Windkraft in der Nordsee: Gipfeltreffen mit blauem Teppich
Über einen blauen statt einen roten Teppich werden die Staats- und Regierungschefs der Nordsee-Anrainerländer am 24. April in Ostende wandeln. Die belgische Regierung hat in der Hafenstadt zu einem Gipfeltreffen zum Ausbau der Windkraft auf hoher See eingeladen.
Erwartet werden unter anderem Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), der britische Premierminister Rishi Sunak und der französische Präsident Emmanuel Macron. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen wird ebenfalls zu dem Gipfel erwartet, sowie Vertreter von bis zu hundert Unternehmen und NGOs.
Für Deutschland reist neben Kanzler Scholz auch Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) nach Ostende, wie die Bundesregierung am Freitag in Berlin mitteilte.
Sie werden am Montagnachmittag gegen 16:00 Uhr von dem belgischen Regierungschef Alexander De Croo empfangen. Zunächst besichtigen die Gipfel-Teilnehmer das Hochsee-Versorgungsschiff „Connector“. Danach unterzeichnen sie die gemeinsame Erklärung von Ostende, bevor die eigentlichen Beratungen beginnen.
Die Nordsee als „das größte grüne Kraftwerk Europas“
De Croo sagte vor dem Gipfel in einer Videobotschaft, in der Nordsee könne „das größte grüne Kraftwerk Europas“ entstehen. Der Ukraine-Krieg ist für den flämischen Liberalen ein „Weckruf“, unabhängiger von fossilen Energieträgern wie Erdgas oder Öl zu werden.
Dabei drückt der Belgier aufs Tempo: „Je schneller wir die Windparks bauen, desto schneller können wir Kohlendioxid (CO2) reduzieren“, sagte De Croo bei einer Pressekonferenz in Brüssel. Die Anrainerländer könnten damit zum ehrgeizigen EU-Ziel beitragen, bis 2050 klimaneutral zu werden. Auch Großbritannien strebt dies an.
Auf einem ersten Nordsee-Gipfel vor knapp einem Jahr hatten Deutschland, Belgien, Dänemark und die Niederlande im dänischen Esbjerg bereits ein Kooperationsabkommen unterzeichnet. Die vier Länder wollen danach bis 2030 ihre Offshore-Leistung vervierfachen, auf gemeinsam mindestens 65 Gigawatt. Bis 2050 soll die Leistung auf das Zehnfache gesteigert werden, auf dann 150 Gigawatt.
Um diese Ausbauziele voranzutreiben, hat De Croo für den zweiten Gipfel in Ostende fünf weitere Partner zusammengetrommelt. Neben Großbritannien und Frankreich sind dies Irland, Norwegen sowie Luxemburg, das der belgische Regierungschef als „virtuellen“ Küstenstaat bezeichnet.
Es fehlt nicht nur an Turbinen auf See
Die Teilnehmerländer sind bei der Offshore-Windenergie noch sehr weit voneinander entfernt. An der Spitze steht Großbritannien mit rund 14 Gigawatt Leistung im vergangenen Jahr, darauf folgen Deutschland mit acht Gigawatt und die deutlich kleineren Staaten Niederlande, Dänemark und Belgien mit zwischen zwei und drei Gigawatt. Schlusslicht im Verbund ist die Atomnation Frankreich mit lediglich 0,5 Gigawatt.
Entscheidend für die Energiewende ist aber nicht nur der Bau leistungsstarker Turbinen auf hoher See. Bisher fehlt es an sogenannten Interkonnektoren, mit denen mehr Windenergie in Europas Stromnetze eingespeist werden kann.
Im Februar legte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) dazu mit den Übertragungsnetzbetreibern 50Hertz, Amprion und TenneT erste Pläne für die Nordsee vor. Damit sollen künftig Offshore-Windparks mit einer Gesamtleistung von zehn Gigawatt miteinander vernetzt werden. Dies würde den Stromaustausch etwa mit Dänemark oder den Niederlanden erleichtern.
Zu lange Genehmigungsverfahren
Knackpunkte für alle europäischen Projekte sind die Finanzierung und die langwierigen Genehmigungsverfahren. De Croo räumt ein, dass 2022 ein „enttäuschendes“ Jahr für die Offshore-Branche war. Die Frage, ob öffentliche Milliardenspritzen als Anschubfinanzierung nötig seien, umschiffte er geschickt.
Stattdessen verweist der belgische Premier lieber auf ein Leuchtturmprojekt: Rund 50 Kilometer vor Ostende soll eine künstliche Insel entstehen. Medien vergleichen sie mit einer „überdimensionierten Mehrfachsteckdose“.
Der belgische Netzwerkbetreiber Elia will damit den Strom von Offshore-Windparks bündeln und das heimische Netz mit dem anderer Länder verbinden. Namensgeberin für die Insel ist die 15 Jahre alte belgische Prinzessin Elisabeth. Sie gilt als Hoffnungsträgerin. (afp)
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