Weniger Auslandsinvestitionen in China: Bundesregierung stößt Kurswechsel an

Das neue Zauberwort der deutschen Politik und Wirtschaft lautet derzeit: Diversifizieren. Berlin will einen Kurswechsel, um die Abhängigkeit von China zu verringern. Ein erster Schritt ist schon gemacht.
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Mitarbeiter arbeiten am 31. Oktober 2022 an einem Fließband zur Herstellung von Lautsprechern in einer Fabrik in der Stadt Fuyang in der ostchinesischen Provinz Anhui. Symbolbild.Foto: STR/AFP via Getty Images
Epoch Times15. November 2022

Die Ampelkoalition arbeitet derzeit an einer neuen China-Strategie: Die Abhängigkeit zum kommunistisch regierten Land soll reduziert und einseitige Risiken für die deutsche Wirtschaft vermieden werden. Dazu will die Bundesregierung das Instrument der Investitionsgarantien ändern, um Auslandsinvestitionen deutscher Firmen verstärkt in andere Länder als China zu lenken.

Geplant sind dafür günstigere Konditionen, um Anreize für Investitionen in diesen Staaten zu bieten. Zugleich sollen sogenannte Deckungskonditionen in jenen Staaten verschärft werden, in denen es zu einer „übermäßigen Ballung“ abgesicherter Projekte gekommen sei, hieß es mit Blick auf China.

Wie das „Handelsblatt“ berichtet, sollen Unternehmen künftig nur noch drei Milliarden Euro pro Investitionsland abgesichert bekommen. Die Summe werde alle drei Jahre überprüft und gegebenenfalls angepasst.

Deutsche Wirtschaft versichert sich über den Staat

Mit den Garantien des Bundes können deutsche Unternehmen Investitionen in Schwellen- und Entwicklungsländern gegen politische Risiken absichern, etwa gegen Enteignungen oder Kapital- und Transferbeschränkungen.

Im vergangenen Jahr vergab die Bundesrepublik Investitionsgarantien von 2,6 Milliarden Euro, etwa das Dreifache des Vorjahresvolumens. Erneut belegte China den ersten Rang. Insgesamt hat sich die deutsche Wirtschaft derzeit Investitionen von rund 29 Milliarden Euro über den Staat absichern lassen.

Bereits im Mai hatte das Wirtschaftsministerium bei einem Unternehmen die Verlängerung der Investitionsgarantien abgelehnt. Medienberichten zufolge handelte es sich dabei um den Volkswagen-Konzern. Der Autobauer steht bei seinen China-Geschäften vor allem wegen seiner Aktivitäten in Xinjiang in der Kritik. Die Ablehnung hat für VW zur Folge, dass der Konzern die finanziellen Risiken für seine geplanten China-Engagements allein tragen muss.

Wirtschaft will breitere Aufstellung

Der Kurswechsel vollzieht sich vor dem Hintergrund zunehmender geopolitischer Spannungen: der Krieg in der Ukraine; die militärischen Drohgebärden der Kommunistischen Partei Chinas gegenüber Taiwan. Seitdem ist das Bewusstsein in Deutschland in Bezug auf das Risiko einer zu großen Abhängigkeit von China gestiegen.

Sollte Peking den Inselstaat Taiwan militärisch überfallen, wären mit Handelssanktionen seitens des Westens gegen China zu rechnen. Dies wiederum würde viele deutsche Unternehmen hart treffen. In der Politik und teils auch in der Wirtschaft wird seitdem diskutiert, dass diese Abhängigkeit möglichst bald reduziert werden sollte.

Das Zauberwort lautet deshalb nun: diversifizieren. Damit sollen Investitionsabkommen mit möglichst verschiedenen Ländern vorangetrieben und so Risiken breiter gestreut werden.

„Wir müssen unsere Handelspolitik neu aufstellen“, hatte Wirtschaftsminister Robert Habeck am Samstag gesagt. „Wir brauchen andere Länder, andere Partner.“ In einem ntv-Interview erklärte der Minister, die Abhängigkeit von China liege in bestimmten Bereichen wie bei wichtigen Rohstoffen bei fast 100 Prozent. „Bräche China als Absatzmarkt weg, wäre das für einige deutsche Branchen nicht verkraftbar.“ Lange habe man die niedrigen Produktionskosten für „allein seligmachend“ gehalten. Außerdem habe China riesige Rohstoffvorkommen günstig auf den Markt geworfen.

Man dürfe aber nicht naiv sein, betonte der Grünen-Politiker. Peking zwinge Unternehmen, ihre Entwicklungsabteilungen nach China zu verlegen, wenn sie dort Güter verkaufen wollten. Auf diese Weise wird ihnen das „Wissen abgesaugt“, so Habeck weiter. Darauf soll „robuster“ geantwortet werden.

Zwei geplante China-Deals gestoppt

Die südasiatischen Märkte außerhalb Chinas, die sich sehr stark entwickelten, seien für die deutsche Wirtschaft von hohem Interesse. Das bedeute aber nicht, dass es um eine wirtschaftliche Abkopplung von China gehe, machte Habeck deutlich. Deutschland fährt in dieser Frage einen anderen Kurs als die USA.

Erst vor kurzem hatte die Bundesregierung den Einstieg von chinesischen Investoren bei deutschen Hightech-Firmen gestoppt. Konkret untersagte das Bundeskabinett am 9. November den Verkauf einer Chipfertigung des Dortmunder Unternehmens Elmos an ein chinesisches Unternehmen, wie Habeck sagte.

Im zweiten Untersagungsfall geht es nach Regierungsangaben um den Erwerb der in Bayern ansässigen Firma ERS Electronic durch einen chinesischen Investor. ERS Electronic ist laut „Handelsblatt“ in der Halbleiteranlagenindustrie tätig.

China sei und solle ein Handelspartner bleiben, so Habeck. Man sehe aber ein bewusstes strategisches Vorgehen gerade im Bereich von Halbleitern und Mikrochipfertigung. Handels- und Machtinteressen könnten machtpolitisch genutzt und möglicherweise gegen die Interessen der Bundesrepublik genutzt werden. Dazu sei das Außenwirtschaftsrecht ein durchaus scharfes Schwert. „Und wir werden es auch in Zukunft noch weiter schärfen“, so Habeck. In bestimmten kritischen Sektoren müssten Abhängigkeiten reduziert werden.

Die Beteiligung eines chinesischen Konzerns an einem Hafenterminal in Hamburg wurde aber kürzlich auf Drängen von Bundeskanzler Olaf Scholz ermöglicht. (dl)

(Mit Material von dpa)



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