Wochenrückblick (Teil 1): Reizende Grüße aus Island – Schwefeldioxidwolke über Deutschland

Physiker hatten mehr Glück als ein Lottogewinner. Was damals ein kleiner Schritt für einen Dino war, ist heute durch 6.000 Kilometer Atlantik getrennt. Kupfer und Lithium hat Deutschland selbst. Und Mistkäfer nutzen die Milchstraße zur Navigation. Ein unvollständiger Rückblick auf Meldungen der Woche in Kurznachrichten, Teil 1.
Titelbild
Lava und Rauch brechen Ende August erneut aus einem Vulkan in der Nähe von Grindavik aus. Nach Angaben der Behörden war dies der sechste Ausbruch in der Region seit Dezember 2023 – und der bisher größte auf einer Länge von 3,5 Kilometern.Foto: Ael Kermarec/AFP via Getty Images
Von 31. August 2024

16 aus 6,6 Milliarden

Mehr Glück als ein Lottogewinner hatten Physiker am Relativistic Heavy Ion Collider, einem Teilchenbeschleuniger in den USA, mit dem die Bedingungen des frühen Universums nachgebildet werden. Konkret entdeckten sie Antihyperhydrogen-4. Dabei handelt es sich um eine Form von antimateriellem Wasserstoff und zugleich den schwersten bislang bekannten Antimaterie-Nukleus. „Nach der Analyse von etwa 6,6 Milliarden Kollisionen konnten wir 16 dieser seltenen Partikel identifizieren“, berichtet Wu Junlin, Doktorand am Institut für Moderne Physik. Ein Nachweis ist damit etwa 17-mal seltener als ein Lottosechser plus Superzahl. Die Entdeckung bestätige bisherige Modelle der Physik und ebne den Weg für weitere Untersuchungen der Ungleichverteilung von Materie und Antimaterie im Universum. (ts)

Unattraktiv für Migranten sein

Dänemark strebt offiziell an, keine Asylbewerber mehr aufzunehmen. Die sozialdemokratische Regierung unter Premierministerin Mette Frederiksen kommt diesem Ziel schnell näher. 2020 beantragten 1.547 Menschen Asyl, 432 erhielten es. Im Mai 2024 stellten nur noch 155 Personen einen Antrag. Seit 2019 hat sich die Politik grundlegend geändert: Der Fokus liegt nicht mehr auf dauerhafter Aufnahme und Integration, sondern auf vorübergehendem Schutz und Rückführung. Was unternimmt die Regierung dafür? 1. Sie lehnt die EU-Vorschriften zu Flüchtlings- und Rechtsfragen sowie den freiwilligen EU-Verteilmechanismus ab. 2. Sie kommuniziert offensiv, auch in Afrika und dem arabischen Raum, dass Dänemark unattraktiv für Migration sein will: Sozialleistungen für Migranten wurden halbiert, Familiennachzug ist nicht erlaubt, Asylbewerber haben wegen strenger Prüfungen kaum Chancen auf Anerkennung. Flüchtlinge müssen die Kosten ihrer Unterbringung selbst tragen, vorhandenes Eigentum wird dafür beschlagnahmt. Monatlich kommen noch etwa 100 Asylbewerber ins Land – 2016 waren es rund 21.000. (ks)

Mistkäfer nutzen die Milchstraße zur Navigation

Mistkäfer nutzen nachts die Milchstraße, um sich zurechtzufinden. Ingenieure haben die gleiche Technik verwendet, um einen KI-Sensor für die Navigation bei schlechtem Licht zu entwickeln. Foto: Universität von Südaustralien

„Mistkäfer nutzen die Milchstraße, um ihre Dungkugeln in gerader Linie zu rollen“, erklärt Prof. Javaan Chahl von der University of South Australia. Die Fähigkeit, sich nachts mithilfe der Milchstraße zu orientieren, inspirierte die Forscher zu einem neuen Navigationssystem. Dazu entwickelten die Forscher einen Sensor, der mittels KI die Ausrichtung der Milchstraße in schwachem Licht bestimmen kann – auch dann, wenn das System beispielsweise auf einem Auto starken Bewegungen und Vibration ausgesetzt ist und einzelne Sterne zu weißen Flecken verschwimmen. Letztlich könnte es als Backup-Navigation für Drohnen und Satelliten dienen. Um das zu testen, wollen Chahl und Kollegen demnächst eine Drohne damit ausstatten und nachts fliegen lassen. (ts)

Reizende Grüße aus Island

„Vog“, also vulkanischer Smog, sowie Luftverschmutzung durch Moosbrände plagen derzeit den Südwesten Islands samt Reykjavik. Am 22. August begann ein erneuter vulkanischer Ausbruch im Gebiet nordöstlich von Grindavík (Stóra Skógfell). Das Lavafeld nimmt nun eine Fläche von 15 Quadratkilometern ein, einschließlich einer munitionsbelasteten Fläche, die 1952 bis 1960 militärisches Trainingsgebiet war. Mehrere Dutzend Kubikmeter Lava strömen pro Sekunde aus. Das Gebiet hat sich seither um rund 40 Zentimeter gesenkt. Bläulicher Dunst ist über dem Vulkan zu sehen. Deutschland schickte der Vulkan Grüße mit einer Wolke von Schwefelgasen, vor allem Schwefeldioxid. Das Gas hat einen reizenden, stechenden Geruch, der an das Abbrennen eines Streichholzes erinnert. Das Erdbeobachtungssystem Copernicus lokalisierte die Wolke im Laufe der Woche über vielen Stellen Europas, in Süd- und Norddeutschland, Bayern, Berlin, am Main. Fachleute gehen davon aus, dass sich das Gas hauptsächlich in höheren Schichten der Atmosphäre befindet, was aus gesundheitlicher und chemischer Sicht unproblematisch ist. (ks)

