Wie geht es weiter mit Griechenlands Banken?

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Ratlos vor Der Griechischen NationalbankFoto: Getty Images
Epoch Times6. Juli 2015
Griechenlands Banken steht das Wasser bis zum Hals. Seit einer Woche sind die Institute geschlossen, an den Geldautomaten im Land gibt es nur noch Mini-Beträge.

Anfangs machte die Regierung von Ministerpräsident Alexis Tsipras den Menschen noch Hoffnung, dass sie bald wieder an ihre Ersparnisse kommen. Doch daraus dürfte nach Einschätzung der meisten Beobachter vorerst nichts werden, sie sehen die Banken vor dem Kollaps.

Warum sind die Banken seit 29. Juni geschlossen?

Die Regierung in Athen sah sich zu diesem Schritt gezwungen, um den dramatischen Kapitalabfluss zu bremsen. Je länger der Schuldenstreit Griechenlands mit den Geldgebern dauerte, umso mehr Bankkunden räumten ihre Konten leer, viele schafften Geld ins Ausland. Die Geldeinlagen bei den Hellas-Banken sanken bis zur vorübergehenden Schließung der Institute auf 124 Milliarden Euro. Das ist der niedrigsten Stand seit 2009 als noch es etwa 233 Milliarden Euro waren. Faktisch ging den Instituten, die ohnehin unter Altlasten wie faulen Krediten ächzen, das Geld aus – zumal die Europäische Zentralbank (EZB) keiner weiteren Erhöhung von Rettungskrediten zustimmte. Die Regierung musste die Notbremse ziehen und verhängte Kapitalverkehrskontrollen – zunächst bis einschließlich diesen Montag. Ob die Banken an diesem Dienstag (7.7.) ihren regulären Betrieb wieder aufnehmen, war bis zum frühen Montagnachmittag nicht entschieden. Fachleute rechneten nicht damit.

Was bedeutet das für Verbraucher und Unternehmen?

Seit Anfang vergangener Woche bekommen die Griechen am Geldautomaten täglich höchstens 60 Euro. Oft müssen sie lange warten, bis sie am Automaten zum Zug kommen. Augenzeugen berichten, dass allmählich die 20-Euro-Scheine knapp werden und deshalb an einigen Automaten sogar nur 50 Euro ausgezahlt werden. Für Firmen sind Geschäfte mit dem Ausland derzeit nur unter strengen Auflagen möglich: Eine Kommission innerhalb des Finanzministeriums muss Überweisungen auf ausländische Konten genehmigen. Touristen können – zumindest theoretisch – weiter unbegrenzt Geld am Automaten abheben. Das Auswärtige Amt und der deutsche Privatbankenverband BdB raten Griechenland-Urlaubern jedoch, ausreichend Bargeld mitzunehmen – in möglichst kleinen Scheinen.

Wie lange reicht das Geld der griechischen Banken noch?

Es geht um Tage. Sollte sich nicht doch noch eine Einigung mit den Geldgebern abzeichnen und die EZB den Geldhahn wieder öffnen, dürften Griechenlands Banken nicht mehr lange überleben, prognostizierte der Chef der deutschen Finanzaufsicht Bafin, Felix Hufeld bereits vor einer Woche: „Das können Sie in Tagen zählen.“ Hufeld ist über die EZB-Bankenaufsicht an der Überwachung der Hellas-Institute beteiligt. Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer erklärt: „Die Kapitalverkehrskontrollen haben den Liquiditätsabfluss bei den Banken nur eingedämmt, aber nicht beendet.“ Würde nur jeder Dritte der knapp 9 Millionen erwachsenen Griechen täglich den Höchstbetrag abheben, würden jeden Tag knapp 200 Millionen Euro abgezogen. Damit dürfte die Obergrenze der Notkredite bald erreicht sein, sagt Krämer: „Die Banken könnten dann schnell illiquide werden.“

Woher bekommen die Institute frisches Geld?

