Wie die Eskalation geopolitischer Konflikte die Energiepreise beeinflusst

Trotz eines kurzfristigen Rückgangs der Ölpreise warnen Experten vor einer möglichen Verschärfung der Versorgungssituation. Der Ukraine-Konflikt, Spannungen im Nahen Osten und Unsicherheiten in Venezuela könnten die globalen Rohstoffmärkte nachhaltig destabilisieren.
Was passiert mit den Einsparungen der Gaspreisbremse?
Geopolitische Spannungen steigern die Nervosität auf den Märkten für Energierohstoffe.Foto: Sebastian Willnow/dpa
Von 14. August 2024

An dieser Stelle wird ein Podcast von Podcaster angezeigt. Bitte akzeptieren Sie mit einem Klick auf den folgenden Button die Marketing-Cookies, um den Podcast anzuhören.

Die Preise an den weltweiten Ölbörsen haben am Dienstag, 13. August, erstmals nach mehreren Tagen nachgegeben. Dennoch rechnen Beobachter der Märkte für die bedeutendsten Energierohstoffe für die kommenden Monate mit einer möglichen Verschärfung der Versorgungssituation. Die geopolitische Ausgangslage hat sich nicht entspannt – stattdessen kommen neue Eskalationspotenziale hinzu.

Ukraine-Krise bedroht weiter die Gasversorgung Europas

Im Ukrainekrieg hatte der Angriff der Truppen Kiews mit Stoßrichtung Kursk die russische Seite offenbar unvorbereitet getroffen. Dabei haben die Angreifer offenbar Kontrolle über die 5.000-Einwohner-Stadt Sudscha erlangt. Dort befindet sich ein bedeutender Einspeisepunkt für russisches Gas, das durch ukrainische Pipelines in den Westen Europas gelangt. Täglich werden über Sudscha 42 Millionen Kubikmeter Gas pro Tag auf den Weg gebracht.

Die Entwicklung erweckt in mehrerlei Hinsicht Besorgnis. Zum einen könnte die Ukraine auf diese Weise versuchen, durch Drohungen mit einer Drosselung der Versorgung ihre europäischen Unterstützer noch weiter in den Krieg zu ziehen. Zumindest bis zum Jahresende, wenn der geltende bilaterale Vertrag zwischen den Kriegsparteien ausläuft, rechnete man in Westeuropa noch mit Lieferungen.

Zum anderen wird eine massive russische Befreiungsoffensive nicht lange auf sich warten lassen. Dies könnte den Knotenpunkt zum Gegenstand von Kampfhandlungen machen – wiederum mit potenziell erheblichen Auswirkungen auf die Gasversorgung.

Naher Osten: OPEC+ stabilisiert – Eskalation im Iran-Israel-Konflikt zu befürchten

Es ist nicht absehbar, wie kurzfristig Ersatzlieferanten wie die USA oder Katar notfalls zu verkraftbaren Preisen einspringen könnten. Immerhin sind die Speicher in Deutschland jetzt bereits zu 90 Prozent gefüllt. Auch andere westeuropäische Länder haben Vorkehrungen getroffen, um ein erneutes Szenario wie 2022 zu verhindern. Vollständig ohne Wirkung auf den Preis würden Lieferausfälle jedoch nicht bleiben.

Auch beim Öl könnte die geopolitische Situation für die kommenden Monate unangenehme Überraschungen bergen. Zwar hatte die OPEC+ Anfang des Monats mit ihrer Entscheidung, den Ausstoß stabil zu belassen, zur Deeskalation beigetragen. Im Oktober will man sogar über mögliche vorsichtige Ausweitungen der Fördermenge beraten. Am Dienstag notierte die Sorte Brent Rohöl bei 81,7 US-Dollar je Barrel. Im Sommer 2022 betrug der Preis 122,71 US-Dollar.

Der mögliche Stabilisierungseffekt für die Weltmärkte könnte jedoch angesichts gleicher zweier Konflikte mit Eskalationsgefahr verpuffen. Nachdem der Führer der terroristischen Hamas, Ismail Haniyeh, Ende Juli in Teheran liquidiert worden war, droht der Iran mit Angriffen auf Israel. Für den tödlichen Sprengsatz im Gästehaus Neshat der „Revolutionsgarden“ in Teheran macht das Regime den jüdischen Staat verantwortlich. Nun droht man Vergeltung für die „Verletzung der Souveränität“ des Iran an.

Venezuela als weiterer Risikofaktor für den Ölmarkt

Während eine Ausweitung der Kampfhandlungen im Nahen Osten ein noch deutlich größeres Eskalationspotenzial in der Region aufweist, ist der andere Konfliktherd etwas überschaubarer bezüglich möglicher Folgen. Dennoch könnte auch eine chaotische Situation in Venezuela im Zusammenspiel mit den anderen Risiken die Gesamtwirkung auf die Weltmärkte verstärken.

Die Ölproduktion in dem sozialistisch regierten Land hatte zuletzt wieder Fahrt aufgenommen und im Juni erstmals seit langer Zeit wieder 700.000 Barrel überstiegen. Zudem hat die Führung in Caracas erst jüngst eine Explorationspartnerschaft mit dem nigerianischen Unternehmen Veneoranto abgeschlossen, wie das Portal „amerika21“ vermeldet.

Nach den Präsidentenwahlen im Juli, deren Ergebnis von zahlreichen – vor allem westlichen – Staaten nicht anerkannt wird, scheint es Staatschef Nicolás Maduro zwar gelungen zu sein, die Proteste unter Kontrolle zu bringen. Dennoch könnten zusätzliche Sanktionen gegen den Ölsektor des Landes ebenso wie eine Eskalation zwischen Iran und Israel die weltweite Versorgungslage zumindest in Teilen destabilisieren.

Möglich scheint, dass im Bereich der Ölnachfrage das bescheidenere Wachstum in China, das die jüngste Prognose der OPEC beeinflusst hatte, ein Faktor ist, der den Markt beruhigt. Zinssenkungen könnten die Nachfrage andererseits wieder beleben. Gleichzeitig könnte ein US-Embargo gegen iranische Rohölexporte im Fall eines Showdowns mit Israel einen Ausfall von 1,5 Millionen Barrel nach sich ziehen.

Kasachstan als größter Uran-Exporteur vor Beitritt zu den BRICS

Eine erhöhte Nachfrage auf einem Markt, der für geopolitische Spannungen potenziell anfällig ist, ist auch bei Uran zu verzeichnen. Da die Kernenergie eine Renaissance erlebt und die größten Abnehmer USA, China und Frankreich höheren Bedarf anmelden, ist damit zu rechnen, dass in den primären Lieferländern stillgelegte Minen reaktiviert und neue Vorkommen erschlossen werden.

Hauptlieferant weltweit ist Kasachstan, das für knapp 60 Prozent der weltweiten Exporte verantwortlich zeichnet. Auf gemeinsam immerhin rund 38 Prozent kommen Kanada, Frankreich und die USA. Weitere bedeutsame Förderländer sind Usbekistan, Namibia, Niger und Australien. Mit Namibia hat das KP-Regime in China bereits weitreichende Kooperationsvereinbarungen abgeschlossen. Niger hat nach dem Militärputsch vor einigen Monaten Vereinbarungen mit Frankreich aufgekündigt.

Offen bleibt, welchen Effekt ein möglicher BRICS-Beitritt Kasachstans auf dessen Exportverhalten hätte. In Zeiten steigender geopolitischer Spannungen ist damit zu rechnen, dass sich auch die Geschäftsschwerpunkte tendenziell weg vom Westen verlagern könnten.



Epoch TV
Epoch Vital
Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion