Wie weiter bei VW? Vorstand stellt Sparpläne vor – IG Metall hält dagegen

Die Tarifverhandlungen zwischen Volkswagen und der IG Metall starteten am Mittwoch mit intensiven Diskussionen über die Sparmaßnahmen des Automobilkonzerns. Während VW auf Entgeltsenkungen und Stellenkürzungen pocht, fordert die IG Metall klare Zusagen zur Standort- und Beschäftigungssicherung.
Vetreter von VW und IG Metall kamen in Wolfsburg zur zweiten Tarifrunde zusammen
Vetreter von VW und IG Metall kamen in Wolfsburg zur zweiten Tarifrunde zusammenFoto: Moritz Frankenberg/dpa
Von 31. Oktober 2024

Die erste Runde der Tarifverhandlungen zwischen dem angeschlagenen Autokonzern VW und der IG Metall hat am Mittwoch, 30.10., fast sieben Stunden lang gedauert. Das bislang einzige greifbare Ergebnis besteht darin, dass der Vorstand Klarheit über Details seiner Einsparziele geschaffen hat. Die Gewerkschaft hat signalisiert, die Forderungen der Konzernspitze nicht akzeptieren zu wollen.

Mit Kampfmaßnahmen ist vorerst nicht zu rechnen. Der geltende Haustarifvertrag endet am 31.12.2024, zu diesem Zeitpunkt hat der Arbeitgeber diesen gekündigt. Bis 30.10. gilt noch die Friedenspflicht. Vor deren Ende soll am 21.11. noch eine weitere Tarifrunde stattfinden. Der Verhandlungsführer der IG Metall, Thorsten Gröger, hat angedeutet, diese trotz des „dreisten Griffs in die Tasche der Beschäftigten“, wie er die Pläne nannte, wahrnehmen zu wollen. Immerhin habe VW die „Mindestvoraussetzung“ der Gewerkschaft für weitere Gespräche erfüllt: die Bereitschaft zum Gespräch über die Sicherung der Standorte und der Beschäftigung.

Sparmaßnahmen im Fokus: VW will zehn Prozent weniger Entgelt

Die Konzernspitze hat anlässlich des Verhandlungsbeginns eine Presseerklärung zu den Kernforderungen von VW veröffentlicht. Um die Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten, seien eine Vielzahl an Einschnitten erforderlich. So beharrt der Konzern auf einer Entgeltsenkung von zehn Prozent. Dazu sollen einige Sonderzahlungen wegfallen und auch das Bonussystem Tarif Plus will man neu ausrichten, sodass im Grunde nur noch Beschäftigte mit besonderer Verantwortung davon profitierten.

Zeitarbeiter will man künftig nicht mehr zu hauseigenen Bedingungen, sondern nach dem für die Branche insgesamt geltenden Tarifvertrag beschäftigen. Der Konzern will zudem einen „zukunftsfesten und wettbewerbsfähigen Haustarifvertrag mit einheitlichen Arbeitsbedingungen“. Dazu gehörten ein Erhalt der 35-Stunden-Woche und damit eine Absage an das Vier-Tage-Modell, das die IG Metall zuletzt ins Spiel gebracht hatte.

Der Bestandsschutz für Beschäftigte, deren Arbeitsverhältnis vor 2005 begonnen habe, soll nach dem Willen von VW ebenfalls wegfallen. Zudem will man die Zahl der Auszubildenden und Werksstudierenden „bedarfsorientiert“ gestalten. Nach derzeitiger Einschätzung der Konzernspitze würde das eine Reduzierung von 1.400 auf 600 bedeuten.

