Alexander von Humboldt: Forscher par excellence



Vor 255 Jahren wurde der Wissenschaftler und Forscher Alexander von Humboldt geboren. Sein unerschöpfliches Interesse an der Welt und ihren Erscheinungen machen ihn auch heute noch zum Vorbild für aufrichtig suchende Naturwissenschaft.


Titelbild
Alexander von Humboldt und der Botaniker Aimé Bonpland am Orinoco. Gemälde von Eduard Ender, 1856.Foto: Gemeinfrei, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=979313
Von 23. September 2024

Als zweiter Sohn eines preußischen Offiziers und Kammerherrn am kaiserlich preußischen Hof wird Alexander in der vornehmen Stadtwohnung seiner Eltern in Berlin geboren.

 Zwei Jahre vor seiner Geburt ist Bruder Wilhelm zur Welt gekommen. Beiden Söhnen wird das Ehepaar von Humboldt die bestmögliche Ausbildung zukommen lassen.

Mutter, Marie Elisabeth von Humboldt, geborene Colomb, hat als junge Witwe nochmals geheiratet und in die Ehe mit Alexander Georg von Humboldt ein stattliches Vermögen eingebracht.

Intensiver Unterricht

In der Ruhe und Abgeschiedenheit von Schloss Tegel, dem herrschaftlichen Landsitz der von Humboldts, der in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts noch außerhalb Berlins liegt, erhalten die beiden Jungen schon bald Hausunterricht bei hochkarätigen Lehrern.

So beaufsichtigt Joachim Heinrich Campe, Schriftsteller, Sprachforscher, Pädagoge und späterer Verleger, einige Jahre lang die Studien der beiden Brüder. Von ihm übernimmt der Pädagoge Gottlob Johann Christian Kunth und wird als Erzieher der Jungen mit den Jahren auch zum väterlichen Freund der Familie.

Während der vielfältige Unterrichtsstoff von alten und neuen Sprachen über Naturwissenschaften bis hin zur Philosophie Wilhelm geradezu zuzufliegen scheint, gilt Alexander als vergleichsweise lernschwach. Auf den Altersunterschied zwischen den Brüdern wird allem Anschein nach kaum Rücksicht genommen.

Freude am Suchen, Sammeln, Ordnen und Zeichnen

Die Reaktion des jüngeren Bruders ist jedoch erstaunlich.
 Statt sich innerlich zurückzuziehen oder gar aufzugeben, sucht er sich zusätzlich zu den Unterrichtsthemen weitere Wissens- und Betätigungsfelder.

So sammelt, ordnet und etikettiert Alexander Fundstücke aus der Natur und bewahrt sie fein säuberlich in seinem Zimmer auf. Insekten, Steine und Pflanzen zusammenzutragen, wird eine seiner jugendlichen Leidenschaften. Bald nennt die Familie ihn scherzhaft „den kleinen Apotheker“.

Alexander von Humboldt, 1784, porträtiert von Johann Heinrich Schmidt. Foto: Gemeinfrei

Auch das Zeichnen von planetaren und geografischen Karten gehört zu Beschäftigungen, die sich der Junge aus eigenem Antrieb erschließt. 
Daraufhin wird er von dem bekannten Kupferstecher und Illustrator Daniel Chodowiecki unterrichtet, was 1786 zur Ausstellungsbeteiligung des 17-jährigen Alexander an der Berliner Akademie führen wird.

Sieben Jahre zuvor ist der Vater der Brüder von Humboldt verstorben.
 Die Mutter bleibt dem Ziel, die gemeinsamen Söhne durch herausragende Bildung für verantwortungsvolle Stellen im preußischen Staatsdienst vorbereiten zu lassen, weiter treu. Sie wird nicht wieder heiraten.
 Ihr Vermögen setzt sie fast ausschließlich dafür ein, die Talente ihrer Söhne weiter zu fördern.

