele Dinge erlebt. Ich weiß nicht, wie viele Leben wir im Durchschnitt haben. Ich glaube, das ist von Seele zu Seele unterschiedlich, aber wir haben währenddessen viele verschiedene Erfahrungen gemacht“, so Bowman. „Hoffentlich gibt uns das ein gewisses Maß an Akzeptanz gegenüber anderen, wenn wir wissen, dass wir andere Leben in anderen Kulturen mit anderen Hautfarben und sowas hatten. In diesem Sinne sind wir also universelle Wesen.“
Bowmans erste Erkenntnis, dass wir nach dem menschlichen Leben und Tod weiterleben, kam Jahre vor ihrer Rückführung. „Es war beim Sonnenaufgang am Strand, als mir klar wurde, dass wir alle Energie sind und dass ein Teil von uns nicht stirbt“, sagte sie. „Das war ein sehr tiefgreifender Moment.“
„Es gibt eine Menge Fälle da draußen. Für jeden, der aufgeschlossen ist, gibt es Beweise für die Existenz davon. Ich denke, es kann unser Bewusstsein für andere Menschen und ihre Erfahrungen erweitern und uns vielleicht mehr Mitgefühl geben“, so Bowman. „Ich glaube, dass es uns Hoffnung gibt. Dass wir, wenn wir für etwas büßen müssen, eine zweite Chance haben. Wenn wir mit einem Konflikt sterben, können wir zurückkommen und die Dinge wiedergutmachen oder abschließen. Ich glaube, das ist eine sehr hoffnungsvolle Sicht der Dinge“, schließt Bowman.
Dieser Artikel erschien im Original auf theepochtimes.com unter dem Titel: „More Children May Remember Past Lives Than You Expect“ (redaktionelle Bearbeitung ger)
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