Kupfer und Lithium hat Deutschland auch selbst

Minenarbeiter in der Kupfermine „La Escondida“ in der Region Antofagasta, 1.800 km nördlich von Santiago de Chile. Es ist die größte Kupfermine der Welt, im Geschäftsjahr 2022 produzierte Escondida rund 1 Million Tonnen Kupfer. Foto: Jorge Munzo/AFP via Getty Images

Rund 2,4 Millionen Tonnen Kupfer gibt es in deutschen Böden. Eine der Lagerstätten befindet sich bei Spremberg, an der Grenze der Bundesländer Brandenburg und Sachsen. Dort allein soll es 90 bis 130 Millionen Tonnen sulfidischer Kupfererze geben, 2030 soll der Abbau durch die Kupferschiefer Lausitz GmbH beginnen. Das besagt eine Studie der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe. Bei den Lithiumvorkommen liegt Deutschland weltweit auf dem siebten Platz. Rund 3,8 Millionen Tonnen soll es geben. Die größte Lagerstätte befindet sich im Erzgebirge, zum Teil in Sachsen, zum Teil in Tschechien. Vorbereitungen zum Abbau laufen seit einigen Jahren, die Deutsche Lithium GmbH will hier künftig jährlich 1,5 Millionen Tonnen lithiumhaltiges Erz fördern. Daraus lassen sich jährlich 16.000 bis 18.000 Tonnen Lithiumhydroxid in Akkuqualität gewinnen. Insgesamt kommt die Studie zu dem Schluss, dass Deutschland zu wenige kritische Rohstoffe selbst abbaut. (ks)

Dinos überschritten Kontinente

Forscher haben über 260 „nahezu identische“ Dinosaurier-Fußabdrücke in Brasilien und Kamerun entdeckt, die zeigen, wo Dinosaurier zuletzt zwischen Afrika und Südamerika wandern konnten, bevor die Kontinente sich trennten. „Wir haben festgestellt, dass diese Fußabdrücke vom Alter her ähnlich sind“, erklärt Paläontologe Louis L. Jacobs. „Auch in ihrem geologischen und plattentektonischen Kontext waren sie ähnlich.“ Hinterlassen haben die Spuren zwei- und vierbeinige Dinosaurier vor 120 Millionen Jahren, als sich die heutigen Länder auf dem Superkontinent Gondwana befanden. Was damals ein kleiner Schritt für einen Dino war, ist heute durch 6.000 Kilometer Atlantik getrennt. (kms)

Wirtschaftliche Einbußen für BER und Berlin

Ein Flugzeug der irischen Fluggesellschaft Ryanair nähert sich dem Flughafen BER. Das wird künftig weniger zu sehen sein. Foto: Tobias Schwarz/AFP via Getty Images

Ryanair, Europas größte Billigfluglinie, stellt im April 2025 sechs Verbindungen ab Berlin ein. Betroffen sind 750.000 Sitzplätze auf den Strecken nach Brüssel, Luxemburg, Krakau, Kaunas, Riga und Chania auf Kreta. Die Zahl der am Flughafen BER stationierten Flugzeuge sinkt von neun auf sieben. Grund sind hohe Betriebskosten durch steigende Steuern und Gebühren der Bundesregierung. Deutsche Flughäfen haben die höchsten Standortkosten Europas. In Frankfurt, Stuttgart oder Düsseldorf kostet ein A320 rund 4.400 Euro, 84 Prozent mehr als 2019. In Rom kostet es etwa die Hälfte, in Madrid 660 Euro, in Dublin 244 Euro. Die deutsche Luftverkehrssteuer macht 53 Prozent aus, Luftsicherheitsabgaben 39 Prozent und Flugsicherungsgebühren 8 Prozent. Diese Steuern bewirken bei Ryanair Kosten von 15,53 bis 70,83 Euro pro Ticket, was die Fluggesellschaft als untragbar empfindet. 2025 sollen die Steuern erneut steigen – Ryanair droht mit weiteren Streichungen. Für den Flughafen und die Region Berlin bedeutet das wirtschaftliche Einbußen. (ks)

Uber soll zahlen

290 Millionen Euro soll der Fahrdienst Uber zahlen, wenn es nach der niederländischen Datenschutzbehörde geht. Der Grund: Zwischen dem 6. August 2021 und dem 21. November 2023 habe das Unternehmen unrechtmäßig personenbezogene Daten von europäischen Fahrern unter zu geringem Schutz auf Server in den USA übermittelt und dort aufbewahrt. Das war ein Verstoß gegen die europäische Datenschutz-Grundverordnung DSGVO. Betroffen seien Kontodaten, Taxilizenzen, Standortdaten, Fotos, Zahlungsinformationen, Ausweisdokumente und in einigen Fällen strafrechtliche und medizinische Daten der Fahrer. Seit Ende 2023 hat Uber diese Praxis beendet und nutzt nun einen anderen Schutz, den Privacy Shield. Damit endete dieser Verstoß gegen die DSGVO. Uber erklärt, Rechtsmittel einlegen zu wollen. (ks)



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