Studienbeginn im europäischen Schicksalsjahr

1789 immatrikuliert sich Alexander, wie kurz vor ihm schon Wilhelm, an der brandenburgischen Universität in Frankfurt an der Oder. Auf der Suche nach vielseitigeren Studieninhalten ziehen beide jedoch bald an die Georg-August-Universität in Göttingen weiter.

Alexander trifft hier auf bedeutende Physiker, Anatomen, Anthropologen, Zoologen und Mediziner. Er lernt den Naturforscher, Ethnologen und Weltumsegler Georg Forster kennen und unternimmt mit ihm erste Forschungsreisen. Während sich Forster im europäischen Schicksalsjahr 1789 immer mehr für die Französische Revolution begeistert, verfolgt Alexander von Humboldt jedoch weiter seine Studien.

Bergbau und Traum von fernen Ländern

Sein Interesse für Gestein und Bergbau führt ihn in die Bergakademie Freiberg. Studien, unter anderem bei dem Mineralogen Abraham Gottlob Werner, wechseln sich dort mit Arbeiten im Untertagebergbau ab. Täglich um 6 Uhr früh fahren die Studenten in die Freiberger Grube ein. Nachmittags wird Theorie gebüffelt.

Innerhalb von nur acht Monaten erwirbt von Humboldt den Abschluss eines Bergassessors und beginnt bald darauf als staatlicher Oberbergmeister mit der technischen und ökonomischen Reorganisation des Bergbaus, unter anderem im Fichtelgebirge und im Frankenwald.

Neben seinen vielseitigen Tätigkeiten, die auch chemische Forschungen einschließen, bereitet er sich aber auch auf lange erträumte Reisen in ferne Länder vor.

Porträt von Alexander von Humboldt aus dem Jahr 1806 von Friedrich Georg Weitsch. Foto: Public Domain

Als er und sein Bruder nach dem Tod der Mutter im Jahr 1796 zu vermögenden Erben werden, zögert Alexander von Humboldt nicht. Im selben Jahr scheidet er aus dem Staatsdienst aus. Als unabhängiger Naturforscher will er nun an einer umfassenden Darstellung der physisch-geografischen Welt, einer „physique du monde“ arbeiten.

„Westindien“ schwebt ihm als erstes Ziel vor, ein Gebiet, das sich nach damaligem Verständnis von Mexiko bis zum Amazonas erstreckt. „Meine Reise ist unerschütterlich gewiß“, schreibt er Ende 1796. „Ich präpariere mich noch einige Jahre und sammle Instrumente, […] dann geht es […] mit englischen Schiffen nach Westindien.“

Bis 1799 muss er sich gedulden. Der politische Scherbenhaufen, den die Französische Revolution hinterlässt, und der kometenhafte Aufstieg eines französischen Generals namens Napoleon Bonaparte führen immer wieder zu politischen Verwerfungen, kriegerischen Wirren und Verzögerungen seiner Abreise.

„Das Gute und Große wollen“

Am 5. Juni 1799 bricht er schließlich von la Coruna mit der spanischen Fregatte Pizarro auf.
 Aus einem Brief vom selben Tag leuchtet uns seine Begeisterung bis heute entgegen:

„Ich werde Pflanzen und Fossilien sammeln, […] werde […] nützliche astronomische Beobachtungen machen können; ich werde die Luft chemisch zerlegen. — dies alles ist aber nicht Hauptzweck meiner Reise. Auf das Zusammenwirken der Kräfte, den Einfluß der unbelebten Schöpfung auf die belebte Tier- und Pflanzenwelt; auf diese Harmonie sollen stets meine Augen gerichtet sein. Der arbeitsame Mensch muß das Gute und Große wollen.“

Drei große Erkundungsreisen wird er zusammen mit dem französischen Botaniker Aimé Bonpland in Mittel- und Südamerika unternehmen.

Amerikanische Forschungsreise von Alexander von Humboldt, 1799–1804. Grafik: Alexrk, CC BY-SA 2.5

Kaum vorstellbare Strapazen

Nur zu erahnen sind die Strapazen, die beide zusammen mit einheimischen Begleitern überstehen. Monatelang schlafen sie, so berichtet von Humboldt in seinen Reiseaufzeichnungen, „in Wäldern, umgeben von Krokodilen, Boas und Jaguaren […], nichts genießend als Reis, Ameisen, Manioc, […] und bisweilen Affen“.