IG Metall fordert Standort- und Beschäftigungssicherung – Konzernspitze will Arbeitskosten senken

VW-Verhandlungsführer Arne Meiswinkel äußerte zum Forderungspaket der Konzernspitze, die Kosten, die das Unternehmen insbesondere in Europa zu tragen habe, seien nicht dauerhaft zu bewältigen:

„Nur wer erfolgreich wirtschaftet, kann sichere Arbeitsplätze bieten. Dazu müssen wir unsere Arbeitskosten senken.“

Aus dem Vorstand hieß es bereits am Mittwochmorgen angesichts der Bekanntgabe der Quartalszahlen, die aktuelle Gewinnmarge liege bei gerade einmal 2,1 Prozent. Um die erforderlichen Investitionen für eine Aufrechterhaltung des derzeitigen Beschäftigungsstandes zu finanzieren, wären mindestens 6,5 Prozent erforderlich.

Zuletzt hatte VW einen Gewinneinbruch von 63,7 Prozent zu verzeichnen. Neben den hohen Kosten ist dafür unter anderem auch ein Absatzeinbruch in China verantwortlich. Lediglich auf dem amerikanischen Kontinent ist es dem Konzern in den ersten neun Monaten des Jahres gelungen, mehr Pkws und Nutzfahrzeuge zu verkaufen.

Entgelterhöhungen oder Kürzungen? Verhandlungen über Zukunft der Belegschaft

Die IG Metall hält das Einsparungspaket des Vorstands für „sowohl in der Form als auch in der jeweiligen Größenordnung nicht akzeptabel“. So äußerte sich Verhandlungsführer Thorsten Gröger unter dem Eindruck des ersten Gesprächstages. Die Gewerkschaft fordert die Wiedereinsetzung der zum 31.12. gekündigten Tarifverträge durch die Volkswagen AG.

Zudem hält sie an der Forderung nach einer Entgelterhöhung von sieben Prozent fest. Dazu sieht sich der Vorstand zurzeit außerstande. Meiswinkel weist darauf hin, dass VW selbst unter Zugrundelegung der angestrebten Entgeltkürzung im Branchenvergleich immer noch ein attraktiver Arbeitgeber wäre.

Während Meiswinkel die „gemeinsame Verantwortung“ der Tarifparteien beschwor, warf Gröger die Frage auf, „welche Beiträge das Top-Management und die Aktionäre zur Bewältigung der aktuellen Krise leisten sollen“. Darauf habe die Führung bisher keine Antwort gegeben.

Der Haustarifvertrag der Volkswagen AG gilt für rund 120.000 Beschäftigte der Werke in Wolfsburg, Braunschweig, Hannover, Salzgitter, Emden und Kassel. Zudem gilt er für Mitarbeitende der Volkswagen Financial Services, der Volkswagen Immobilien GmbH und der dx.one GmbH.

Niedersachsens Regierung fordert Klarheit über VW-Zukunft bis Weihnachten

Auch Betriebsratschefin Daniela Cavallo erklärte in einer ersten Stellungnahme, man sei nicht bereit, isoliert über das Thema der Arbeitskosten zu sprechen. Ihr gehe es um ein Gesamtkonzept dazu, wie sich VW perspektivisch aufstellen wolle. Man brauche jetzt einen „Masterplan“. Die Zukunftsfähigkeit von VW werde nicht nur durch die Höhe der Arbeitskosten definiert.

Ein Scheitern der Verhandlungen, für deren Fortgang derzeit technische Verhandlungsgruppen gebildet würde, bedeute eine „Eskalation“, betonten Cavallo und Gröger in einer gemeinsamen Pressekonferenz. Werkschließungen und Massenentlassungen seien nach wie vor nicht vom Tisch, warnte Cavallo. Dass die Verhandlungen weitergingen, sei kein Anlass für Entwarnungen.

Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil forderte am Mittwoch in der ZDF-Sendung „Markus Lanz“ eine Klärung der Situation bis Weihnachten. Es müsse Klarheit über die Zukunft des Konzerns geben, die derzeitige Situation belaste alle Beteiligten. Sie müsse „ein Ende haben“, und die Verhandlungsparteien hätten dabei ein hohes Maß an Verantwortung. Das Land Niedersachsen übt ein 20-prozentiges Stimmrecht im VW-Konzern aus.



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