Wie finanziert Moskau den Krieg?

Es heißt, der Westen strebe den wirtschaftlichen Zusammenbruch Russlands an, so Putin. Rückschläge gibt es, und der Krieg ist kostspielig. Stecken die Russen aber wirklich in der Klemme?
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Der russische Präsident Wladimir Putin vor einer Sitzung des Staatsrats in Moskau am 22. Dezember 2022.Foto: VALERIY SHARIFULIN/POOL/AFP via Getty Images
Von 11. Februar 2023

Die internationale Wirtschaftspresse berichtet stetig über das Ausmaß des Abschwungs in der russischen Wirtschaft. Die Stimmung ist geradezu bedrückend. Es wird das Bild gezeichnet, dass Wladimir Putin und sein Regime das Fass zum Überlaufen gebracht haben. Die Wirtschaft stehe aufgrund der Sanktionen kurz vor dem Zusammenbruch.

Jüngsten Daten zufolge sind beispielsweise Russlands Steuereinnahmen aus Öl und Gas im Januar um 46 Prozent gesunken, was hauptsächlich auf die Sanktionen zurückzuführen ist, berichtet „Bloomberg“. Der russische Haushalt wies im Januar 2023 ein Defizit von 1,776 Billionen Rubel auf, vierzehnmal mehr als im Januar 2022. Und Daten der Weltbank sagen für 2023 einen Rückgang des BIP um 3,6 Prozent voraus, erklären die Wirtschaftsanalysten.

Wenn man die Zahlen liest, stellt sich zu Recht die Frage: Wie finanziert Moskau den Krieg? Und wie lange kann Putin aushalten? Ist die Lage wirklich so ernst?

Putin: „Der Westen hat den Zusammenbruch der russischen Wirtschaft im Visier“

Im Gegensatz zu den Nachrichten über eine rückläufige russische Wirtschaft steht die Rede des russischen Präsidenten Wladimir Putin vom Oktober 2022. Über den Zustand der russischen Wirtschaft berichtete er ganz anders als die westlichen Medien vermitteln.

Putin sagte auf der abschließenden Plenarsitzung des 19. Treffens des Internationalen Debattierclubs Valdai: „Vor nicht allzu langer Zeit waren wir selbst besorgt, dass wir zu einer Art Halbkolonie werden könnten, in der wir ohne unsere westlichen Partner nichts tun könnten. Wir können keine Finanztransaktionen durchführen, wir haben keinen Zugang zu Technologie und Märkten oder zu Bezugsquellen für die neuesten Technologien. Nichts. Man schnippt nur mit den Fingern und alles, was wir haben, fällt auseinander.“

Doch dazu kam es nicht, und Putin sagte unverblümt:

Aber nein, nichts ist zusammengebrochen, und die Grundlagen der russischen Wirtschaft und der Russischen Föderation haben sich als viel stärker erwiesen, als irgendjemand, vielleicht sogar wir, gedacht hätten.“

Nach Ansicht der russischen Führung geht es bei den Sanktionen nicht nur darum, Russland einzuschränken, sondern die russische Wirtschaft zum Zusammenbruch zu bringen.

Inlandsmarkt gefestigt

Trotz der wirtschaftlichen Einschränkungen bezeichnete Putin es als positiv, dass die Sanktionen zur Stärkung der heimischen Produktion und des Marktes beigetragen hätten. „Unsere Unternehmen haben mühelos Aufgaben übernommen, die bis vor kurzem ohne westliche Partner nicht existieren konnten. Der Übergang war in den meisten Bereichen einfach“, sagte er.

Er berichtete auch von Schwierigkeiten. Russland könnte nicht alles selbst produzieren. Russischen Analysten zufolge wurden viele der Schwierigkeiten überwunden. Um den Unternehmen vor Ort das Leben zu erleichtern, sei der bürokratische Verwaltungsaufwand deutlich reduziert wurden.

Russische Fachleute gingen davon aus, dass die Inflation in Russland im ersten Quartal 2023 bei rund 5 Prozent liegen werde. Zum Vergleich: In den fortgeschrittenen Volkswirtschaften der EU, wie den Niederlanden, seien es 17 Prozent und in einigen Ländern 21–23 Prozent, erklärte der Regierungschef.

Die Arbeitslosenquote in Russland sei niedriger als vor der Epidemie: 4,7 Prozent damals und 3,8 Prozent im Jahr 2022. Putin sagte, dass das Haushaltsdefizit im Jahr 2023 bei 2 Prozent liegen werde, dann bei 1,4 Prozent und ein Jahr später bei 0,7 Prozent. Dies sei in fast allen Ländern des Euroraums der Fall. Zur Frage der Staatsverschuldung berichtete er, dass diese grundsätzlich niedriger sei als in der Eurozone oder den Vereinigten Staaten oder Großbritannien.

Eine Rezession sei unvermeidlich, sie liege im Jahr 2022 bei etwa 3 Prozent. Industrieproduktion und das verarbeitende Gewerbe blieben im Vergleich zur Vorkriegszeit weitgehend unverändert. Im Baugewerbe und in der Landwirtschaft sei ein Aufwärtstrend zu verzeichnen. Kreditvergabe habe sowohl im Unternehmens- als auch im Verbrauchersektor zugenommen, fasste Putin die Situation zusammen.

Große russische Staatsreserven

Laut dem russischen Finanzminister Anton Siluanow „verfügt Russland bei sinkenden Einnahmen über zwei zusätzliche Finanzierungsquellen: die Kreditaufnahme am Markt und den Nationalen Wohlfahrtsfonds (NWF), der staatliche Reserven anhäuft.“

Der russische staatliche Reservefonds hatte am 1. Januar dieses Jahres einen Gegenwert von 148 Mrd. US-Dollar. Das entspricht 7,8 Prozent des russischen BIP, zitierte die offizielle Website „minfin.gov.ru“ das Wirtschaftsportal „VG“. Zum Vergleich: Ein Jahr zuvor verfügte der Fonds über 186 Milliarden US-Dollar und entsprach damals 8,5 Prozent des BIP. Im Juli 2022 waren die finanziellen Reserven am höchsten und erreichten mehr als 210 Milliarden US-Dollar.

In der Vergangenheit speiste sich der Fonds vor allem aus den Einnahmen aus Erdgas und Erdöl. In diesem Jahr wird vermutet, dass sich die Sanktionen stärker auswirken werden, sodass nach Angaben der Ökonomen kein signifikanter Anstieg der Reserven zu erwarten sei.

Dan Steinbock, Wirtschaftswissenschaftler bei „The World Financial Review“, erwartet, dass die russische Wirtschaft im Jahr 2022 um 3,5 Prozent schrumpfen werde. Die Inflation werde bei 5,4 Prozent liegen.

Das heißt, die westlichen Institutionen haben die Auswirkungen dramatisch überschätzt. Es ist schwierig, solche Diskrepanzen als einfache Prognosefehler zu erklären.“

Insgesamt mache die russische Wirtschaft zwar Verluste, zeige sich aber widerstandsfähig. In politischer Hinsicht hätten die Sanktionen zudem eine unvorhergesehene und bemerkenswerte Wirkung: „Das Gefühl der existenziellen Bedrohung eint die Russen, und Washington und Brüssel verlieren an Glaubwürdigkeit“, erklärt der Experte gegenüber „Magyar Nemzet“, Ungarns regierungsnaher Zeitung.



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