Wie weiter mit dem Petrodollar?
Es mutet abwegig an, dass zwei der weltweit am stärksten vom Dollar abhängigen Volkswirtschaften ankündigen, sich von der exorbitanten Last der wichtigsten Währung der Welt zu lösen. Der chinesische Yuan gewann am 16. März deutlich an Wert, nachdem das „Wall Street Journal“ berichtet hatte, dass Saudi-Arabien Gespräche mit Peking führt, um einen Teil seiner Ölverkäufe in dessen Währung und nicht im Dollar abzurechnen.
Der Bericht heizte Spekulationen an, dass der Yuan einen größeren Stellenwert im globalen Rohstoffhandel bekommen wird, da er von einer beschleunigten Entdollarisierung im Zuge des Russland-Ukraine-Kriegs profitiert. Bereits 2018 hat China in Shanghai einen eigenen Rohölkontrakt eingeführt, der internationalen Investoren die direkte Teilnahme am Ölpreis in Yuan ermöglicht.
Das Potenzial für den Yuan ist immens: Im Jahr 2019 (neuere Zahlen sind nicht verfügbar) wurden 88 Prozent der Devisentransaktionen in Dollar abgewickelt, verglichen mit nur 4,3 Prozent für den Yuan. Ein Abkommen zwischen dem weltgrößten Erdölproduzenten und -importeur könnte zwar die Vorherrschaft des Dollars und des Euros bei derartigen Deals untergraben, glauben manche Marktbeobachter.
„Doch zum jetzigen Zeitpunkt scheint es sich eher um eine symbolische Abkehr vom Petrodollar zu handeln“, sagt Fiona Lim, leitende Devisenstrategin bei Malayan Banking Berhad. „Sollte dies zu mehr Yuan-denominierten Ölgeschäften über den Handel zwischen China und Saudi-Arabien hinaus führen, könnte der Yuan zu einer dominanteren Reservewährung für die Zentralbanken werden.“
Zwar ist der Weg dorthin lang, wie Michael Every, Marktstratege bei der Rabobank aufzeigt: „Selbst, wenn wir davon ausgehen, dass alle saudi-chinesischen Geschäfte auf Yuan umgestellt werden, sind das 320 Millionen Dollar pro Handelstag im Vergleich zu dem täglichen Devisenmarkt von 6,6 Billionen Dollar.“
Russland prüft Alternativen
Gleichwohl sind die Gefahren einer langfristigen Abkehr von der Hegemonie des US-Dollar ist nicht von der Hand zu weisen.
Russlands Präsident Wladimir Putin verkündete am 23. März, dass russische Energielieferungen künftig nur noch in Rubel statt in Euro oder Dollar zu bezahlen seien. Betroffen sind die von Russland auf einer schwarzen Liste festgehaltenen „unfreundlichen Staaten“. Dazu zählen neben Deutschland sämtliche anderen EU-Staaten, aber auch die USA, Kanada, Großbritannien und selbst die Schweiz.
Ökonomen glauben, dass Putin so die eigene Währung stärken will, die im Zuge des Einmarschs in die Ukraine unter erheblichen Abwärtsdruck und auf ein Allzeittief gefallen war. Allein die Ankündigung ließ den Rubel gegenüber dem US-Dollar prompt um mehr als sechs Prozent steigen.
Der Westen hat diesen Forderungen eine klare Absage erteilt. Europas mächtigste Politiker und die G7-Staatschefs erklärten unisono, dass die privaten Lieferverträge auf Dollar und Euro lauteten und ein Rubel-Zwang ein Vertragsbruch sei. Sie riskieren bewusst, dass der Putin Europa von russischen Gaslieferungen abklemmt.
Selbst wenn Putin seinen Plan zur Stützung des Rubel nicht durchsetzen kann, wird er alles daransetzen, Russland unabhängiger vom US-Dollar zu machen. Russland prüft auch die Erschließung alternativer Zahlungskanäle mit Indien, um den grenzüberschreitenden Handel fortzusetzen. Dazu zählt etwa die Verknüpfung der Unified Payments Interface (Indien) mit dem Faster Payments System der russischen Notenbank – beides sind Bezahlsysteme für mobile Anwendungen wie Smartphones. Zudem diskutieren beide Seiten die Zulassung von RuPay- und MIR-Karten in nationalen Zahlungsinfrastrukturen.
„Alle diese Optionen liegen auf dem Tisch und werden von den beiden Regierungen, der indischen Zentralbank und der russischen Zentralbank erörtert“, sagte ein hoher indischer Regierungsbeamter, der anonym bleiben will.
Der Dollar ist die schlagkräftigste Waffe der USA
„Setzt sich das durch, ist der Petrodollar Geschichte“, warnt der Ulmer Rechtsanwalt Markus Haintz mit Blick auf die jüngsten Vorstöße, den Dollar zu ersetzen. Seit 1974 werden dies Ölgeschäfte fast ausschließlich in Dollars abgewickelt, die unter der Bezeichnung Petrodollar in die Geschichte eingingen. Die Vereinigten Staaten hätten ihren Wohlstand in den vergangenen 60 bis 70 Jahren zu einem großen Teil auf Petrodollar-System aufgebaut, glaubt Haintz. Daraus erwächst seiner Ansicht nach eine massive Gefährdung, denn: „Die USA hat bisher immer Kriege geführt, wenn der Petrodollar fiel.“ Dies sei auch jetzt zu befürchten.
Ist dies bereits die Säge am Fundament des Petrodollars, der den USA während der vergangenen Jahrzehnte nicht nur die finanzielle Vorherrschaft an den internationalen Finanzmärkten, sondern auch auf geopolitischer Bühne beschert hatte?
Noch ist der „Greenback“ die unangefochtene Weltleitwährung, die er nach dem Zweiten Weltkrieg im Zuge der Einführung des Bretton-Woods-Systems wurde. Die Vereinigten Staaten zehren davon bis heute. Besitzt ein Land die Weltleitwährung, kann es sich in seiner eigenen Währung verschulden. „Der Dollar ist unsere Währung, aber euer Problem“, brachte es 1971 der damalige US-Finanzminister John Connally auf den Punkt.
Brisant: Die USA waren jenseits ihrer Grenzen bereits 2016 mit knapp 17 Billionen Dollar verschuldet. Grund genug für die Biden-Administration, alles zu tun, um einen Vertrauensverlust des Dollar zu verhindern. Noch können die Vereinigten Staaten als unangefochten größte Volkswirtschaft der Welt ein Land in den Ruin treiben.
Dies zeigt exemplarisch der Iran, dessen Wirtschaft infolge des fehlenden Zugangs zu Dollars in Verbindung mit der Blockade von Exporten lahmgelegt wurde. Der Einsatz des Dollars ist eine der schlagkräftigsten Waffen der USA.
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