Zehnjahreshoch bei Firmenpleiten: Auch Modekonzern betroffen
Nachdem die Modekette Esprit im Mai Insolvenz beantragt hatte, hat sich nun ein Käufer gefunden. Der hat aber nur die Markenrechte gekauft. Alle Esprit-Filialen des Konzerns werden in Deutschland bis zum Jahresende geschlossen.
Esprit jetzt vor Aus: 1.300 Stellen weg
Das bedeutet, dass der Geschäftsbetrieb der Zentrale in Ratingen genauso eingestellt wird wie in den 56 bis dato verbliebenen eigenen Esprit-Läden. Esprit verschwindet damit aus Deutschlands Fußgängerzonen und Einkaufszentren. Circa 1.300 Mitarbeiter verlieren ihre Arbeit. Die Geschäfte des Konzerns außerhalb von Europa sind von der Insolvenz nicht betroffen. Esprit ist weltweit in rund 40 Ländern aktiv. Deutschland galt als einer der wichtigsten Märkte des Labels.
Die Marke Esprit soll weiter erhalten bleiben und in Kürze weitergeführt werden. Produkte unter dem Label würden demnach weiter hergestellt und auch in Deutschland verkauft. Unbekannt ist bislang, in welcher Form dies geschehen soll. Ebenso ist nicht bekannt, und darüber wurde Stillschweigen vereinbart, wie viel der britische Investor Alteri Partners, auch Eigentümer der Modeketten Cecil und Street One, für den Erwerb der europäischen Rechte an der Marke Esprit auf den Tisch gelegt hat. Zuvor war Alteri bereits bei Baby Walz eingestiegen.
Vielzahl an Ursachen: Von Weltlage bis Lieferkettenengpässe
Esprit ist kein Einzelfall. Die ganze Branche hat es in den vergangenen Jahren gebeutelt: Der Boom des Onlinehandels, der durch die Corona-Maßnahmen Aufwind bekommen hat, und auch zunehmende Inflation, Verteuerung von Rohstoffen und Lieferkettenprobleme haben dazu geführt, dass am Ende immer mehr Branchengrößen vom Markt verschwinden.
2023 mussten der größte Modehändler Deutschlands, Peek & Cloppenburg, sowie das Modehaus Gerry Weber im Jahr 50 nach seiner Gründung ein Sanierungsverfahren beantragen. Die Modekette Hallhuber hatte nach einer ersten Insolvenz mit zwischenzeitlicher Rettung im vergangenen Jahr ihr endgültiges Aus verkündet. Auch die Modefirma Peter Hahn konnte sich und ihre Mitarbeiter nicht retten und beantragte im Herbst ein sogenanntes Schutzschirmverfahren.
Die aktuelle wirtschaftliche Entwicklung trifft alle Branchen, doch insbesondere das Verarbeitende Gewerbe. Das hat das Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) in einer gerade veröffentlichten Analyse zum Insolvenzgeschehen in Deutschland im Juli 2024 festgestellt.
Zehnjahreshoch von Firmenpleiten in Deutschland
Das Verarbeitende Gewerbe, auch Produzierendes Gewerbe, spielt eine zentrale Rolle in der Wirtschaft und umfasst Unternehmen, die Rohstoffe oder Halbfertigprodukte durch mechanische, chemische oder sonstige Prozesse in fertige Produkte umwandeln. Dazu gehören etwa die Metall- und Maschinenbauindustrie, die chemische Industrie, die Lebensmittelindustrie oder auch die Automobilproduktion. Nach 100 insolventen Industrieunternehmen im Vormonat Juni 2024 – was dem Durchschnitt der vergangenen zwölf Monate entsprach – erhöhte sich die Zahl nunmehr auf 145.
Darunter hat es bekannte Namen wie die Dekokette Depot mit 6.500 Angestellten getroffen und unter anderem auch einen Branchenführer der Autozulieferer aus Baden-Württemberg. Es handelt sich um das Unternehmen Mürdter aus Mutlangen, das ebenso wie der Autozulieferer Recaro Insolvenz anmelden musste. Der Querschnitt geht durch viele Branchen: ob Insolvenz des 200-jährigen Bratwurstherstellers Holzapfel aus Thüringen, eines Produzenten für Motorradbeleuchtung, der Kellermann GmbH aus Aachen, oder des deutschen Matratzenherstellers Breckle aus Northeim.
Insgesamt sind die Insolvenzen von Personen- und Kapitalgesellschaften in Deutschland im Juli auf 1.406 angestiegen. Damit ist die Zahl der Insolvenzen im vergangenen Monat so hoch wie seit etwa zehn Jahren nicht mehr. Sie übersteigt sogar den jüngsten Spitzenwert vom April 2024; da gab es noch knapp unter 1.400 Insolvenzen.
Im Vergleich zum Vormonat Juni stieg die Zahl der im Juli gemeldeten Insolvenzen um 20 Prozent. Im Vorjahresvergleich liegen die Firmenpleiten 37 Prozent über der Anzahl von Juli 2023. Im Vergleich zur Vor-Corona-Zeit (gerechnet wurde hier der Juli-Durchschnitt der Jahre 2016 bis 2019) gab es sogar eine Steigerung von 46 Prozent in diesem Juli.
Tausendfache Arbeitsplatzverluste
Untersuchungen zeigten, dass in den zehn Prozent der größten Unternehmen, deren Insolvenz im Juli gemeldet wurde, knapp 10.000 Arbeitsplätze betroffen waren.
Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) schreibt in einer Meldung zur wirtschaftlichen Lage in Deutschland im Juli 2024:
Die konjunkturelle Erholung dürfte sich weiter verzögern. Die jüngste Eintrübung der Stimmungsindikatoren und die erneuten Rückgänge bei Auftragseingängen und Produktion zeigen eine anhaltende Schwäche in der stark exportorientierten deutschen Industrie […].“
Das Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung (IWH) schätzt, dass die Zahl der Insolvenzen im verbleibenden Jahr 2024 „auch weiterhin durchgehend über dem Niveau von vor der Corona-Pandemie liegen“ wird.
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