Zölle als Druckmittel: Die EU im Zugzwang

Die Übergangsphase für die EU endet bald: Die von Joe Biden ausgehandelte Aussetzung gegenseitiger Strafzölle läuft im März aus – und mit Donald Trumps Rückkehr ins Weiße Haus könnte der Handel erneut unter Druck geraten.
Die von US-Präsident Trump ursprünglich verhängten Strafzölle würden nach Berechnungen von Ökonomen in den betroffenen Ländern eine zurückgehende Wirtschaftsleistung zur Folge haben. (Symbolbild)
Die von US-Präsident Trump ursprünglich verhängten Strafzölle würden nach Berechnungen von Ökonomen in den betroffenen Ländern eine zurückgehende Wirtschaftsleistung zur Folge haben. (Symbolbild)Foto: Li Ziheng/Xinhua/dpa
Von 6. Februar 2025

Bis Ende März gilt die Vereinbarung zwischen den USA und der EU über die Aussetzung wechselseitiger Strafzölle. Diese hatte die Regierung von Präsident Joe Biden 2021 mit Brüssel getroffen, um eine Lösung im Handelskonflikt zu ermöglichen, der unter seinem Vorgänger Donald Trump an Dynamik gewonnen hatte. Jetzt sitzt Trump erneut im Weißen Haus – und die damaligen Streitpunkte sind seither einer Lösung nicht nähergekommen.

Gegen Fentanylschmuggel und irreguläre Migration

Seit seinem Amtsantritt hat Trump mehrfach Zölle angekündigt oder eingeführt, auch gegenüber den Freihandelspartnern Mexiko und Kanada. Dabei standen nicht nur wirtschaftliche, sondern auch politische Themen im Fokus. Im Fall der Nachbarstaaten betraf dies Maßnahmen zur Bekämpfung von Fentanylschmuggel und irregulärer Migration, womit der US-Präsident seine Entschlossenheit unterstreicht, Zölle als ein Instrument zur Durchsetzung politischer Ziele zu nutzen.

Es ist wahrscheinlich, dass Trump auch gegenüber der EU verstärkt auf Zölle setzen wird. Kürzlich kritisierte er deren Handelspolitik und bezifferte das Handelsbilanzdefizit auf über 300 Milliarden US-Dollar, während Brüssel von 155,8 Milliarden ausgeht. Im Dienstleistungssektor hingegen verzeichneten die USA einen Überschuss von 104 Milliarden US-Dollar.

Im Warenhandel gab es jedoch einen Exportüberschuss zugunsten der EU. Wie die „Tagesschau“ berichtet, hatte sich dieser allein im vergangenen November auf fast 19 Milliarden Euro summiert. Das waren um etwa 4,4 Milliarden Euro mehr als zwei Jahre zuvor.

Streitpunkte der ersten Amtszeit noch nicht beigelegt

Vor den Wahlen hatte Trump Zölle von 20 Prozent auf europäische Produkte in Aussicht gestellt. Dies würde den weiteren Verkauf von Produkten ohne erkennbaren Qualitätsvorteil gegenüber vergleichbaren amerikanischen fast unmöglich machen. Bereits im März 2018 hatten die USA Sonderzölle von 25 Prozent auf Stahl- und 10 Prozent auf Aluminiumprodukte aus der EU verhängt. Die EU reagierte ihrerseits mit Gegenzöllen auf Bourbon-Whiskey, Harley-Davidson-Motorräder und Jeans.

Trump wirft der EU vor, die Einfuhr US-amerikanischer Erzeugnisse zu erschweren, insbesondere von Kraftfahrzeugen und landwirtschaftlichen Produkten. Tatsächlich liegt der Einfuhrzoll für Kraftfahrzeuge aus EU-Ländern in den USA derzeit bei 2,5 Prozent. Demgegenüber werden US-amerikanische Einfuhren dieser Art mit 10 Prozent belastet, Lkw sogar mit 22 Prozent.

Die Nachfragestruktur in vielen Ländern der EU ist eine andere als in den USA – beispielsweise spielen Pick-ups oder große Familienvans in den USA eine deutlich größere Rolle. Außerdem produzieren viele US-Autokonzerne auch in Europa selbst. Die ungleichen Zölle können dennoch Ungleichgewichte nach sich ziehen. Trump wirft der EU auch vor, die Einfuhr US-amerikanischer Landwirtschaftsprodukte durch politische Vorgaben zu Klimaneutralität oder Gentechnik zu erschweren.

Trump will durch die Zölle auch Produktion in die USA locken

Neben handelspolitischen Zielen und allgemeinen politischen Forderungen strebt Trump mit seiner Zollpolitik auch eine weitere Aufwertung des Standorts USA an. Der Präsident sieht eine Chance, europäische Automobilkonzerne auf breiter Ebene zur Produktion in den USA zu bewegen.

Bis dato hatte Trumps Vorgänger Joe Biden damit vielfach bereits Erfolg: Sein Inflation Reduction Act (IRA) mit weitreichenden klimabezogenen Subventionen konnte einige Produzenten bereits aus der EU in die USA holen. Die hohen Energiepreise und die chinesische Billigkonkurrenz taten ihr Übriges, um die USA als Standort und Markt attraktiv zu machen.