Seit Monaten sind die griechischen Banken vor allem auf Ela-Notkredite (Emergency Liquidity Assistance/Ela) angewiesen. Ela sei „zur einzigen Finanzierungsquelle der Banken geworden“, stellte Bundesbank-Präsident Jens Weidmann fest. Doch die EZB, die diese Kredite der griechischen Nationalbank billigen muss, hat das maximale Ela-Volumen bei rund 90 Milliarden Euro eingefroren. Kritiker wie Weidmann fordern schon länger, Ela ganz zu stoppen, weil damit marode Banken künstlich am Leben gehalten würden. Für DZ-Bank-Analyst Daniel Lenz ist klar: „Wird Ela gestoppt, folgte wegen der Illiquidität der Banken ihre Insolvenz und damit würde nahezu zwangsläufig der Grexit ausgelöst.“ Ein Austritt Griechenlands aus dem Euroraum („Grexit“) wäre nach Einschätzung vieler Volkswirte ökonomisch dann nicht mehr zu verhindern, weil Athen nur mit einer eigenen Währung sein Finanzsystem wieder ins Laufen bekommen würde.

Was hat sich mit der Volksabstimmung vom Sonntag geändert?

Das Nein der Griechen zu den strikten Sparvorgaben der internationalen Geldgeber war mit gut 61 Prozent überraschend deutlich. Tsipras sieht seine Verhandlungsposition dadurch gestärkt. Doch der Zeitdruck hat zugenommen. „Der bisherige Zeitvorteil der griechischen Regierung kehrt sich nun um. Hatte sie bislang alle Zeit der Welt, um die Verhandlungspartner unter Druck zu setzen, so steigt nun Tag für Tag, an dem die Banken geschlossen sind, der Druck im eigenen Land“, analysiert Dekabank-Chefvolkswirt Ulrich Kater. „Vor diesem Hintergrund können wir uns allerdings auch eine neue Kompromissbereitschaft der griechischen Regierung vorstellen.“

Wie lange kann das mit den Ela-Notkrediten noch weitergehen?

Das bisher gewährte Volumen ist nach Informationen aus Notenbankkreisen im Grunde ausgeschöpft. Heißt: Selbst ein Betrieb auf Sparflamme ist für Griechenlands Banken kaum noch zu stemmen. Als nächster kritischer Termin gilt der 20. Juli. Dann muss Athen 3,5 Milliarden Euro Staatsanleihen tilgen, die von der EZB gehalten werden. „Spätestens eine Nicht-Rückzahlung dieser Schulden müsste die EZB zu einer Streichung der Notfall-Liquidität bewegen“, meint Stefan Mitropoulos, Volkswirt bei der Landesbank Hessen-Thüringen. „Die griechische Regierung wäre dann zur Einführung von Schuldscheinen gezwungen, um den Zahlungsverkehr aufrechtzuerhalten. Der Weg in den Grexit wäre vorgezeichnet.“ Martin Moryson, Chefvolkswirt von Sal. Oppenheim, sieht das auch so: „Bedient die griechische Regierung eine von der EZB gehaltene Staatsanleihe nicht, kann die EZB spätestens am 20. Juli die Fiktion der Solvenz des griechischen Staates und des Bankensystems nicht mehr aufrechterhalten.“ Das Bankhaus Metzler stellt fest: Die eigentlich unabhängige EZB werde „immer mehr zum entscheidenden Akteur und damit auch zum Politikum“.

Wie bewerten Ratingagenturen die Lage?

Die großen Ratingagenturen bewerteten die Einschränkungen bei der Bargeldversorgung im Zuge der Kapitalkontrollen als teilweisen Zahlungsausfall und senkten den Daumen über die großen Banken des Landes: Alpha Bank, Eurobank, National Bank of Greece und Piraeus Bank. Drei dieser Institute, die zusammen einen Marktanteil von etwa 90 Prozent in Griechenland haben, hatten den EZB-Stresstest im vergangenen Jahr nicht bestanden. Die schlechteren Noten für die Kreditwürdigkeit der Institute sind ein weiteres Warnsignal an Investoren und erschweren die Trendwende zusätzlich.

Könnte Griechenland sich selbst Euros drucken?

Technisch wäre das Land dazu in der Lage, denn die griechische Nationalbank hat eine eigene Druckerei. Dort werden auch tatsächlich Zehn-Euro-Scheine hergestellt, im Jahr 2014 waren es 94 Millionen Stück. Allerdings darf die Bank of Greece nicht einfach die Notenpresse anwerfen wie sie will: Wer wie viele Scheine von welcher Sorte druckt, legt der EZB-Rat fest. So teilen sich die Euroländer die Herstellung des gemeinsamen Geldes untereinander auf.

(dpa)


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