Wie sicher ist die Zukunft von Tesla in Grünheide?
Rechtlich bindend ist das Ergebnis der Bürgerbefragung zur Erweiterung des Werksgeländes von Tesla in Grünheide nicht. Dass sich zwei Drittel der Befragten gegen das Vorhaben ausgesprochen hatten, könnte jedoch perspektivisch Auswirkungen auf den Standort selbst haben.
Am Dienstagabend, 20. Februar, zählte die Gemeindeverwaltung die abgegebenen Stimmen aus. Beteiligt hatten sich der „Tagesschau“ zufolge etwa 70 Prozent der rund 7.600 Wahlberechtigten von Grünheide. Das Wort „Tesla“ kam auf dem Stimmzettel nicht vor. Gefragt war nach der Umwidmung von weiteren 100 Hektar Wald – im Landschaftsschutzgebiet – in eine Industriefläche, die „für Logistik, Lagerhaltung und soziale Gebäude genutzt“ werden solle. Welches Anliegen sich dahinter verbergen würde, war jedoch allen Bürgern ab 16 Jahren klar, die zur Stimmabgabe aufgefordert waren.
Grünheide wird möglicherweise erst nach Kommunalwahl über Bebauungsplan entscheiden
Am Ende stimmten 3.499 oder 65,03 Prozent gegen das Vorhaben, nur 1.882 sprachen sich für grünes Licht für die Erweiterung aus. Die endgültige Entscheidung über den Bebauungsplan obliegt der Gemeindevertretung. Dass deren Mitglieder sich über das Votum einfach hinwegsetzen werden, ist eher unwahrscheinlich – nicht zuletzt aufgrund der am 9. Juni bevorstehenden Kommunalwahlen.
Im Dezember 2022 hatte sich eine Mehrheit in der Gemeindevertretung für die Aufstellung eines neuen Bebauungsplans ausgesprochen. Über diesen selbst ist jedoch noch keine Abstimmung erfolgt. Bürgermeister Arne Christiani will ihn, so die „Wirtschaftswoche“, den Gemeindevertretern in der derzeitigen Fassung auch nicht mehr vorlegen.
Die nächste Sitzung ist für den 14. März anberaumt; auf der Tagesordnung steht die Frage der Erweiterung bislang noch nicht. Die letzte Zusammenkunft der Gemeindevertreter von Grünheide wird voraussichtlich am 16. Mai stattfinden.
Tesla verweist auf Vorteile für Gemeinde, Region und Arbeitsplätze
Auch der Finanzausschuss müsste dem Verkauf der betroffenen Flächen zustimmen. Der Landesforstbetrieb hatte Tesla diesen laut Umweltministerium bereits 2019 in Aussicht gestellt. Allerdings stand diese ihrem juristischen Charakter zufolge vorvertragliche Wissenserklärung unter dem Vorbehalt der Konformität mit dem Bebauungsplan. Das Abstimmungsergebnis könnte nun den Anfang vom Ende des Veräußerungsvorhabens darstellen.
Tesla will das Gelände um 170 Hektar erweitern. Von diesen wären 100 Hektar Wald im Landschaftsschutzgebiet. Das Unternehmen will auf dem Gelände einen eigenen Güterbahnhof, mehrere Lagerhallen und einen Betriebskindergarten errichten.
Aus Sicht von Tesla würden alle genannten Vorhaben nicht nur im eigenen Interesse, sondern auch in jenem der Mitarbeiter und des örtlichen und regionalen Gemeinwesens liegen. Die eigene Infrastruktur für den Güterverkehr entlaste die öffentliche. Dazu komme, dass die Produktion mit zusätzlichen Lagerhallen resilienter gegenüber externen Beeinträchtigungen wäre.
Bedenken bezüglich des Grundwassers und des Wasserverbrauchs
Was darunter zu verstehen ist, hatten erst die vergangenen Wochen gezeigt. Tesla musste Ende Januar für zwei Wochen die Autofertigung in Grünheide aussetzen. Grund dafür waren Verzögerungen bei der Zustellung erforderlicher Ersatzteile infolge von Angriffen der terroristischen Huthi-Milizen auf zivile Handelsschiffe im Roten Meer.
Vor allem aber möchte Tesla seine Produktionskapazitäten von derzeit 500.000 E-Autos auf eine Million ausweiten. Der tatsächliche Ausstoß beträgt derzeit 300.000 Fahrzeuge im Jahr; beschäftigt sind in der sogenannten Gigafabrik im Moment etwa 12.500 Personen.
Obwohl die massenhafte Fertigung von Elektrofahrzeugen eigentlich im Sinne der politisch vorangetriebenen „Mobilitätswende“ in Deutschland ist, gab es gegen Tesla in Grünheide von Beginn an Widerstände. Diese sind in Anbetracht der geplanten Erweiterung nicht abgeflaut.
Die regelmäßig vorgebrachten Bedenken bezogen sich unter anderem auf den Wasserverbrauch. Zudem bereiteten die geplante Versiegelung von etwa einer Million Quadratmeter und die Überbauung von knapp 963.000 davon Kopfzerbrechen.
Minister für neue Runde von Gesprächen zwischen Gemeinde und Tesla
Das Unternehmen betont, dass man die Bildung von neuem Grundwasser durch die Nutzung von versickerndem Regenwasser unterstütze. Auch der regionale Wasserverband sieht keine direkten Konsequenzen für das Grundwasser durch die Gigafabrik. Außerdem, so heißt es bei Tesla, werde der Wasserverbrauch auch mit der Erweiterung nicht steigen.
Brandenburgs Wirtschaftsminister Jörg Steinbach sieht das Abstimmungsergebnis als Ansporn. Gegenüber der Deutschen Presseagentur spricht er von einer „Motivation für die Gemeinde und Tesla, die noch nicht beseitigten Bedenken in den nächsten Wochen und Monaten konzeptionell zu beantworten“.
Offen bleibt, ob ein mögliches Scheitern der Erweiterung perspektivisch Auswirkungen auf die Sicherheit des Tesla-Standorts Grünheide haben könnte. Zwar scheint die Ausweitung der Produktionskapazitäten vor allem mit Blick auf den deutschen Markt keine unmittelbare Priorität aufzuweisen. Nach dem Aus für die Kaufprämie befindet sich der Absatz von E-Autos im freien Fall. Gleichzeitig steige der Marktanteil günstiger chinesischer Importe, die nach Deutschland drängen.
Wie viel an Verweigerung kann sich Grünheide als Standort leisten?
Allerdings produziert Tesla auch in Grünheide nicht ausschließlich für den deutschen Markt. Grundsätzlich hatte Gründer Elon Musk einen Ausbau der Produktion auch im weltweiten Maßstab in Aussicht gestellt. In vielen Ländern vollzieht sich die sogenannte Mobilitätswende jedoch deutlich schleppender als prognostiziert. Die teuren Anschaffungskosten, das ungewisse Verhalten bei Extremwetter und die sogenannte Reichweitenangst machen E-Autos für viele Marktteilnehmer unattraktiv.
In Deutschland kommen zudem noch hohe Unternehmenssteuern und hohe Energiekosten dazu. Erst vor wenigen Monaten hatten die Regierungsspitzen der Türkei und Saudi-Arabiens Elon Musk in ihre Hauptstädte eingeladen und für ihre Länder als Standorte geworben. In beiden sind die Energiekosten ungleich geringer als in Deutschland. Aber auch innerhalb der EU läuft Grünheide potenziell Gefahr, gegenüber möglichen osteuropäischen Standorten an Attraktivität einzubüßen.
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