Wohin mit den Intel-Milliarden? Lindner will sparen, Habeck drängt auf Klimafinanzierung

Das geplante Chipwerk des US-Konzerns Intel in Magdeburg liegt auf Eis. Der Start soll um zwei Jahre verschoben werden, eine fixe Zusage gibt Konzernchef Gelsinger jedoch nicht. Die Minister Lindner und Habeck streiten nun über die Verwendung der Subventionsmilliarden.
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Die geplante Intel-Fabrik in Magdeburg hätte 3.000 Arbeitsplätze schaffen sollen, doch nun wird der Bau auf 2026 verschoben.Foto: I-Hwa Cheng/afp via Getty Images
Von 17. September 2024

Vor etwas mehr als einem Jahr hatte der bekannte Ökonom Daniel Stelter davor gewarnt, sich in der Standortpolitik auf die Überzeugungskraft von Subventionen zu verlassen. In diesem Kontext hatte er auch die geplante Ansiedlung des US-amerikanischen IT-Großkonzerns Intel erwähnt. Er prognostizierte, dass nur Unternehmen, die auf solche angewiesen seien, in Deutschland bleiben oder investieren würden.

Haseloff spricht von Standortzusage durch Intel

Was Intel anbelangt, kommt es gar nicht erst zu der Ansiedlung, wie am Montag, 16.9., bekannt wurde. Vorerst zumindest: Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff und Wirtschaftsminister Sven Schulze wollen von Intel-CEO Pat Gelsinger eine Standortzusage erhalten haben.

Allerdings soll es mit der 30 Milliarden Euro teuren Fabrik und den erhofften 3.000 Arbeitsplätzen erst 2026 ernst werden. Auch der Bau des geplanten Werks in Breslau wird verschoben, stattdessen werden neue Kapazitäten in den USA geschaffen.

Stelter rechnete bereits im Vorjahr vor, dass die in Aussicht gestellte öffentliche Förderung für Intel damit pro Arbeitsplatz drei Millionen Euro betrüge. Im Gegenzug – so die dahinterstehende Strategie – verlagere man auf diese Weise wichtige Teile der Lieferkette für Halbleiter nach Europa.

Dies hielt Stelter ebenfalls für einen Trugschluss. Davon, dass die Produktion exklusiv für Deutschland gesichert wäre, könne keine Rede sein, warnte er schon damals. Intel werde weiterhin für den Weltmarkt produzieren. Ein Exportverbot als Vertragsklausel hätte der Konzern nie akzeptiert – und deshalb wäre selbst im Fall einer Mangellage die Versorgung in Europa nicht zwingend gesichert.

Konzern gliedert verlustträchtige Foundry-Sparte aus

Immerhin gab es für Intel selbst in den vergangenen Tagen auch positive Nachrichten. Der Konzern erhielt demnach in den USA den Auftrag für die Entwicklung eines KI-Chips für die Cloud-Sparte von Amazon.

Außerdem soll, wie es am Montag aus dem Konzern hieß, die Foundry-Sparte zu einer eigenen unabhängigen Einheit ausgebaut werden. Unter Foundry versteht man einen Fertigungsbetrieb in der Mikroelektronik, der in eigenen Halbleiterwerken Produkte für andere Halbleiterunternehmen herstellt. Ein Beispiel dafür ist das taiwanische Unternehmen TSMC, das – ebenfalls unter Zuhilfenahme erheblicher noch von der EU zu genehmigender Subventionen – ein Werk in Dresden bauen soll.

Die Entstehung der unabhängigen Foundry wird dieser externe Finanzierungen ermöglichen. Für CEO Pat Gelsinger stellt dies einen wichtigen Schritt in seinem Plan dar, Intel wieder zurück auf die Siegerstraße zu führen. Die Einheit war bisher für einen erheblichen Teil der Verluste von Intel verantwortlich. Bis dato fand man noch keinen Weg, sich in einem schwierigen Marktumfeld zu behaupten, in dem Konkurrenten wie Nvidia, die ebenfalls im Silicon Valley sitzen, klar dominieren.

Was Intel in seine schwierige Lage gebracht hat

Die Krise, die Intel in den vergangenen Jahren ereilt hatte, ist jedoch insgesamt noch nicht ausgestanden. Die Marktkapitalisierung ist auf unter 100 Milliarden Dollar gefallen. Wie aus einer Analyse der „Wirtschaftswoche“ hervorgeht, hatte sich der Verlust von Apple als Kunde für Prozessoren für Rechenzentren als massiver Rückschlag erwiesen.

Der einst von Steve Jobs gegründete Kultkonzern hatte begonnen, eigene Prozessoren zu entwickeln. Sony wiederum wollte die Preisvorstellungen von Intel bezüglich der Produktion der Chips für die Spielekonsole PlayStation 6 nicht akzeptieren. Der Auftrag ging an AMD verloren.

Die Entwicklungen haben Gelsinger zu erheblichen Einsparungen gezwungen, und Europa war aus seiner Sicht der bis auf Weiteres dankbarste Standort, um diese zu realisieren. Für einen Ausbau der Standorte in den USA konnte man wenigstens auf das US-Verteidigungsministerium zählen. Dieses hatte einen drei Milliarden US-Dollar schweren Auftrag für die Ausstattung der Armee mit Chips zugesagt.

In der EU will man sich zwar auch für die Möglichkeit eines Handelskrieges oder einer Invasion der KP Chinas in Taiwan wappnen. Dennoch sind die Konzepte dort noch wesentlich unkonkreter. Insgesamt geht man in der Chefetage von Intel davon aus, etwa 15.000 Arbeitsplätze einsparen zu müssen, das wären etwa 15 Prozent der derzeitigen Belegschaft.

Ampel streitet über Verwendung eingesparter Subventionen

Ob Intel tatsächlich in zwei Jahren in Magdeburg bauen wird, steht dennoch weiter in den Sternen. Gelsinger soll in seinem Gespräch mit Ministerpräsident Haseloff deutlich gemacht haben, dass die Planung auf der Schätzung der erwarteten Nachfrageentwicklung beruhe.
Aus Sicht der Bundesregierung ist die Entwicklung möglicherweise Glück im Unglück. Die Subvention in Höhe von zehn Milliarden Euro, die man Intel im Vorfeld der Ansiedlung in Aussicht gestellt hatte, ist damit vorerst hinfällig. Die EU hatte sie auch noch nicht genehmigt. Damit kann das eingeplante Geld für anderweitige Zwecke Verwendung finden.

Bundesfinanzminister Christian Lindner fiel umgehend die „globale Minderausgabe“ von 12 Milliarden Euro ein, die für den Bundeshaushalt 2025 vorgesehen ist. Auf X machte er deutlich, dass er davon ausgehe, die nicht benötigten Mittel für den Bundeshaushalt einplanen zu können. Sollte die Ansiedlung von Intel in zwei Jahren spruchreif werden, wäre es dann die Sache der dann im Amt befindlichen Regierung, die zugesagten Mittel für die Subvention aufzutreiben.

Demgegenüber reklamiert sie Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck für den Klima- und Transformationsfonds (KTF). Diesem fehlt es spätestens seit dem Schuldenbremse-Urteil des Bundesverfassungsgerichts im vergangenen November ebenfalls an Ausstattung.



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