Eine Vielzahl an Autokonzernen aus Europa produzierte bislang in Mexiko oder Kanada. Dort sind die Produktionskosten niedriger und es gab den freien Zugang zum US-Markt. Nunmehr schwebt jedoch das Zoll-Damoklesschwert Trumps auch über diesen beiden Ländern. Die jüngst verhängten Zölle von 25 Prozent auf Einfuhren sind nur aufgeschoben, aber nicht zwingend aufgehoben und können jederzeit in Kraft gesetzt werden. Dies könnte den einen oder anderen EU-Konzern zu dem Gedanken verleiten, gleich in den USA zu produzieren. Das „Handelsblatt“ berichtet von diesbezüglichen Überlegungen bei Audi und Porsche.

EU kann aufgrund wirtschaftlicher Schwäche wenig entgegensetzen

Trump hat im Wahlkampf noch weitere Maßnahmen angekündigt, um den Standort USA deutlich von der EU abzuheben. So soll die Bildung von „Sonderzonen“ europäische Konzerne dazu motivieren, jenseits des Atlantiks zu produzieren. Diese sollen gezielt die Schwächen des europäischen Standorts ins Visier nehmen – und niedrige Energiekosten, niedrige Steuern, wenig Regulierung und freien Marktzugang bieten.

Die EU bemüht sich um Verhandlungen und Kooperation, weil sie sich darüber im Klaren ist, dass ihre derzeitige Lage wenig an Mitteln zum Gegendruck gegenüber den USA hergibt. Die Binnennachfrage stagniert, vor allem die Autoindustrie verliert gegenüber der chinesischen Konkurrenz an Boden – in Europa und auch in China selbst. Energiekosten, Regulierung und Stagnation, verbunden mit Konsumflaute machen den Standort unattraktiv. Erst vor wenigen Monaten machte das Ex-EZB-Chef Mario Draghi in einem Bericht deutlich.

Zwar hätte die EU Möglichkeiten, Gegenzölle schnell in Kraft zu setzen. Ein Gesetz gegen wirtschaftliche Zwangsmaßnahme erlaubt der Kommission in Brüssel darüber hinaus auch, Patente auszusetzen oder Drittstaaten von öffentlichen Aufträgen auszuschließen. Als wichtiger werten viele EU-Entscheidungsträger jedoch im Verhältnis zu den USA, mehr LNG oder Rüstungsgüter von ihnen zu kaufen.

Höhere Kosten als Risiko für Unternehmen und Verbraucher

Ob der Effekt, den Trump mit seiner Zollpolitik erzielen will, die potenziellen Nachteile überragen wird, bleibt abzuwarten. Zölle würden in jedem Fall die Kosten für Importe erhöhen – und könnten Lieferketten verkomplizieren. Importeure, die sich auf die höheren Kosten einstellen müssen, können diese selbst tragen oder sie an die Verbraucher weitergeben.

Um Zölle zu vermeiden könnten Unternehmen sich gezwungen sehen, ihre Lieferketten umzustrukturieren. Auch das ist mit monetären Kosten oder Zeitverlust verbunden. Chinesische Anbieter könnten insbesondere in der EU der lachende Dritte sein, weil hohe Verbraucherpreise ihren Billigmodellen in die Hände spielen.

Verbraucher hätten im Fall eines Handelskriegs zwischen den USA und der EU ebenfalls mit höheren Preisen durch gestiegene Importkosten zu rechnen. Außerdem könnte dieser zu einer Einschränkung der Auswahl oder Verfügbarkeit zahlreicher Produkte führen. Dazu kommen mögliche inflationäre Tendenzen, Einbußen bei der Kaufkraft und Arbeitsplatzverluste.

Welche Branchen es am stärksten treffen würde

Zu den am stärksten von einem Handelskrieg zwischen den USA und der EU betroffenen Branchen gehören nicht nur Auto- und Zulieferindustrie, sondern auch die Pharmabranche und der Maschinenbau; sie exportieren in die USA und könnten Probleme haben, wettbewerbsfähig zu bleiben.

Landwirtschaft und Agrarindustrie auf beiden Seiten könnten unter Zöllen auf Getreide, Fleisch und Wein leiden. Aber auch die stark von globalen Lieferketten abhängige Elektronikindustrie würde voraussichtlich massiv in Mitleidenschaft gezogen.

Auch das deutsche BIP könnte unter höheren Zöllen leiden – was die ohnehin geringen Wachstumsaussichten noch weiter eintrüben würde. Als Hoffnungsschimmer gilt die Erfahrung der ersten Amtszeit Trumps, dass dieser häufig schwere Geschütze auffährt und die Eskalation sucht, am Ende jedoch immer auch bereit ist, Einigungen zum beiderseitigen Nutzen zu suchen. Die WTO ist unterdessen zurzeit als Schiedsrichterin nicht handlungsfähig. Seit der Ära Obama fordern die USA dort Reformen – und blockieren die Wahl von Richtern für deren Appellationsgerichtshof.



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