Was wird für Kaffee, Schoko und Holz im EU-Parlament ausgehandelt?
Möbel aus Holz, Schokolade aus Kakao, Handschuhe aus Kautschuk: Das Verbot von Produkten aus Abholzungsgebieten ist Zankapfel im Europaparlament. 2025 gilt für sie noch nicht die EU-Entwaldungsverordnung (EUDR), die EU will die Umsetzung um zwölf Monate auf den 1. Januar 2026 verschieben.
Deutschland hat einen Aufschub des Gesetzes gefordert, da noch wichtige Grundlagen wie die Einstufung der Länder fehlen. Vor einer heutigen Abstimmung offenbart der Streit um das EU-Gesetz tiefe politische Gräben zwischen der Europäischen Volkspartei (EVP) um CDU und CSU auf der einen Seite und dem Lager um Sozialdemokraten, Grüne und viele Liberale auf der anderen.
Was steht im Gesetz?
Die EU-Verordnung für entwaldungsfreie Lieferketten verbietet den Verkauf von Produkten, deren Anbaugebiete nach 2020 abgeholzt wurden, etwa der Regenwald in Brasilien.
Einbezogen sind Händler und Produzenten von Holz, Soja, Rindfleisch, Kaffee, Kakao, Kautschuk und Ölpalmen sowie deren Produkte. Sie müssen beweisen, dass bei der Herstellung keine Waldschäden oder Rodungen aufgetreten sind, bevor sie ihre Waren in der EU verkaufen dürfen.
Das betrifft Unternehmen, die Holzmöbel, Papierprodukte wie Druckerpapier und Servietten, Kaffee, Schokolade, Palmölprodukte wie Nutella, Seife, Zahnpasta, Kosmetik oder Biodiesel, Tierfutter, Rindfleisch und mehr herstellen oder handeln.
Die Unternehmen sollen die Einhaltung der Regeln mit Hilfe von satellitengestützten Ortsdaten sicherstellen. Stichtag für die neuen Vorschriften war für große Unternehmen ursprünglich der 30. Dezember dieses Jahres. Für kleine und mittlere Firmen sollten sie ein halbes Jahr später greifen, zum 30. Juni 2025.
Wo liegen die Probleme?
Wirtschaftsbranchen wie die Süßwarenindustrie und die Zeitungsverleger äußerten in den vergangenen Monaten, ihnen fehle die Zeit zur Vorbereitung.
Der Grund: Die EU-Kommission veröffentlichte ergänzende Richtlinien für Unternehmen mit mehreren Monaten Verspätung. Eine Software, über die Firmen ihre Daten übermitteln sollen, ist noch nicht zugänglich.
Zudem fehlt eine Einstufung Deutschlands und anderer EU-Staaten als Länder mit einem niedrigen Risiko für den Waldbestand. Damit wären die Nachweispflichten für Unternehmen deutlich geringer. Zahlreiche EU-Länder hatten deshalb einen Aufschub gefordert, auch Deutschland.
Bei Verstößen drohen Geldstrafen von bis zu 4 Prozent des Jahresumsatzes. Der bürokratische Aufwand ist enorm, die Auflagen schießen für viele Verbände, den Mittelstand und Produzenten weit über das Ziel hinaus. Das EUDR gehört zum Green Deal der EU. Die Sorgfaltspflicht gilt zusätzlich zum Lieferkettengesetz.
Was hat die EU-Kommission vorgeschlagen?
Einen Aufschub um ein Jahr. Der Stichtag für größere Unternehmen verschöbe sich damit auf den 30. Dezember des kommenden Jahres, für kleine und mittlere Unternehmen würden Regeln ab dem 30. Juni 2026 greifen.
Brüssel betonte, die Verschiebung stelle „die Ziele oder den Inhalt des Gesetzes in keiner Weise in Frage“. Sind die Verhandlungen einmal geöffnet, sind weitere Änderungen allerdings möglich.
Was will die Union?
Die EVP will dieses Fenster nutzen, um das Gesetz deutlich abzuschwächen. Die Fraktion hat eine Reihe von Änderungsanträgen eingereicht, in denen sie unter anderem einen Aufschub von insgesamt zwei Jahren fordert.
Sie will zudem erreichen, dass die Verantwortung ausschließlich bei den Firmen liegt, die ein Produkt erstmals auf den Markt bringen. Für Händler wie Supermärkte würden die Vorschriften damit weitgehend wegfallen.
Als weiteres Kriterium schlägt die EVP die Unterzeichnung des Pariser Klimaabkommens vor. Deutschland würde damit automatisch in die Kategorie „ohne Risiko“ fallen.
Gibt es dafür eine Mehrheit im EU-Parlament?
Mit den Stimmen der Fraktionen um die AfD, der Partei des ungarischen Regierungschefs Viktor Orban und der italienischen Ministerpräsidentin Giorgia Meloni gibt es eine mögliche Mehrheit für eine Verschiebung des Gesetzes.
Sozialdemokraten, Grüne, Linke und große Teile der Liberalen wollen das Gesetz inhaltlich erhalten. Sie werfen der EVP vor, gemeinsam mit den rechten Fraktionen die europäische Klimapolitik zu sabotieren.
Wie reagieren andere Staaten?
Handelspartner wie Brasilien befürchten ein Verbot ihrer Produkte in der EU. Das Gesetz gegen Abholzung dürfte damit auch eine Rolle in den Verhandlungen um das Freihandelsabkommen der Europäer mit den südamerikanischen Mercosur-Staaten Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay spielen.
Und wenn die Anträge Erfolg haben?
Dann stünden weitere Beratungen mit der EU-Kommission und den Mitgliedstaaten an.
Der Zeitrahmen für die Verhandlungen wäre knapp: Bis Weihnachten müsste ein Kompromiss stehen, bevor die Regeln im Falle eines Scheiterns zum Jahresende greifen. Ansonsten droht eine rechtliche Grauzone für die Unternehmen. (afp/red)
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