Zu teuer, zu unproduktiv – und zu wenige Käufer: Vorstand erläutert geplante Einschnitte bei VW

Hohe Produktionskosten, ein schrumpfender Automarkt und niedrige Renditen zwingen VW zu radikalen Sparmaßnahmen. In der Vorstandsetage wird bereits über Werksschließungen in Deutschland nachgedacht. Auch Lohneinbußen für die kommenden Jahre gelten als wahrscheinlich.
VW hat angekündigt, seinen Sparkurs notgedrungen zu verschärfen. (Archivbild)
VW hat angekündigt, seinen Sparkurs notgedrungen zu verschärfen. (Archivbild)Foto: Moritz Frankenberg/dpa
Von 29. Oktober 2024

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Die deutschen Standorte sind nicht produktiv genug. Der Automarkt in Europa schrumpft. Die Rendite ist zu gering, um die erforderlichen Investitionen zur Sicherung der Arbeitsplätze in Deutschland finanzieren zu können. So in etwa lassen sich die Erwägungen zusammenfassen, die zuletzt in der Vorstandsetage von VW Gedanken an Werksschließungen laut werden ließen.

Betriebsratschefin Daniela Cavallo hatte am Montag, 28. Oktober, mitgeteilt, dass die Konzernspitze umfangreiche Sparmaßnahmen am Standort Deutschland ins Auge fasse. Werke könnten verkleinert oder gar geschlossen werden. Konkret stehe die Schließung mindestens dreier Werke in Deutschland zur Debatte, wobei Osnabrück und Zwickau als besonders stark gefährdet gelten. Dazu könnten Gehaltseinbußen von bis zu 18 Prozent kommen. Derzeit betreibt VW in Deutschland zehn Werke.

Steigende Kosten und sinkende Renditen belasten VW-Standorte

Wie der „Business Insider“ berichtet, sprechen Vorstände des Konzerns von Fabrikkosten, die 25 bis 50 Prozent über den anvisierten Zielen lägen. Pkw-CEO Thomas Schäfer äußert in einer Nachricht an die Mitarbeiter, dass einzelne deutsche Werke von VW „doppelt so teuer wie der Wettbewerb“ seien.

Um Arbeitsplätze zu sichern, müsse der Konzern in der Lage sein, zu investieren, sekundiert Finanzvorstand David Powels. Die entsprechende Finanzierung sei jedoch lediglich mit einer Rendite von mindestens 6,5 Prozent zu gewährleisten. Davon sei man jedoch noch „weit entfernt“.

Vor allem aber sei Europas Automarkt generell deutlich geschrumpft – und das bei gleichzeitigem Markteintritt chinesischer Billiganbieter. Seit 2020 würden um zwei Millionen Fahrzeuge weniger verkauft. Für VW mit seinen 25 Prozent Marktanteil bedeute dies ausbleibende Verkäufe im Umfang von etwa 500.000 Automobilen.

Europas schrumpfender Automarkt und die Konkurrenz aus China

Inwieweit die Kaufbereitschaft der Kunden größer wäre, wenn ihre Kaufkraft nicht durch Inflation und hohe Energiekosten belastet wäre, ist schwer einzuschätzen. Ein weiterer Faktor, der zur Verunsicherung potenzieller Käufer beiträgt, ist die Unsicherheit bezüglich politischer Interventionen ins Marktgeschehen.

Trotz des Versuchs, den Markt auf Elektromobilität einzuschwören, bleibt die Nachfrage in diesem Bereich gering. Dies gilt umso mehr, seit die Kaufprämie durch die Ampel im Dezember des Vorjahres aus haushaltstechnischen Gründen abrupt gestoppt wurde. Gleichzeitig zögern mögliche Kunden auch, sich vor dem drohenden Zwangs-Aus durch die EU einen Verbrenner zuzulegen. Immerhin hat die Politik noch deutlich höhere Spritpreise infolge von CO₂-Besteuerung in Aussicht gestellt.

Konzernpersonalvorstand Gunnar Kilian mahnt in der Mitteilung, „die Zukunft der Volkswagen AG […] durch gezielte Zukunftsinvestitionen nachhaltig zu sichern“. Die Lage sei ernst und „die Verantwortung der Verhandlungspartner ist enorm“. Voraussetzung dafür sei jedoch, dass es gelinge, die Kosten „signifikant“ zu senken.

VW setzt jetzt auf „Wir“-Gefühl

In einem Papier, das „Bild“ veröffentlicht hat, beschwört der Vorstand ein „Wir“-Gefühl und versucht, damit Hoffnung zu verbreiten. Man habe die künftige Entwicklung „gemeinsam in der Hand“, so die Kernbotschaft. Die Qualität der Fahrzeuge stimme – insbesondere auch die der E-Mobile. Allerdings müsse man in die Lage kommen, diese zu wettbewerbsfähigen Preisen anzubieten.

Zurzeit, so heißt es dort weiter, „sinkt unsere Rendite jedoch, statt zu steigen“. Bei Wettbewerbern sei diese zwar auch unter Druck, allerdings in einem deutlich geringeren Ausmaß. Man müsse wieder Renditen erzielen, die Investitionen ermöglichten.

Die Kosten pro Fahrzeug lägen um ein Vielfaches höher als bei Wettbewerbern. Die Arbeitskosten hätten daran einen Anteil. Man habe, so der Vorstand, „klare Pläne, wie wir Produktionskosten, Materialkosten und Vertriebsleistung optimieren werden“. Zwischen den Zeilen klingt das wie ein Wink mit dem Zaunpfahl in Richtung Gewerkschaften zur Lohnzurückhaltung und die Ankündigung eines größeren Erfolgsdrucks auf den Vertrieb.

Deutliche Kritik von Kanzler Scholz und aus der Linkspartei

Als der VW-Vorstand im September die seit 1994 geltende Beschäftigungsgarantie aufkündigte, brachte die IG Metall eine Rückkehr zur Vier-Tage-Woche ins Gespräch. Diese hatte man damals vereinbart, um den drohenden Wegfall von 30.000 Arbeitsplätzen zu verhindern. Die Gewerkschaft war damals bereit, eine zehnprozentige Lohnkürzung hinzunehmen. Dieses Mal wollte die IG Metall jedoch eine Lohnerhöhung von sieben Prozent.

Dies hält man im Vorstand des Konzerns jedoch für illusorisch. Stattdessen werde es eine effektive Gehaltskürzung um 18 Prozent geben. Laut Betriebsrat ergebe sich dies aus einer aktuellen Kürzung in Höhe von zehn Prozent, zwei Nulllohnrunden in den Folgejahren und einem Ende der monatlichen tariflichen Zulage von derzeit 167 Euro.

Unterhalb der Managementebene sollen Boni und Jubiläumseinmalzahlungen gestrichen werden. Die Schließung dreier Werke wäre damit immer noch nicht vom Tisch. Derzeit sind deutschlandweit etwa 120.000 Beschäftigte für den VW-Konzern tätig.

Bundeskanzler Olaf Scholz meinte zu der neuen Entwicklung, es sei nicht vertretbar, dass „falsche Managemententscheidungen aus der Vergangenheit zulasten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gehen“. Der Vorsitzende der Gruppe der Linken im Bundestag, Sören Pellmann, forderte „eine planvolle Industriepolitik“. Er kritisierte, dass die Manageretage selbst nicht mit gutem Beispiel vorangehe:

Während die VW-Chefetage sich Boni auszahlen lässt, drohen Werksschließungen und Massenentlassungen.“



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