Zu viel an privatem Kapital wandert in die USA ab: Macron und Scholz wollen „Europäisches Sparprodukt“

Bundeskanzler Scholz und Frankreichs Präsident Macron wollen konkrete Schritte in Richtung einer Kapitalmarktunion der EU unternehmen. Ein Schritt dazu soll die Schaffung eines sogenannten Europäischen Sparprodukts sein. Bisher wandere zu viel an privatem Kapital in die USA ab.
Emmanuel Macron (l), Präsident von Frankreich, spricht mit Bundeskanzler Olaf Scholz.
Emmanuel Macron (l.), Präsident von Frankreich, spricht mit Bundeskanzler Olaf Scholz.Foto: Geert Vanden Wijngaert/AP/dpa
Von 7. Juli 2024

Deutschland und Frankreich wollen die europäische Kapitalmarktunion (CMU) vorantreiben. Darauf hatten sich Bundeskanzler Olaf Scholz und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron bereits vor den EU-Wahlen vom 9. Juni verständigt. Ein Schritt dazu soll ein sogenanntes europäisches Sparprodukt sein, das unter anderem dazu beitragen soll, dass weniger privates Kapital aus der EU in die USA abfließt.

Europäisches Sparprodukt soll einer von mehreren Schritten zur Kapitalmarktunion sein

Die Idee dazu war bereits im vergangenen Februar aufgekommen. Damals hatte Frankreichs Finanzminister Bruno Le Maire auf der Grundlage eines Berichts von Banque-de-France-Vorstandschef Christian Noyer ein Vier-Punkte-Programm vorgeschlagen.

Neben einem langfristigen europäischen Sparprodukt solle es noch weitere Maßnahmen geben, um einen einheitlichen Kapitalmarkt innerhalb der EU zu forcieren. So sollen regulatorische Reformen den seit der Subprime-Krise 2007 darniederliegenden Verbriefungsmarkt neu beleben.

Doch auch die Rolle staatlicher Institutionen soll ausgebaut werden. So will Le Maire die Idee einer EU-weiten Marktaufsicht zu Ende führen, die in den vergangenen Jahren ins Stocken geraten war. Die europäische Marktaufsichtsbehörde (ESMA) solle dabei die Federführung übernehmen. Außerdem will man die Marktinfrastruktur insgesamt ausbauen.

Fondsmarkt wird von US-Anbietern dominiert

Das „Europäische Sparprodukt“ soll helfen, die nicht weniger als 35 Billionen Euro an Ersparnissen in europäischen Haushalten in der Staatengemeinschaft zu behalten. Diese verteilen sich zurzeit – je nach Anlagekultur – auf mehr oder minder risikoarme, aber wenig renditeträchtige Titel wie Sparbücher oder Tagesgeld. Oder sie wandern in Aktien und Fonds, die häufig in den USA anlegen oder von US-Investmentbanken kontrolliert werden.

Am 28. Mai berieten Scholz und Macron in Meseberg über das sogenannte Europäische Sparprodukt. Dabei beklagten sie unisono, dass aufgrund eines derzeitigen Mangels an Investmentoptionen Milliarden an Euro „europäischen Boden zu Investitionszwecken“ verließen.

Europäische Investitionsalternativen würden demgegenüber die Position der EU im Wettbewerb mit den USA und China stärken. Aus diesem Grund wollen Scholz und Macron zeitnah handeln und Optionen schaffen, um heimisches privates Kapital für Wachstum zu mobilisieren. Der französische Präsident äußerte dazu:

„Wir haben uns entschieden, gemeinsam die Schaffung eines europäischen Sparprodukts in die Wege zu leiten.“

Lindner hatte ähnliches Vorhaben skizziert

Rückhalt hat das Vorhaben auch bei Bundesfinanzminister Christian Lindner. Dieser hatte selbst ein Programm zur Schaffung einer Kapitalmarktunion skizziert, das viele Ähnlichkeiten mit jenem Le Maires aufweist. Er nannte ebenfalls eine Renaissance des Verbriefungsmarktes als Option, der es Banken ermögliche, ihre Risiken am Markt zu diversifizieren und Finanzierungskapital zu schaffen.

Zudem trat auch er für eine „stärker zusammenrückende Aufsicht“ und eine Harmonisierung der Kapitalmarktregeln in der Staatengemeinschaft ein. Vieles sei derzeit zersplittert, von Detailvorschriften zum Finanzdienstleistungsrecht bis zu den Insolvenzbestimmungen. Bezüglich einer möglichen Zentralisierung der Aufsicht habe die Bundesregierung allerdings regelmäßig Bedenken vorgebracht.

Lindner nannte jedoch ebenfalls ein europäisches Sparprodukt als Element der Kapitalmarktunion. Er fasste dabei ein „standardisiertes, möglicherweise steuerlich privilegiertes“ Produkt, bei dem zu erwägen sei, inwieweit dieses auf Investitionen in Europa zu beschränken sei.

Dies solle es unter anderem europäischen Sparern und Anlegern ermöglichen, beim Vermögensaufbau und der Altersvorsorge ihre Mittel breit zu streuen und auch über verschiedene Währungsräume zu streuen.

Europäisches Sparprodukt soll Finanzierung politischer Projekte begünstigen

Die mögliche steuerliche Begünstigung scheint bis dato der einzig erkennbare Vorteil zu sein, den das Europäische Sparprodukt dem privaten Anleger in Aussicht stellt. Privatpersonen haben bereits jetzt die Möglichkeit, durch weltweit gestreute und diversifizierte Investitionen in Aktien oder Fonds Vermögen anzusparen.

Guillaume David, Mitglied des Vorstands von Arkéa IS, macht jedoch darauf aufmerksam, dass regelmäßig US-amerikanische Fonds die Hauptaktionäre dieser Fonds sind. Zudem würden europäische Aktien strukturell häufig niedriger bewertet als amerikanische. Ein europäisches Sparprodukt würde die „Souveränität“ europäischer Akteure steigern, etwa wenn es um die Finanzierung der Energiewende oder der Hochrüstung gehe.

Das Produkt, das bereits 2025 umgesetzt werden könnte, soll in Aktien investieren. In Deutschland gilt diese Form der Anlage als Nische. David macht zudem deutlich, dass die derzeitigen Vorstellungen der europäischen Politiker dazu noch „sehr vage“ seien.

Die Umsetzung eines einheitlichen Produkts, etwa eines Renten- oder Aktiensparplans, setzt zudem die Harmonisierung von 27 unterschiedlichen Praktiken, Rechtsvorschriften und Interessen voraus. Ein erster Schritt dazu könnte ein gemeinsames Lastenheft sein, das nationale Produkte zusammenführt. Elemente davon könnten eine Mindestanlage in der EU und eine Mindestlaufzeit sein.



Epoch TV
Epoch Vital
Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion