„Zeitweise Engpässe im Stromnetz“: Deutschland erreicht Solarziel – Praxis jedoch ineffizient

Ende Juni summierte sich die gesamte Leistung aller in Deutschland betriebenen Solaranlagen auf mehr als 90 Gigawatt. Das übertrifft das gesetzte Etappenziel. Allerdings ist die Praxis der Versorgung ineffizient. Dies liegt unter anderem daran, dass intelligente Stromzähler fehlen.
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Solarzellen auf Hausdach (Archiv)Foto: via dts Nachrichtenagentur
Von 14. August 2024

Nicht in jedem Bereich läuft die Energiewende in Deutschland nach Plan. Was die Solarenergie anbelangt, kann sich die Bundesregierung jedoch freuen. Bereits Ende Juni belief sich die Gesamtleistung aller im Land installierter Solaranlagen auf mehr als 90 Gigawatt. Dies geht aus Zahlen des Bundeswirtschaftsministeriums hervor.

Das Etappenziel für 2024 lag bei 88 Gigawatt. Im Jahr 2030 soll sich die Gesamtleistung auf 215 Gigawatt summieren. Die Bundesnetzagentur dokumentiert einen erheblichen Fortschritt beim Ausbau der Solaranlagen. Deren Zubau habe sich 2023 im Vergleich zum Jahr davor auf nahezu 14 Gigawatt verdoppelt.

Solarboom in Deutschland: Erreichung des Solarziels trotz ineffizienter Bewirtschaftung

Einer aktuellen Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) zufolge hat vor allem die private Installation von Solaranlagen auf Dächern und Balkonen die Dynamik entfaltet. Demgegenüber gebe es weiterhin Ausbaupotenzial auf den Freiflächen. Insgesamt sehen Experten ein theoretisches Gesamtnutzungspotenzial von etwa 13 Millionen Hektar für Photovoltaik. Dies entspreche 37 Prozent der deutschen Landesfläche.

Das größte Problem bezüglich der Versorgung mit Photovoltaik sieht das DIW jedoch derzeit nicht in einem zu geringen Ausbau. Tatsächlich vollzieht sich die Praxis der Einspeisung häufig in einer sehr ineffizienten Art und Weise. Vor allem fehle es an sogenannten intelligenten Stromzählern und ähnlichen Einrichtungen, die dazu beitragen könnten, Einspeisungen dann vorzunehmen, wenn sie gebraucht würden.

Derzeit sei das Gegenteil der Fall. An heißen, sonnigen Sommertagen, wie sie Deutschland derzeit erlebt, werde in den Mittagsstunden besonders viel Solarstrom erzeugt. Dies könne, so das DIW, in den Stromnetzen, vor allem auf der Verteilnetzebene, zeitweise zu Problemen führen.

Privater Solarausbau treibt Energiewende voran – Herausforderungen in der Netzeffizienz bleiben

Die Folge sei, dass die Speicher, die der Nutzung für den Eigenbedarf dienen, vollgeladen seien und dennoch eine Einspeisung ins öffentliche Stromnetz mit voller Kapazität erfolge. Die Kapazität des Stromnetzes insgesamt sei jedoch nur für eine bestimmte Menge an Stromfluss ausgelegt. Eine Einspeisung großer Mengen an Strom aus vielen kleinen Solaranlagen könne das Netz überlasten, da es nicht auf eine so hohe Zufuhr an dezentralem Strom ausgelegt sei.

Wie das Fraunhofer-Institut ISE bestätigt, kann eine besonders hohe Einspeisung von Solarstrom auch Spannungsschwankungen im Netz herbeiführen. Diese können ebenfalls die Netzstabilität beeinträchtigen und zu Problemen bei der Stromversorgung führen.

Zwar sind einige Haushalte, die Solaranlagen nutzen, auch mit Batteriespeichern ausgerüstet, allerdings ist dies nicht flächendeckend der Fall, sodass es nicht immer gelingt, auf diese Weise Spitzen abzufangen. Gleichzeitig reichen ihre Speicherkapazitäten an Tagen mit besonders starker Sonneneinstrahlung auch nicht aus, um sämtliche überschüssige Produktion abzufedern.

Die Netzbetreiber müssen den Stromfluss daher ständig überwachen und regulieren. Bei einer hohen Einspeisung aus vielen kleinen Quellen wird diese Aufgabe komplexer und aufwendiger.

Notwendigkeit intelligenter Systeme zur Optimierung der Stromversorgung

Es sei dringend erforderlich, so das DIW, die Ausstattung mit sogenannten intelligenten Stromzählern und ähnlichen anpassungsfähigen Systemen voranzubringen. Ein weiteres Problem bezüglich eines effizienten Beitrags der Photovoltaik zur Stromversorgung liege aber auch in fehlenden Anreizen für optimierte und flexible Einsätze der Batteriespeicher.

Es gebe „kaum Anreize, diese Speicher möglichst netz- oder marktorientiert einzusetzen“, so das Institut. Weder durch Einspeisevergütungen noch durch Haushaltsstromtarife gebe es diesbezüglich Signale:

„Vergütungen und Preise sind für jede Kilowattstunde gleich, unabhängig vom aktuellen Marktpreis.“

Es zeichnet sich ab, dass die derzeitigen Effizienzprobleme im Bereich der Solarenergie angesichts des dynamischen Ausbautempos bei der Photovoltaik nicht zeitnah verschwinden werden. Der Preisverfall bei Solarpanels macht die Installation günstiger und stärkt die Nachfrage – zur Freude des KP-Regimes im Weltmarktführerland China. Dies schafft vor allem für die Netzbetreiber die Notwendigkeit, Strategien und Technologien zu entwickeln oder zu optimieren.

Smart Grids und Flexibilitätsmärkte als Lösungsansätze für eine stabile Energiezukunft

Einige Ansätze gelten dabei als vielversprechend, um die Einspeisung von Strom aus erneuerbaren Energien wie Solaranlagen besser zu steuern und das Netz stabil zu halten. Einer davon sind sogenannte Smart Grids. Diese intelligenten Netze nutzen digitale Kommunikationstechnologien, um den Stromfluss in Echtzeit zu überwachen und notfalls schnell Steuerungsmaßnahmen zu setzen.

Auch das Lastmanagement, das den Verbraucher in die Pflicht nimmt, wird diskutiert. Dazu gehört etwa eine zeitlich verschobene Nutzung von Haushaltsgeräten, um Spitzenlasten zu vermeiden.

Weitere Optionen stellen Flexibilitätsmärkte für Netzbetreiber, regelbare Ortsnetztransformatoren, vor allem aber der Ausbau und die Verstärkung der Stromnetze dar. Vor allem in Regionen mit hohem Anteil an erneuerbaren Energien ist der Bedarf hoch. Im Extremfall können Netzbetreiber die Einspeisung von Strom aus erneuerbaren Energien vorübergehend reduzieren, um das Netz zu stabilisieren. Dies gilt jedoch als Ultima Ratio.

 



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