Wegen der „Moskiten, die die Luft verfinstern […], ist es fast unmöglich am Tageslicht zu schreiben; man kann die Feder nicht ruhig halten, so wütend schmerzt das Gift der Insekten. Alle unsere Arbeit mußte daher beim Feuer, in einer indianischen Hütte, vorgenommen werden, wo kein Sonnenstrahl eindringt, […]. Hier aber erstickt man wieder von Rauch, wenn man auch weniger von den Moskiten leidet.“

Über den beschwerlichen Weg über die Anden schreibt von Humboldt: „Dicke Wälder liegen zwischen Morästen; die Maultiere sinken bis auf den halben Leib ein; und man muß durch so tiefe und enge Schlüchte, daß man in Stollen eines Bergwerks zu kommen glaubt. Auch sind die Wege mit den Knochen der Maultiere bepflastert, die hier vor Kälte oder Mattigkeit umfielen.“

Unermüdlich forschend, menschlich mitfühlend

An allen Orten und Stationen der insgesamt mehr als fünfjährigen Reise beobachtet, notiert, sammelt, misst und zeichnet von Humboldt.

An der Küste Ecuadors weist er durch Temperaturmessungen eine Meeresströmung nach. Durch barometrische Höhenmessungen legt er Höhenquerschnittsprofile von Landschaften an. Astronomische Beobachtungen führen zur Bestimmung von Längengraden. Klima- und Vegetationsstufen werden erforscht und notiert, der magnetische Äquator überschritten und gemessen.

Neben der Kartografie, dem Erdmagnetismus und der Meereskunde sammelt er ebenso Daten zur Vulkanologie, Meteorologie, zu Bergbau, Zoologie, Botanik und Ethnologie.

In seinen Reisetagebüchern hält er jedoch auch sein Entsetzen über den grassierenden Sklavenhandel fest und schreibt:
 „Was gegen die Natur ist, ist ungerecht, schlecht und ohne Bestand.“
 In einem Essay über die Insel Kuba spricht er noch konkreter von der Sklaverei als „größtem aller Übel“, das die Menschheit plage.

Aufgeschlagenes Tagebuch Alexander von Humboldts in der Sonderausstellung „Humboldt lebt“, Zoologisches Museum, Hamburg, 2019. Foto: Burkhard Mücke, CC BY-SA 4.0

Ein Drittel seines Vermögens hat Alexander von Humboldt inzwischen für seine Forschungsreisen aufgewendet. Zwischen 1805 und 1839 veröffentlicht er nun ein vielbändiges Werk, das seine Reisen und Entdeckungen nachzeichnet – auf eigene Kosten.
 Seine Mittel schmelzen vollends dahin.

Nur die Einladung des zaristischen Russlands macht Alexander von Humboldts große Russlandexpedition im Jahr 1829 möglich.

Karte der russischen Expedition von Alexander von Humboldt im Jahr 1829. Grafik: Notafly, CC BY-SA 3.0

Mittellos und visionär

Bis kurz vor seinem Tod im Alter von fast 90 Jahren, am 8. Mai 1859, wird er – fast mittellos – an seinem fünfbändigen Hauptwerk „Kosmos“ arbeiten. In diesem geht es ihm um nicht weniger als der vielschichtigen Gesamtschau der Welt und ihrer Erscheinungen über die Grenzen der verschiedenen wissenschaftlichen Disziplinen hinweg.

17 Jahre zuvor hat er den ersten Band dieses wissenschaftlichen Meisterwerks mit bewegenden Worten eingeleitet: „Ich übergebe am späten Abend eines vielbewegten Lebens dem deutschen Publikum ein Werk, dessen Bild […] mir fast ein halbes Jahrhundert lang vor der Seele schwebte.“



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